Was ist ein Floyd Rose? Story über den verstimmungsfreien Wimmerhaken

Als das Tremolo-System neu erfunden wurde

| Foto: Shutterstock von Daniel CS

Mit dem Wimmerhaken deiner E-Gitarre machst du abgefahrene Tricks, teils akrobatisch. Das übliche Problem: Bei den meisten Systemen sind die Saiten anschließend grauenhaft verstimmt. Nicht so beim Floyd Rose. Das Tremolo-System basiert auf einem innovativen Prinzip. Schauen wir genauer hin. Was bitteschön ist ein Floyd Rose?

Check it: Was ist ein Floyd Rose System

  • Problematik herkömmlicher Tremolo-Systeme
  • Eine Idee des Gitarrenbaus zu Ende gedacht
  • Geburt des ersten verstimmungsfreien Tremolo-Systems
  • Ein echter Problemlöser
  • Komplexe Konstruktion eröffnet neue Spieltechniken
  • Umgewöhnung der Handhaltung und umständliches Stimmen

Eigentlich lautet die Frage: Wer oder was ist ein Floyd Rose?

Die E-Gitarristen kennen das aus leidiger Erfahrung: Das Tremolo – liebevoll auch als Wimmerhaken bezeichnet – möchte man gerne ausgiebig und gleichermaßen beeindruckend einsetzen. Aber bei nahezu allen herkömmlichen Tremolo-Systemen vom Standard- über Vintage- bis zum Bigsby-Tremolo herrscht immer das Risiko, dass die Saiten sich gleichermaßen ausgiebig verstimmen. Also nutzt man es in der Praxis nur ganz vorsichtig oder lieber gar nicht.

Wenn ein konkretes Ärgernis zu einer praktischen Erfindung führt

Tolle Wurst. Da hätte man auch gleich darauf verzichten können. Genau über diese Problematik hat sich auch ein gewisser Floyd D. Rose Ende der 70er-Jahre reichlich geärgert. Er war selbst als Gitarrist in Seattle in mehreren Bands aktiv und wollte sich mit dem Ärgernis nicht abfinden. Probleme sind geschaffen, um sie zu lösen. Nach etlichen Überlegungen kam er auf die Idee des sogenannten „Double Locking Systems“. Nur gut, dass er sich seine Erfindung 1976 auch gleich patentieren ließ. Er nannte sein System „Floyd Rose“ und sorgte damit in der Gitarrenwelt für mächtig Furore.

Es ging ein großes Raunen durch die Gitarristen-Welt | Foto: Shutterstock von rukawajung

Geboren als das erste verstimmungsfreie Tremolo-System

Es war nicht nur das erste verstimmungsfrei arbeitende Tremolo-System. Stattdessen ließ es sich sogar geradezu brachial einsetzen. Und zwar so brachial, dass sich die Gitarrensaiten vollkommen erschlaffen ließen, was E-Gitarristen eine Reihe neuer Tricks bei ihren Spiel- und Effekttechniken ermöglichte. Aber nicht abschweifen. Rose hatte also die Idee und das Patent, aber – Musiker kennen das – nicht ausreichend Geld für eine Serienfertigung. Dumm gelaufen; aber er fand schon wieder eine Lösung. Floyd bot der Firma Kramer die Lizenz für die Serienfertigung an, die auch umgehend loslegte und das Tremolo-System industriell herstellte.

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Gekürt zu einer der wichtigsten Innovationen für die Gitarre

Tatsächlich war es die Marke Kramer, die ihre Gitarrenmodelle serienmäßig mit dem Floyd Rose ausstattete. Also nicht mit dem Gitarristen, sondern seiner Entwicklung. Welche nahezu unglaubliche Erfindung der Gitarrist gemacht hatte, sollte sich ziemlich schnell zeigen. Erstens wurde immer wieder versucht, es patentgerecht zu kopieren, was allerdings nie wirklich gelungen ist.

