Chinesische Ruan – fernöstlich musikalischer Familienausflug

Wissenswertes über die kreisrunde Mondlaute

Foto: Shutterstock von Luisa Bayona

Die chinesische Musik hat ihren besonderen Zauber und lädt förmlich dazu ein, den Blick über den eigenen Tellerrand zu werfen. Immerhin gibt es neben dem speziellen Reiz der dortigen Klänge auch spezielle Instrumente, die unsere musikalische Kreativität inspirieren können. So wie beispielsweise die chinesische Ruan, die Langhalslaute, die in eigentlich jedes traditionelle Orchester gehört.

Check it: Chinesische Ruan und ihre Besonderheiten

  • Welche Bedeutung die Ruan in der chinesischen Musik hat
  • Welche baulichen Unterschiede es gibt
  • Wie die Instrumente eingesetzt werden
  • Was Tradition und Moderne verschmelzen lässt
  • Weshalb sich der Blick über den Tellerrand lohnt

Chinesische Ruan – klischeehafte Suche nach der Unbekannten

Solltest du im Web nach der chinesischen Ruan suchen, wird dir vor lauter Ergebnissen vermutlich alsbald schwindelig. Es gibt so endlich viele Resultate, die sich mit allen möglichen Dingen beschäftigen von Golf über Fußball bis zu Manga und mehr, nur eben nicht mit Musik. Wirklich weiter kommst du da nicht. Aber kein Problem, wir sind ja für dich da und liefern dir Wissenswertes aus dem Land der Mitte. Beginnen wir von vorn: Was ist überhaupt eine Ruan?

Langhalslaute mit kreisrundem Vollmondkorpus

Grundsätzlich handelt es sich bei einer Ruan um eine Langhalslaute mit rundem, vollmondähnlichem Korpus, die vornehmlich in der chinesischen und taiwanesischen Musik gespielt wird. Die Ruan gilt als kleinere Schwester der Pipa und fungiert im Zusammenspiel mit anderen Musikinstrumenten als wichtiges Begleitinstrument. Entwickelt wurden Instrumente in den fünf Tonlagen Sopran, Alt, Tenor, Bass und Kontrabass.

Tonlage chin. Bezeichnung Einordnung Stimmung
Sopran Gaoyinruan Hochton-Ruan G3-D4-G4-D5
Alt Xiaoruan Kleine Ruan D3-A3-D4-A4
Tenor Zhongruan Mittlere Ruan G2-D3-G3-D4
Bass Daruan Große Ruan G2-D3-G3-D4
Kontrabass Diyinruan Tiefton-Ruan G1-D2-G2-D3

 

Viele bauliche Veränderungen im Laufe der Zeit

Die chinesische Ruan hat eine lange Geschichte auf dem kreisrunden Buckel und wurde früher mit Saiten aus Seide bespannt. Erst seit dem 20. Jahrhundert werden Stahlsaiten verwendet. Auch hat sie sich im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte in ihrer Bauweise mit im Gegensatz zu früher stark erweitertem Tonumfang verändert. Die traditionelle chinesische Ruan hatte 13 Bünde, moderne Instrumenten haben inzwischen 19 oder sogar 24 Bünde. Trotz allem chinesischem Traditionsbewusstsein, wurden ebenso mit den verwendeten Materialien Neuerungen eingeführt. Bestanden beispielsweise die Bünde früher aus Elfenbein, bestehen sie heutzutage aus Metall, was natürlich auch klangliche Auswirkungen hat.

Die Ruan ist ein echter chinesischer Klassiker | Foto: Shutterstock von Travel-Fr

Hauptsächlich Tenor- und Bass-Ruan im Orchester eingesetzt

Am häufigsten wird die chinesische Ruan in der chinesischen Oper und im chinesischen Orchester verwendet, wo sie zur Sektion der gezupften Saiten bzw. Chordophonen gehört. Obschon es in der Ruan-Familie ebendiese verschiedenen Tonlagen gibt, werden in chinesischen Orchestern üblicherweise nur die DaRuan und die ZhongRuan eingesetzt, um die Tenor- und Bass-Lage der Zupfsaiten-Sektion zu füllen. Dabei verwenden DaRuan-Solisten in der Regel die DADA-Stimmung, zumal sie das einfache Spielen diatonischer Akkorde ermöglicht. Einige Orchesterspieler stimmen auch auf CGDA, was wiederum der Cello-Stimmung entspricht. Daraus ergibt sich im Orchester wiederum der Vorteil, dass die Daruan leicht den Cellopart doppeln kann.

