Tonleitern für Gitarre – vollkommener Nonsens

Von den Absurditäten des digitalen Sprachgebrauchs

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In einer Welt, die vollgestopft von Technologien und „hippen“ Ausdrucksweisen ist, stolpert man nicht selten über Kuriositäten, die Eingeweihte nicht stören, bei Unkundigen aber leicht Verwirrung stiften können. Gibt es Tonleitern für Gitarre? Und falls ja, welche könnten das sein? Schauen wir mal!

Check it: Tonleitern für Gitarre nutzen

  • Weshalb es Tonleitern für Gitarre nicht gibt
  • Von der Bedeutung der Fingersätze
  • Der Unterschied zwischen Dur und Moll
  • Pentatonik als androgyne Skala
  • Erweiterung mit Blues- und chromatischer Tonleiter

Tonleitern für Gitarre oder doch eher Tonleitern auf der Gitarre

Bitte nein: Da liest und hört man von den selbsternannten Koryphäen immer wieder so etwas wie „Tonleitern für die Gitarre“. Geradezu zwangsläufig müssen alle jene, die es noch nicht besser wissen, insbesondere Einsteiger glauben, es gäbe speziellen Tonleitern, die eben nur für die Gitarre, nicht aber für andere Instrumente gelten, oder eben umgekehrt. Das ist – sorry liebe Musikergemeinde – natürlich vollkommener Nonsens. Fallt darauf bitte nicht herein.

Tonleitern sind instrumentenübergreifend allgemeingültig

Tonleitern für Gitarre unterscheiden sich keinesfalls von denen auf dem Klavier, auf Blasinstrumenten und sonstigen gängigen Instrumenten. Okay, im Vergleich mit beispielsweise indischen oder chinesischen Instrumenten kann’s problematisch werden, zumal es in der dortigen Kultur Töne abseits unseres westlichen Notensystems gibt, aber man ja schließlich auch schon Pferde kotzen sehen. Tonleitern orientieren sich in der Regel nicht am Instrument, stattdessen sind sie allgemeingültig.

Tonleitern entscheiden sich nicht am Instrument | Foto: Shutterstock von Good_Stock

In Wahrheit geht es um griffoptimierte Fingersätze

Was allerdings stimmt ist, dass es spezielle Fingersätze bei Tonleitern für Gitarre gibt, die du beherrschen solltest. Du musst lernen, welcher Ton sich wo auf dem Griffbrett befindet, wie die Finger für die Skalen ideal positioniert werden und in welchem Zusammenhang die Töne stehen. Der Fundus, mit dem du dadurch deine Fähigkeiten erweiterst, ist immens. Und schon kehren wir wieder zum Anfang zurück. Um die Tonleitern für Gitarre umsetzen zu können, um das gesamte kreative Spektrum der unterschiedlichen Skalen abzurufen, musst du natürlich erstmal wissen, welche es gibt, und idealerweise auch noch, weshalb es sie gibt und wie sie sich einsetzen lassen. Dumm gelaufen, aber so ist es nun einmal.

Staubtrockene Disziplin, aber es lohnt sich

Tatsächlich gibt es unzählige Tonleitern für Gitarre und nahezu sämtliche andere Instrumente gleichermaßen. Das beginnt bei der Dur-Tonleiter und der Moll-Tonleiter, reicht über die Dur-Pentatonik und die Mollpentatonik, die sogenannte Blues-Tonleiter sowie die chromatische Tonleiter und endet bei den Kirchentonarten und speziellen Jazz-Skalen noch lange nicht. Was nach viel Arbeit klingt, wenn du die all diese Tonleitern für Gitarre draufschaffen möchtest, ist realistischerweise nicht zu unterschätzen.

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Nicht nur dein Gehirn muss sich die Skalen und Grifftabellen merken; vielmehr müssen deine Finger und dein musikalisches Unterbewusstsein die Töne verinnerlichen. Üblicherweise wird das Einüben als staubtrockene Disziplin empfunden. Unbesehen dessen solltest du die musiktheoretische Motivation aus der Tatsache schöpfen, dass dir jede Tonleiter für Gitarre einen anderen Klangcharakter für deinen musikalische Ausdrucksweise ermöglicht.