Und zweiten wurde das Floyd Rose vom US-amerikanischen Fachmagazin zu einer der zehn wichtigsten Innovationen für die Gitarre gekürt. Vom Ärgernis zur problemlösenden Erfindung zum Innovationsführer. Es war ein glatter Durchmarsch.

Yeah! | Foto: Shutterstock von Peryn22

Floyd Rose als problemlösendes Tremolo-System

Okay genug oberflächlich lobgehudelt. Bei solch einem Präludium muss etwas Besonderes dahinterstecken. Schauen wir genauer hin und klären die Frage: „Was ist ein Floyd Rose?“ Immerhin ist der Hinweis auf einen erfolgreichen Siegeszug noch nicht ansatzweise eine Erklärung. Aber genau die wollen wir hier versuchen. Aber wir sind hier auch nicht im Baumarkt. Also fangen wir mit der Funkton an.

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Beim Floyd Rose kann die Spannung der Saiten und somit deren Stimmung gesenkt werden. Und zwar – lediglich einer der Unterschiede zu anderen Systemen – extrem. Wie erwähnt soweit, bis die Saiten vollkommen erschlaffen. Tatsächlich bedeutet das eine Absenkung der Stimmung um mehrere Oktaven. Okay, mit schlaffen Saiten spielt es sich auf Dauer nicht so gut.

Floyd Rose eröffnete ganz neue Spieltechniken

Das ist ja auch nicht der Sinn. Vielmehr kehren die Saiten beim Loslassen des Wimmerhakens wieder in ihre Ausgangsposition zurück. So sie das denn sollen. Denn beim Floyd Rose funktioniert das Prinzip auch in die umgekehrte Richtung. Wird der Hebel nicht runtergedrückt, sondern von der Gitarre weggezogen, werden die Stimmung der Saiten höher. Anheben lässt sich Saite um mehrere Ganztöne.

Nun stell dir folgendes vor. Du drückst den Wimmerhaken ohne die Saite anzuspielen voll runter. Nun spielst du die Saite im erschlafften Zustand an, idealerweise per Flageolett. Zeitgleich lässt du den Hebel wieder zurückschnellen. Was du dir gerade vorstellst oder möglicherweise gerade auf der Gitarre ausprobierst, ist der berüchtigte Dive Bomb. Ein geradezu explosiver Ton.

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Verstimmungsfreie Rückkehr in die Ausgangsposition

Aber du bist noch nicht am Ende deines Tones angelangt. Spätestens sobald der Wimmerhaken seine Ausgangsposition wieder erreicht hat ziehst du ihn hoch. Der Ton klettert in schwindelerregende Höhen. Was du deinem Instrument bzw. den Saiten innerhalb von Sekunden zugemutet hast, ist ein Sprung über gleich mehrere Oktaven. Das muss so ein Draht erstmal mitmachen. Und tatsächlich, das macht er durchaus, sogar üblicherweise problemlos. Noch verblüffender aber ist, was du hörst, sobald du die Saiten wieder in Ruhe lässt: Im Normalfall hält die Gitarre die Stimmung, obschon du sie wirklich malträtiert hast. Mit anderen Systemen ist das in dieser Perfektion undenkbar. Aber wie ist das technisch möglich?

Komplexe und gleichermaßen durchdachte Konstruktion

Ohne es überzogen technisch ausdrücken zu wollen, versuchen wir den Aufbau eines Floyd Rose zu beschreiben. Insgesamt reden wir dabei von neun bzw. zehn Komponenten. Der Steg bezeichnet den Auflagepunkt der Saite. Es folgt der Saitenhalter, bei dem es sich um einen (bzw. sechs) kleinen Metallblock für das Festklemmen der Saite handelt. Des Weiteren mit an Bord ist die Stegschraube, worüber die Stimmung der Saite eingestellt wird.

Und nein, ganz ohne Werkzeug funktioniert das nicht. Du benötigst dafür einen Inbus, insgesamt sogar drei. Sind die Saiten grundsätzlich durchgestimmt, kann über die Feinstimmer noch in gewissem Umfang nachjustiert werden. Nun sollen die Saiten nicht einfach in der Höhe schweben. Vielmehr ist noch ein Metallstift auf dem Headstock platziert, über den die Saiten niedergehalten werden.

