Design von E-Gitarren und Autos – eine außergewöhnliche Symbiose

Von den Wurzeln bis heute

Foto: Shutterstock von Manuel Ruiz Alba

Nein, das Design von E-Gitarren ist nicht einfach vom Himmel gefallen. Vielmehr haben sich erstens kluge Köpfe reichlich Gedanken gemacht und zweitens haben die Designer sich in etlichen Details vom Lifestyle und insbesondere den Straßenkreuzern ihrer jeweiligen Zeit beeinflussen lassen. Was hat das Design von E-Gitarren und Autos miteinander zu tun? Eine Geschichte der besonderen Art.

Check it: Design von E-Gitarren und Autos

  • Designorientiert kurvenreich
  • Details übernommen von Gitarrenbauern
  • Heutiges Vintage war früherer Lifestyle
  • Farbcodes stammen direkt aus der Autoindustrie
  • Autodesigner auch für Gitarrenhersteller tätig
  • Zeiten im Wandel – Autos kaum noch Statussymbole

Design von E-Gitarren und Autos: formvollendet wie die Straßenkreuzer ihrer Zeit

Die Straßenkreuzer und Sportwagen haben ihren Stellenwert in unserem aktuellen Lifestyle größtenteils eingebüßt. Es hat sich abgekühlt. Also nicht der Motor, sondern die allgemeine Sichtweise. Über Sprit schluckende Boliden wird in der Regel allenfalls der Kopf geschüttelt. Wo ehemals staunende Bewunderung herrschte, ernten protzende Karossen heutzutage im besten Fall ein müdes Lächeln.

Für die meisten unter uns ist der Pkw einfach nur ein funktionales Gerät der Mobilität und für Transportzwecke. Andere verzichten gerne vollkommen darauf. Es ist eine Frage der Lebenseinstellung. Und die hat sich innerhalb der vergangenen Jahrzehnte deutlich gewandelt. Die coole Karre ist längst kein Statussymbol mehr. Das war nicht immer so; ganz im Gegenteil.

Die Fahrzeuge waren begehrenswerte Statussymbole | Foto: Pexels von Brett Jordan

Die Autos waren immer designorientiert kurvenreich

Bereits in den 1930er-Jahren ging es los, etwa mit dem Mercedes-Benz 540 K Spezial-Roadster, der als eines der schönsten Autos des damaligen Jahrzehnts gilt. Oder der Horch 853, der es in Sachen Imagefaktor mit dem schwäbischen 540 K aufnehmen konnte. Ein gutes Beispiel aus dem Jahr 1934 der von Vittorio Jano konstruierte Alfa-Romeo 6 C 2300.

Das waren Fahrzeuge aus Deutschland und Europa. Weitaus abgedrehter ging es auf der anderen Seite des großen Teiches zu, in den USA. Buick, Cadillac, Chevrolet und etliche weitere Marken entsprachen dem amerikanischen Lifestyle und protzten mit typischen Kühlerfiguren und ausladenden Kotflügeln fröhlich vor sich hin. Das waren echte Statussymbole zwischen Noblesse und Rebellion. Und sie sollten maßglichen Einfluss auf das harmonierende Design von E-Gitarren und Autos haben.

Erste E-Gitarren folgen dem Muster des ergonomischen Designs

Und dann kamen die ersten E-Gitarren auf den Markt und bildeten eine Symbiose aus Musik, Fashion und Lebenseinstellung. Dabei wird nicht selten angenommen, das Design von E-Gitarren sei vollkommen eigenständig entstanden, schlichtweg aus den Notwendigkeiten von Technik, Akustik und ergonomischer Spielweise. Weit gefehlt; denn E-Gitarren sollten zwar ihrem Zweck entsprechend aufgrund der Durchsetzungsfähigkeit über den Verstärker zwar die Rettung der Gitarristen sein, die bis dahin im Bandgefüge schlichtweg zu leise waren.

