Warum musikalische Früherziehung so wichtig ist

Spielerisch anleiten und Anreize geben

Foto: Shutterstock von Oksana Kuzmina

Kids sind fasziniert von Klängen; vollkommen unbedarft experimentieren sie und entdecken die Welt der Musik; so man sie denn lässt und auf ihrem Weg vorbildlich unterstützt. In der musikalischen Früherziehung werden die Grundlagen geschaffen, für die Blüten, die in den Jahren darauf aufgehen. Es lohnt sich allemal.

Check it: Musikalische Früherziehung und ihre immense Bedeutung

  • Endlos viele Vorzüge der musikalischen Früherziehung
  • Ab wann es losgehen kann
  • Zwischen Sokrates, Orff und Yamaha
  • Ziel ist die Persönlichkeitsentwicklung
  • Bloß kein Wunderkind-Pathos aufbauen

Es gibt endlos viele Gründe, die für eine musikalische Früherziehung sprechen

Schon Babys reagieren auf Töne, Klänge und Musik. Unbestritten ist, dass die neuen Erdenbürger mit einem musikalischen Potenzial auf die Welt kommen. Ob es wirklich etwas bringt, wenn werdende Mütter eine Spieluhr mit beruhigend angenehmen Klängen auf ihren Bauch legen, weiß kein Mensch. Aber der Glaube versetzt bekanntlich Berge. Klar aber ist, dass Kleinkinder lange bevor sie sprechen können, bereits auf ihre eigene Weise singen und sich rhythmisch bewegen.

Offensichtlich steckt da Musik drin. Wie ausgeprägt sie diese Fähigkeiten entwickeln, hängt maßgeblich davon ab, ob und wie stark sie gefördert werden. Tatsächlich ist die musikalische Früherziehung zugleich ein elementarer Baustein für die sprachliche und motorische Entwicklung von Kindern. Zugleich wird das Gehör sensibilisiert, die Kreativität gefördert und spielerisch das Fundament für das Erlernen von Instrumenten gelegt.

Die Konzentrationsfähigkeit wird spielerisch gefördert. | Foto: Shutterstock von Drazen Zigic

Wege entstehen beim Gehen

Pädagogen sind die besten Ratgeber mit schlagfertigen Argumenten, wenn es um musikalische Früherziehung geht. Immerhin stellt sich die Frage, weshalb die Kids in so frühem Alter musikalisch unterrichtet werden sollten und ob sie durch die Anspruchshaltung der Erwachsenen nicht vollkommen überfordert sind. Nun, insbesondere Vorschulkinder sind von großer Offenheit und Variabilität geprägt, was zugleich bedeutet, dass sie mit ihrem Wissensdurst auf ihrer Entdeckungsreise eher unterfordert sind.

Werden die Kinder im Vorschulalter nicht gefördert, existiert das Risiko der Verkümmerung des vorhandenen Potenzials. Damit das nicht geschieht, muss man die Vorschulkinder an die Hand nehmen, ihnen Entwicklungsspielraum und auf spielerische Weise Möglichkeiten auf ihren Wegen geben. Welche das sind? Keine Ahnung, Wege entstehen beim Gehen. Das Kind wird seinen Weg finden.

Wann kann’s denn losgehen?

Die musikalische Früherziehung kann zwar recht frühzeitig beginnen. So gibt es beispielsweise in Musikschulen oder Vereinen Eltern-/Kind-Kurse für Kids ab einem Alter von 12 Monaten. Manche Programme beginnen sogar unmittelbar nach der Geburt. Traditionell allerdings umfasst die musikalische Früherziehung (MFE) das Lebensalter von vier bis sechs Jahren. Als vorbereitender Unterricht für späteren Instrumental- bzw. Gesangsunterricht hat sie sich hierzulande seit mehr als 40 Jahren an den Musikschulen etabliert. Und dabei wird nicht nur nach Lust und Laune von den Musikpädagogen konzeptlos spontan mit den Kids geklappert und getrötet. Vielmehr existieren konkrete Unterrichtsprogramme.