Zwischen Dur und Moll – die Basics schlechthin

Die beiden wichtigsten Tonleitern unserer westlichen Musik sind die Dur- und die Molltonleiter. Bei setzen sich jeweils aus sieben verschiedenen Tönen zusammen und enden letztlich in der Oktave als achtem Ton, der wiederum identisch mit dem Grundton ist, nur eben um eine Oktave höher. Ebenso folgen die Dur- und die Molltonleiter einem jeweils eigenen Muster, das sich aus den Tonabständen ergibt. Wenn wir über Tonleitern für Gitarre reden, müssen wir uns zunächst zwei Begriffe verdeutlichen: den Ganztonschritt und den Halbtonschritt. Stell dir vor, du greifst auf der Gitarre erst einen Ton, dann den unmittelbar daneben liegenden. Das ist ein Halbtonschritt. Greifst du hingegen erst einen Ton und dann den übernächsten – bleibt als ein Bund dazwischen frei –- ist das ein sogenannter Ganztonschritt.

Es geht um die Aufteilung von Halb- und Ganztonschritten

Bei der Dur- und der Molltonleiter werden immer Ganz- und Halbtonschritte kombiniert. Der Unterschied: Bei der Dur-Tonleiter sind die Halbtonschritte vom dritten zum vierten Ton und vom siebten zum achten Ton. Bei der Molltonleiter hingegen findest du die Halbtonschritte zwischen der zweiten und dritten Stufe sowie von der fünften zur sechsten Stufe. Nach diesem Prinzip lässt sich auf jedem Ton eine Dur- oder eben Molltonleiter bilden. Die Tonabstände bleiben identisch, die Tonleiter beginnt nur eben auf einem anderen Grundton.

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Gerade für Gitarristen ergibt sich übrigens im Gegensatz zu vielen anderen Instrumentalisten ein immenser Vorteil über die Fingersätze. Wenn du dir eine Skala in beispielsweise der Tonart C draufgeschafft hast, brauchst du den Fingersatz auf dem Griffbrett lediglich verschieben. Die Griffweise der Tonleitern für Gitarre bleibt identisch, beginnt nur in einer anderen Lage auf einem ebenso anderen Ton. Etwa bei Pianisten sieht das vollkommen anders aus. Soviel zum musikalischen Gedächtnis.

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Parallele Dur- und Molltonarten

Noch deutlicher wird der Zusammenhang der Halb- und Ganztonschritte, wenn wir uns vor Augen halten, dass das Tonmaterial der beiden Basic-Tonleitern eigentlich identisch ist. Bleiben wir beim Beispiel von C-Dur bzw. A-Moll erkennen wir, dass die Skalen lediglich auf anderen Stufen starten. Dier Dur-Skala auf dem Grundton C, die Moll-Skala auf dem Ton A, also der sechsten Stufe der Tonart. Bezeichnet wird die Molltonart als parallele Molltonart zur Dur-Skala oder auch Moll-Parallele. Auch das ist bei den Grundformen der Tonleitern für Gitarre umsetzbar in sämtlichen Tonarten.

Töne der Grundtonleiter C-Dur: C – D – E – F – G – A – H – C

Noten und Tabs der C-Dur-Tonleiter | Grafik: musikmachen.de

Töne der parallelen Molltonart A-Moll: A – H – C – D – E – F – G – A

Noten und Tabs der A-Moll-Tonleiter | Grafik: musikmachen.de

Pentatonische Tonleitern für Gitarre

Gerade für das Gitarre-Spielen im Blues und Rock haben sich die pentatonischen Tonleitern für Gitarre durchgesetzt. Die Bezeichnung „Penta“ steht für das griechische Wort fünf. Und richtig, folgerichtig bestehen diese Skalen lediglich aus fünf Tönen. Das Geheimnis ist, dass es bei diesen Skalen die Halbtonschritte entfallen. Sie klingen erstens weniger volksmusik- und schlagergeschwängert und sind in der Improvisation zudem leichter zu spielen. Du wirst bei Akkordwechseln mit deiner Melodieführung schlichtweg seltener danebenlangen.