Was heutzutage Vintage ist, war früher aktuelle Realität

Aber selbstverständlich sollte auch das stylische Design von E-Gitarren als Image-Faktor den Nerv der Musiker treffen. Das Wettrennen um die Gunst der Gitarristen hatte begonnen. Und schon wären wir wieder bei den Straßenkreuzern der damaligen Zeit. Denn exakt die wurden in zahlreichen Details zum Vorbild für das Design von E-Gitarren. Vor Augen halten sollten wir uns, dass das, was heutzutage als Vintage bezeichnet wird, damals tagesaktuelle Realität war.

Begeben wir uns etwa sieben Jahrzehnte zurück, ins Amerika der 50er und 60er Jahre. Die ersten E-Gitarren wie die Telecaster oder die Les Paul waren noch recht bauchig und besaßen wenig Shaping. Die Formgebung orientierte sich unmittelbar an den Automobilen der damaligen Zeit, die eben wenig kurvig designt waren, stattdessen mit opulenter, aber noch relativ schlichter Linienführung gefertigt wurden.

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Es wurde sportlich und geflügelt

Wenig später wurde es sportlicher und schnittiger auf dem Automobilmarkt, beispielsweise mit der legendären Corvette von Chevrolet, dem Cadillac Eldorado oder dem Buick Skylark. Fender folgte mit der Jazzmaster und der Jaguar, die schnell Kultstatus erlangten. An den zunehmend exzentrischen Kotflügeln der Fahrzeugwelt orientierte sich auch Gibson, nämlich mit Modellen wie der Flying V und der Explorer. Allesamt waren und sind ziemlich geflügelte Instrumente. Das Desing von E-Gitarren und Autos entwickelte sich mal wieder Hand in Hand.

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Farbcodes der E-Gitarren kamen aus der Fahrzeugindustrie

Welche starke Synergie der Instrumentenbau mit der Fahrzeugindustrie einging, erkennt man deutlich bei den Farben und Lacken. In den frühen 50ern und 60ern wurde bei den Farben unmittelbar bei den Fahrzeugherstellern zugegriffen. Zu einer der legendärsten und erfolgreichsten Farben von Fender sollte das „Fiesta Red“ werden. Bei Farben ist es in der Fachwelt üblich, sie mit einem Farbcode zu bezeichnen. Und so ist Fiesta Rot auch als DuPont-Code 2219-H bekannt. Genau mit dieser Farbe wurden zuvor, nämlich ab dem Jahr 1956, die Ford-Modelle Thunderbird und Fairlane lackiert. Design von E-Gitarren und Autos stimmte demnach auch in der Farbwahl überein.

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Farbkataloge der Automobilhersteller sind der Beweis

So ging es weiter mit der Kollaboration im Design von E-Gitarren und Auto. Der Automobilhersteller nutzte die Farbe „Foam Green“ und zwar auch bereits im Jahr 1956. Also deutlich früher als Fender. Als Vorreiter für die Farbe „Surf Green“ gilt Chevrolet ein lediglich ein Jahr später. Die Farbe ist uns aus der E-Gitarrenwelt mehr als bekannt. Und wenn wir jetzt noch bei der Marke Cadillac hinter die Farbkulissen blicken, wird es endgültig stichhaltig. Immerhin finden wir im Farbkatalog von Cadillac, Dakota Red, Olympic White, Daphne Blue, Lake Placid Blue und auch Sonic Blue. Farbige Nachtigall, ick hör‘ dir trapsen.

Farben werden mit einem Farbcode definiert | Grafik: von Romina Hirschmann

Nicht nur die Mainstream-Marken waren angesagt

Es gab damals sehr angesagte Fahrzeugdesigner, die teils auch für mehrere Marken arbeiteten. Gewissermaßen als Outlaws galten die Hot-Rodder und Tuner. Joe Ballon, damals einer der bekanntesten Namen aus dieser Szene entwickelte die Farbe „Candy Apple Red“. Bei Fender gehört eben diese Farbe zu den erfolgreichsten überhaupt. Bei den schwarzen Gitarren von Fender gibt es Vermutungen, welches Fahrzeug dafür die Blaupause war; es könnte die Black Corvette aus 1954 oder 1958 gewesen sein. Die Gitarrenbauer sind niemals offen mit der Tatsache umgegangen, dass ihre Farbcodes eigentlich abgekupfert waren, zumindest haben sie es nie offensiv betont. Warum auch, im Prinzip kann es ja jeder in den meisten Fällen nachlesen. Die Farbcodes der Automobilhersteller sind frei zugänglich. Design von E-Gitarren und Autos schloss sich gegenseitig zumindest nicht aus.