Die Kids sind von Klängen schlichtweg fasziniert | Foto: Shutterstock von SpeedKingz

Wettbewerb als Turbo für die musikalische Früherziehung

So gilt als einer der Vorreiter der MFE in Deutschland das Yamaha-Unterrichtsprogramm, das über die Jahre hinweg mehrfach modifiziert worden ist. Das japanische Unternehmen drängte mit seinem Konzept 1967 mit dem Ziel auf den deutschen Markt, das eigene frühpädagogische Material im deutschsprachigen Raum einzuführen, um langfristig die Verkaufs-Chancen für die eigenen Tasteninstrumente zu steigern und zu sichern. Der Verband deutscher Musikschulen (VdM) als auch die Klavierindustrie fürchteten die fernöstliche Konkurrenz.

Und so wurde vom bereits 1968 in Höchstgeschwindigkeit das wegweisende Unterrichtsprogramm Curriculum MFE entwickelt und erprobt. Ab 1970 wurde es weit verbreitet an vielen Musikschulen eingeführt. Darin umrissen werden die wesentlichen Unterrichtsinhalte der musikalischen Früherziehung. Dazu gehören neben Singen, Tanz und Bewegung, Instrumentenkunde, Musikhören sowie elementarem Instrumentalspiel auf Glockenspiel und Orff-Instrumentarium auch die elementare Notenlehre und die Improvisation. Es gab und gibt etliche weitere Lehrkonzepte mit jeweils eigendefinierten Denkansätzen und Unterrichtschwerpunkten.

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Von Sokrates über Comenius bis zu Carl Orff

Allerdings dürfen wir – um die Bedeutung zu betonen – an dieser Stelle keinesfalls verschweigen, dass es musikalische Früherziehungskonzepte bereits weitaus früher gegeben hat. So hat bereits der tschechische Theologe, Philosoph und Pädagoge Johan Amos Comenius, Entwickler der ersten systematisch aufgebauten Pädagogik der Neuzeit und Begründer der Didaktik, in seiner Schriften die Musik angesprochen. Der wegweisende Mann lebte von 1592 – 1670. Wollen wir es noch weiter auf die Spitze treiben?

Okay, dann kommt hier ein Zitat von Sokrates, dem griechischen Denker, der von 469 – 399 vor Christus lebte: „So ist also die Erziehung durch Musik darum die vorzüglichste, weil Rhythmus und Harmonie am tiefsten in das Innere der Seele dringen, ihr Anmut und Anstand verleihen.“ Wo es um musikalische Früherziehung geht, darf selbstverständlich der Name Carl Orff nicht fehlen. Seinen Ideen, Experimenten und Veröffentlichungen ist es zu verdanken, dass das Spiel mit einem elementaren Instrumentarium heutzutage unwidersprochen zu einer Musikerziehung im Vor- und Grundschulalter gehört. Und schon befinden wir uns wieder im Jahr 1924.

Das Orffsche Instrumentarium hat die musikalische Früherziehung revolutioniert | Foto: Shutterstock von tanya_wild

Das eigentliche Ziel ist die Persönlichkeitsförderung

Springen wir wieder zurück in unsere Gegenwart und klären, was man überhaupt unter musikalischer Früherziehung versteht. Grundsätzlich geht es dabei um die Einheit von Musik, Bewegung, Tanz, Rhythmik, Sprache und Spiel. Nun könnten wir als Musik-Portal natürlich behaupten, dabei ginge es ausschließlich um den frühzeitigen Einstieg in die Musik, damit die Kids umso schneller und früher ein Musikinstrument lernen können.

Tatsächlich aber geht es darum auch, aber keinesfalls in erster Linie. Im zentralen Fokus steht die Persönlichkeitsentwicklung. Wie gefestigt und selbstsicher, mit welchem Urvertrauen das eigene Kind durchs Leben geht, lässt sich mit der Musik fördern. Das ist doch letztlich, was Eltern am Herzen liegt.