Verschmelzende Klangvielfalt der Ruan-Familie

Ein Ruan-Ensemble besteht wiederum aus zwei oder mehr Mitgliedern der Ruan-Familie, so beispielsweise ein Ensemble aus XiaoRuan, ZhongRuan und DaRuan. Besonders in der polyphonen Musik spielt die Ruan ihre Qualitäten aufgrund der Vielfalt der Alt-, Tenor- und Kontrabassinstrumente verbunden mit den leicht zu mischenden Klangfacetten aus. Das heißt, die verschiedenen Ruan-Tonlagen zeigen dann doch wieder klangliche Parallelen zu unseren westlichen Instrumenten, beispielsweise zur tonalen Aufteilung der Streichinstrumenten im Orchester.

Weiche Klangfarben der chinesischen Langhalslaute

Das Instrument erzeugt einen weichen Ton, eine wunderbar sanfte Klangfarbe, was natürlich auch wieder davon abhängig ist, welche Ruan du spielen möchtest. Am vermutlich sanftesten kling die Alt-Ruan, die in der Regel variierte Rhythmen betont. Die Groß-Ruan wiederum ist gewissermaßen das Pendant zum Cello.

Zauberhafter Klangcharakter garantiert | Foto: Shutterstock von Uwe Aranas

Gespielt mit Plektrum oder Acrylfingernägeln

Gespielt wird die chinesische Ruan entweder mit einem Plektrum oder mit Acrylfingernägeln, die mit Klebeband an den Fingern befestigt werden. Und da gibt es durchaus Unterschiede, die ein wenig an die ewigen Nostalgiker und Vintage-Fans unter den Gitarristen in unseren Breitengraden erinnern: Mainstream-Ruan-Spieler verwenden in der Regel Plektren; Acrylnägel sind eine eher moderne Errungenschaft. Indes Plektren einen lauteren und klareren Ton erzeugen, sind Fingernägel vorteilhaft bei der Aufführung polyphoner Solomusik.

Chinesische Ruan in DaRuan-Tonlage

Ein gutes Beispiel dafür ist die Chinese DaRuan von Thomann. Optisch zeichnet das Instrument sich durch den kreisrunden Korpus mit flachem Resonanzraum und den kunstvoll charmant gearbeiteten Schalllöchern aus. Gestimmt ist die Langhalslaute in D2-As-D3-A3. Sowohl für die Decke als auch den Boden kommt massives Paulownia-Holz zum Einsatz. Steg, Kopf und Wirbel werden aus Birne gefertigt. Die Bünde – das zeichnet eine moderne chinesische Ruan aus – bestehen aus Kupfer, bei diesem Instrument sind es typischerweise 24 Bünde. Besser vorstellbar sind die Dimensionen der DaRuan durch die Angabe der Maße: Die DaRuan hat bei der Breite von ca. 51 cm und einer Korpus-Tiefe von ca. 13 cm eine Gesamtlänge von etwa 112 cm. Da darf man durchaus einen chinesisch langen Hals haben.

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Thomann Chinese DaRuan
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Chinesische Ruan in ZhongRuan-Tonlage

Demgegenüber ist die „mittlere Ruan“ – die ZhongRuan – mit einer Gesamtlänge von ca. 89 cm bereits deutlich kürzer dimensioniert. Ebenso hat der kreisrunde Korpus einen Durchmesser von 41 cm, die Tiefe beträgt 12 cm. Tonal ordnet die Zhongruan sich damit in der Tenorlage ein. So ist die Artino Marco Polo Chinese ZhongRuan in G2 – D3 – G3 – D4 gestimmt, was der gebräuchlichsten Stimmung entspricht. Es gib weitere Stimmvarianten, aber das ist dann ein Thema für Spezialisten, vergleichbar mit den zahlreichen Stimmungen, die wir beispielsweise von der Akustikgitarre. Wie dem auch sei; gefertigt wird diese chinesische Ruan sinnvollerweise aus chinesischem Hartholz, wobei Decke und Boden aus massivem Holz des chinesischen Parasolbaumes bestehen.  Wie üblich besitzt das Instrument zwei Schalllöcher, die – da lassen die Chinesen sich nicht lumpen – kunstvoll in Form von Vögeln gearbeitet sind.