Bleiben wir auch hier beim Beispiel „C“. Die Töne sind C – D – E – G – A – C. Auch hier gibt es die parallele Moll-Pentatonik und ebenfalls sind die Töne grundsätzlich identisch. Für die Moll-Parallele in derselben Tonart nutzt du die Töne A – C – D – E – G – A.  Kurioserweise reden wir von Dur- und Moll-Pentatonik, obschon weder das eine noch das andere korrekt ist, zumal die entscheidenden Halbtonschritte fehlen. Sei’s drum.

Noten und Tabs der C-Dur-Pentatonik | Grafik: musikmachen.de
Noten und Tabs der A-Moll Pentatonik | Grafik: musikmachen.de

Die Blues-Tonleiter für Gitarre mit mehr Tiefgang

Die Pentatonik ist wirkungsvoll und kann oftmals ohne großartige Probleme, Dissonanzen und Überschneidungen eingesetzt werden. Manche Gitarristen beherrschen keine anderen solistischen Fingersätze. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass sie zuweilen recht reizlos und gewissermaßen glattgebügelt klingen. Wenn zum Beispiel die Blues-Gitarristen sich den Schmerz von der Seele spielen wollen, fehlt da was, auch im R’n’B, Funk oder Jazz. Die Lösung ist die sogenannte Blues-Tonleiter mit eben den „Blue-Notes“. Die Rede ist von einer sechstönigen Leiter, wobei der Pentatonik eine verminderte Quinte hinzugefügt wird. Das klingt nun kompliziert, lässt sich aber simpel herunterbrechen. Die „verminderte Quinte“ ist der Halbton unmittelbar über dem dritten Ton der Pentatonik. Aus der A-Moll-Pentatonik wird also mit dem Dis eine Bluestonleiter.

Noten und Tabs der A-Moll Blues Tonleiter | Grafik: musikmachen.de

Chromatische Tonleiter und ihre Basis

Die chromatische Tonleiter enthalt 12 Töne in fortlaufenden Reihenfolge: A, A#/Bb, H, C, C#/Db, D, D#/Eb, E, F, F#/Gb, G, and G#/Ab. Prinzipiell werden diese Töne als gleichrangig bezeichnet; das heißt, auf jedem Ton können die Tonleitern in unserer vom Dur-/Moll-System dominierten westlichen Musik beginnen, wobei die jeweiligen Tonarten einer speziellen Struktur folgen, in ihren Intervallen (Tonabständen) immer gleich sind und eben als Dur, Moll, vermindert oder übermäßig erkennbar sind. Wenn du die chromatischen Tonleiter für Gitarre nutzen willst, hast du die größtmögliche Entfaltungsfreiheit schlechthin, solltest allerdings die Zusammenhänge kennen, um nicht in atonalem Gejaule zu versinken. 12-Ton-Musik ist in der Regel experimentell und hat schon bei manchem Zuhörer dazu geführt, dass er sich von seinen Ohren lieber verabschieden wollte.

 Tonleitern für Gitarre hochwichtig – es lohnt sich

Sich mit Tonleitern und Skalen beschäftigen zu müssen, klingt zunächst nach furztrockener Theorie. Fakt ist aber, dass sie dir ein weitaus besseres Verständnis der musikalischen Grundlagen, auch der Bildung von Akkorden und der sicheren Improvisation ermöglichen. Schau doch mal in unseren Bereich „Noten lernen“, da sind viele Tipps zu finden! Wenn du Songs komponieren und produzieren möchtest, kannst du das prinzipiell auch ohne Kenntnis der Tonleitern. Für Gitarre und weitere Instrumente bist du allerdings eindeutig schneller und treffsicherer, wenn du dir die Kenntnisse draufschaffst. Entzerren kannst du die Monotonie der Tonleitern auch dadurch, falls du sie als Fingerübung beim Warmspielen durchjodelst.

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