Das Blaupausen-Design war kein Einzelfall

Auch war es keinesfalls ein Phänomen, das lediglich auf Fender zutraf. Vielmehr war Gibson nicht minder bekannt dafür, sich an der Linienführung, Lackzusammensetzung und Farbgebung der Automobilindustrie zu orientieren. Etwa die Oldsmobile-Farbe mit dem Farbcode Farb-ID Nr. 256 wurde für die Golden Mist Farbe verwendet. Wenn ihr also eine Gibson Gold-Top spielt, wisst ihr jetzt, dass ihr auch einen Oldsmobile hätten fahren können. Und Gibson ging sogar noch einen Schritt weiter. Das Unternehmen setzte auf die Dienste von Ray Dietrich, einem Autodesigner, der bereits Fahrzeuge für Lincoln und Packard entworfen hatte. Dietrich entwarf die Linienführung der Gibson Firebird.

Die Autos lieferten reichlich Inspiration | Foto: Flickr von Richard Spiegelman

Gitarren entworfen von renommierten Fahrzeugdesignern

Ebenso gab es die Gitarren, die als Exner Series bekannt sind. Virgil Max Exner war ein Top-Designer aus der Automobilbranche und als solcher für einige der bekanntesten Automobilhersteller wie etwa Chrysler tätig. Die Karossen als auch die unter seiner Federführung entstandenen Gitarren sind Kult. Die Fahrzeuge sind werden von manchen als Liebhaberstücke gesehen, sind aber heutzutage nicht mehr zeitgemäß, zumal Sie im Windkanal kaum bestehen könnten. Trotzdem könnte der Zusammenhang beim Design von E-Gitarren und Autos nicht sein.

Zeiten im Wandel – Gitarren müssen nicht durch den Windkanal

Es gibt etliche weitere Beispiele von der Korpus-Form über das Hals- oder Headstock-Design bis hin zur Detailausstattung. Vieles mag uns heute verwundern, allerdings bleibt der Zeitgeist immer auch eine Geschmacks- und Modefrage. Weitaus mehr als heutzutage waren die vierrädrigen Boliden Statussymbole, auch Symbole der Sehnsucht und Freiheit, die sich schlichtweg nicht jeder leisten konnte, aber gerne geleistet hätte. Interessanterweise hat traumhafte Design der E-Gitarren bis in die heutigen Tage überlebt, ist zwar detailreich weiterentwickelt worden, aber immer noch seinen eigenen Wurzeln verbunden.

Fahrzeugdesign im Stillstand, Gitarrendesign koppelt sich ab

Wenn Gitarrenbauer sich heutzutage an manchen Fahrzeugen orientieren würden, bei denen die Autos herstellerübergreifend nahezu alle gleich aussehen, würden sie vermutlich eher Langeweile produzieren und blanken Spott ernten. Der Shitstorm wäre vorprogrammiert. Das Design von E-Gitarren und Autos hat sich inzwischen scheinbar voneinander gelöst. An Farben ist vermutlich schon alles erfunden, was gefunden werden konnte. Und die Formen von Gitarren werden nur noch in Nuancen verändert oder neu erfunden. Wir sind gespannt, wie die Reise weiter geht. Und als Gitarrennarren freuen wir uns schon jetzt auf kreative Ideen, von denen wir uns gerne umhauen lassen.

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Auch interessant: „Kopfplatte der E-Gitarre: Durchdachte Ästhetik mit Markenaussage“.

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