Komplex, aber unbedingt durchdacht | Foto: Shutterstock von BigAlBaloo

Beidseitig Spannung durch Spiralfedern gehalten

Und nun geht’s an das eigentliche Grundprinzip: Im Korpus der Gitarre befinden sich Spiralfedern, die wiederum einen Gegenzug zu den Saiten und das Tremolo in der Grundstellung halten. Angehängt sind die Spiralfedern an die sogenannte Federkralle. Aufgrund der gegeneinander wirkenden Zugkräfte kehrt der Block immer wieder zur eingestellten Position zurück. Fast hätten wir’s vergessen. Balls der Saiten werden vor dem Einfädeln abgeknipst. Manche spannen die Saiten auch einfach umgekehrt auf die Saite, also mit dem Ball auf der Kopfseite. Puh.

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Erstes Stimmen und Aufziehen frischer Saiten ist aufwendig

Einen maßgeblichen Nachteil wollen wir nicht verschweigen. Das Stimmen einer Gitarre mit Floyd Rose ist aufwendig, dauert lange und wird dich im Worst Case in den Wahnsinn treiben. Die Problematik ist, schlichtweg, dass du die Saiten exakt einfädeln und festklemmen. Okay, das ist nicht besonders problematisch. Dann aber geht der eigentliche Spaß erst richtig los. Die Saiten werden hochgestimmt. Und da wir von einem schwebenden System sprechen, beeinflussen sie sich gegenseitig. Stimmst du also beispielsweise die tiefe E-Saite höher, wirkt sich das durch den entstehenden Zug auch für die hohen Saiten aus. Einfach geduldig bleiben und immer wieder nachjustieren. Dann klappt’s mit der perfekten Stimmung. Vermutlich nicht bei dir, aber bei deiner Gitarre.

Leichte Umstellung der Handhaltung für viele unumgänglich

Spieltechnisch wirst du dich nicht nur die Möglichkeiten des Floyd Rose entdecken und die Tricks einüben müssen. Es dauert ein wenig, bis du imstande bist, die Techniken in deine Läufe zu integrieren. Vielmehr lautet die Herausforderung, dich grundsätzlich hinsichtlich der Haltung der Anschlagshand umzustellen. Tatsache ist: Das Floyd Rose fragt nicht, ob du es absichtlich oder versehentlich bedienst.

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Der schwebende Block reagiert, ob gewollt oder ungewollt

Aufgrund des schwebenden Blocks reagiert es auf jede abgelegte Hand. Bei anderen Gitarren und Tremolo-Systemen ist es unproblematisch die Anschlagshand auf dem Sattel oder den Saiten liegen zu lassen. Beim Floyd Rose durchaus. Das tut, was seine Aufgabe ist: Es reagiert. Im schlimmsten Fall spielst du permanent verstimmt. Das war nicht der Sinn der Sache.

Knackpunkt reduziertes Sustain wird durch Gain und Zerre ausgeglichen

Und dann gibt es noch die Soundfrage. Dass die Saiten nicht unmittelbar mit dem Korpus verbunden sind, geht zu Lasten des Sustains. Was also üblicherweise bei E-Gitarren ein Qualitätskriterium ist, wirst du beim Floyd Rose vermissen. Ausgleichen kannst du das über höhere Verzerrungen am Verstärker, über Effekte und letztlich – sorry lieber Hausmeister – auch über die gute Portion Lautstärke. Für Einsteiger ist es nicht unbedingt besonders einfach, sich mit dem Floyd Rose anzufreunden. Aber es lohnt sich unbedingt. Wir wünschen dir schon jetzt viel Erfolg und ausgiebige Dive Bombs.

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Auch interessant: „Oktavreinheit einstellen auf der Gitarre Teil 2 – kein Buch mit 7 Siegeln“.

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