Instrumente in der musikalische Früherziehung

Zu den üblicherweise genutzten Instrumenten, zählen das Tamburin, Klanghölzer, das Glockenspiel oder der Triangel. Auch gibt es zahlreichen Rasseln, Glöckchen und weitere Perkussion-Instrumente, die speziell für die noch kleinen Hände angeboten werden. Dabei darf es durchaus auch kreativ werden. Immerhin lassen sich mit den unterschiedlichsten haushaltsüblichen Dingen jeweils individuelle Klänge erzeugen. Das beginnt bei Papprollen und endet bei Kochtopfen oder Deckeln noch lange nicht. Trommeln, Klappern oder Rasseln. Tatsache ist, es geht um den Spaß an der spielerischen Beschäftigung mit Klängen und Musik.

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Eigentlich müsste es „musikalische Frühanleitung“ heißen

Und das Streben nach Perfektion etwa durch die Eltern ist vollkommen unangebracht. Es gibt keine festgezurrten Regeln, wie ein Kind ein spezielles „Instrument“ spielen muss. Vielmehr sollen die Kleinen nicht erzogen, sondern angeleitet werden. Kurios ist es insofern, dass die musikalische Früherziehung seit vielen Jahrzehnten den falschen Namen trägt. Eigentlich müsste es doch „musikalische Frühanleitung“ oder „musikalische Frühförderung“ heißen.

„Erziehung“ hat noch immer einen etwas strengen Beigeschmack. Sei’s drum. Aber gerade aus diesem Grunde scheint der Hinweis darauf wichtig, dass nicht die Eltern sich selbstverwirklichen sollen, stattdessen die behutsame und spielerische Förderung der natürlichen Entwicklung des Nachwuchses im Mittelpunkt steht – und zwar ausschließlich. Und deshalb:

Angeleitet, aber nicht mit Vorschriften erzogen. | Foto: Shutterstock von gpointstudio

Bloß kein sinnloses Wunderkind-Pathos aufbauen

Ja natürlich ist das eigene Kind immer das Beste. Ja natürlich sind die Eltern von ihrem Spross verzückt, wenn die ersten Töne und Melodien erklingen oder die ersten Lieder einigermaßen verständlich gesungen werden. Selbstverständlich kann das Kind es viel besser als alle anderen. Mit geschwollen stolzer Elternbrust kann man ja gar nicht anders, als ein geniales Wunderkind auf die Welt zu bringen. Das wird sich im lebenslänglichen Wettbewerb gegen die restliche Meute durchsetzen. Wettbewerb? Vollkommen verkehrter Ansatz; die Kindheit sollte doch kein Konkurrenzkampf sein. Mit dem Stempel als Wunderkind zu leben, ist für Kids kein Segen. Vielmehr ist es eine Belastung.

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Soziales Miteinander anstelle von Wettkampfszenarien

Sicherlich wollen bereits Kleinkinder sich messen, dabei geht es aber um Orientierung im sozialen Miteinander. Auf der Suche nach Geborgenheit und Gemeinschaft wollen sie dazugehören und können sich erst dadurch Urvertrauen und Resilienz aneignen. Und das kann man eben nicht, wenn man permanent – und meistens auch grundlos – auf eine Wunderkind-Podest gestellt wird. Musikalische Früherziehung bedeutet, die Kinder zu fördern. Keinesfalls aber sollte das als Überforderung und erst recht nicht als Wettkampf im Rennen um die ersten Plätze auf der Sonnenseite des Lebens verstanden werden. Eltern, die in ihren Kids geradezu zwanghaft das Wunderkind sehen wollen, fördern nicht den Nachwuchs, sondern lediglich ihr eigenes Ego.

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Auch interessant: „Musikalische Wunderkinder – zwischen Talent und verheizt werden“.

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