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Artino Marco Polo Chinese ZhongRuan
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Klang mit Worten zu beschreiben, ist per se eine nicht ganz einfache Aufgabe. Lasst es uns trotzdem versuchen. Die chinesische Ruan klingt meditativ, charakterstark und ästhetisch, ohne es dabei an Durchsetzungsfähigkeit vermissen zu lassen. Und zwar aufgrund der Stimmung – Stichwort Open Tuning – bereits beim Anspielen der nicht gegriffenen Saiten. Die Töne zeichnen sich durch das lange Sustain aus und hallen lange nach. Unter Voraussetzung der vernünftigen Verarbeitung sollte jeder einzelne Ton sauber und frei von Scheppern oder Schnarren erklingen. Das will sagen: Das teils für die chinesische Musik typische Bordun-Schnarren ist hier nicht zu erwarten.

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Kaum Umgewöhnung für die ersten Töne nötig

Solltest du bereits Erfahrung mit Saiteninstrumenten haben, möglicherweise als Gitarrist, auf der Irish Bouzouki oder worauf auch immer, wirst du dich vergleichsweise schnell mit dem Instrument anfreunden und dich nur in wenigen Aspekten umgewöhnen müssen. Im Prinzip kannst du nahezu alle gängigen Gitarrentechniken für die chinesische Ruan nutzen. Aber vergiss nicht, dass dir nur vier Saiten zur Verfügung stehen. Einen deutlichen Unterschied wirst du allerdings bei den Bundstäbchen feststellen, was sich auch markant auf die Spielweise auswirkt. Die sind nämlich höher, als du es etwa von der Gitarre gewohnt bist. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass das Greifen von Tönen und Akkorden deswegen schwieriger wäre. Ganz im Gegenteil. Das Spiel- bzw. Greifgefühl ist einfach nur anders.

Keinesfalls auf chinesische Orchestermusik beschränkt

Diejenigen, die hierzulande auf die chinesische Raun treffen und sich damit auseinandersetzen, sind immer wieder geradezu begeistert vom außerordentlich ästhetischen Klang und der Vielseitigkeit des Instrumentes. Selbstverständlich kannst du darauf chinesische Orchestermusik spielen. Aber mal ehrlich, wer beherrscht die in unseren Breitengraden schon? Wenn du das möchtest, wirst du ganz weit über deinen Tellerrand schauen und mit den musikalischen Stäbchen essen müssen. Doch kein Problem, die chinesische Ruan lädt dich erstens zum ausgiebigen meditativen Improvisieren ein und erlaubt es dir zudem Songs und Melodien aus den unterschiedlichsten Genres zu spielen.

Die Ruan gehört zum typisch chinesischen Orchester-Instrumentarium | Foto: Shutterstock von Luisa Bayona

Die Schätze der Vergangenheit bewahren

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Ruan es schafft Jahrtausende alte Tradition bis in die heutige Zeit zu bewahren und sich dennoch nicht vor der modernen Musikwelt zu verschließen. Die Geschichte des Instrumentes geht zurück bis auf die chinesischen Dynastien, deren mystische Vergangenheit auch immer von den chinesischen Orchestern interpretiert wird. Ebenso behauptet sich die chinesische Ruan in der modernen Musik. Letztlich darf man das durchaus als vorbildlich bezeichnen. Offensichtlich wissen die Chinesen, wie man die Schätze der Vergangenheit bewahrt.

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Auch interessant: „Laute spielen: Saiteninstrument mit dem geschichtlichen Charme“.

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