Gitarre aufnehmen leichtgemacht?! Denn kein Gerät ist in Gitarristenkreisen so umstritten: Die einen lieben ihren Modeler, weil man mit ihm in kürzester Zeit auf kleinstem Raum und bei nötigenfalls geringer Lautstärke unheimliche viele verschiedene Sounds kreieren und gleich aufnehmen kann, und die anderen hassen Modeler, weil sie letztlich doch nicht genauso klingen und reagieren wie ein echter Amp mit angeschlossener Box.
Und es soll auch noch eine kleine dritte Gruppe geben, die Modeler zwar nicht besonders mag, ihnen aber zugesteht, dass man mit ihnen, so es denn sein muss, mit wenig Aufwand in kurzer Zeit passable Ergebnisse hinbekommt, wenn man beim Aufnehmen zwei, drei Dinge beachtet.
Ich möchte in diesem Workshop mal dahingestellt lassen, ob die Dinger klasse oder Mist sind. Solltest du dich aber entschließen mit einem Modeler wie etwa dem POD, der J-Station, dem V-Amp oder einem ähnlichen Gerät zu arbeiten, kannst du zumindest einen ihrer Vorteile nutzen, nämlich das Angleichen des Sounds auch noch nach der Aufnahme. Diese Möglichkeit ist eben deshalb so verlockend, weil man bei der Aufnahme nicht immer hundertprozentig weiß, ob der Sound auch noch bei der Mischung das hält, was man sich von ihm versprochen hat. Deshalb nimmt man nicht nur den modellierten, sondern auch gleichzeitig den puren Gitarren-Sound auf, damit man den Modeler bei Bedarf später erneut mit dem puren Gitarrensignal ansteuern kann, um einen anderen Sound auszuprobieren. Auf jedem Fall solltest du dir zuvor aber wieder einmal kurz Zeit nehmen, um zu überlegen, wie du auf diesem Weg zu einem optimalen Ergebnis kommst.
Voraussetzungen
Als erstes muss dein Gitarrensignal gesplittet, also zweigeteilt werden. Am einfachsten geht das mit einer DI-Box, in die du deine Klampfe stöpselt, um sie einerseits über den Line-Out der DI-Box direkt auf einen eigenen Aufnahmekanal zu leiten, und andererseits über den Thru-Ausgang der DI-Box in den Modeler zu gehen. Der Thru-Ausgang der DI-Box sollte das Gitarrensignal möglichst unverfälscht – also weder lauter, noch leiser und ohne Frequenzgangkorrektur – weiterleiten, sonst reagiert der Modeler anders als gewohnt. Eine andere Methode wäre, die Gitarre direkt in den Mixer zu stöpseln und dann das Signal über einen Aux-Weg in den Modeler zu leiten. Viele Harddiskrecorder mit integriertem Mischpult haben zu diesem Zweck einen – oft Hi-Z genannten – speziellen Eingang, der für die niedrigen Impedanzen von Gitarren ausgelegt ist und so aus ihnen den nötigen Aufnahmepegel herausholt, ohne das Signal zu verfälschen. Über diesen Eingang wird also das pure Gitarrensignal aufgenommen, und dieses Signal geht gleichzeitig über den Aux-Send zum Modeler. Der Aux-Send muss übrigens pre-Fader liegen, damit du das pure Signal ganz abdrehen kannst, um beim Aufnehmen nur noch den Modeler zu hören. Jetzt gilt es, aufs Sorgfältigste den richtigen Aux-SendPegel einzustellen, denn der ist jetzt wahrscheinlich für den Modeler zu hoch, weil der Verstärker des Hi-Z-Eingangs schon für eine gewisse Verstärkung sorgt (daher auch der Name „Verstärker“ ;-), damit mit genug Pegel aufgenommen wird.
Welcher Pegel für den Aux-Send der richtige ist, wird von Fall zu Fall und auch von Gitarre zu Gitarre unterschiedlich sein. Daher kommst du nicht umhin, auszuprobieren und die Klampfe abwechselnd direkt in den Modeler und ins Pult zu stecken, bis du den optimalen Aux-Send-Level gefunden hast. Diese Einstellung solltest du dir notieren und sie dann für alle Aufnahmen nehmen. Wenn du einmal die Vorverstärkung im Mixerkanal ändern musst (Gain), dann musst du anschließend auch wieder den Send-Level angleichen. Das pure Gitarrensignal sollte dann bei beiden Split-Varianten am Mixer abgedreht werden, aber es muss trotzdem aufgenommen werden, denn du brauchst es später ja vielleicht, um eben einen anderen Sound einstellen zu können. Stell dann den Modeler möglichst so ein, wie du es für optimal für die jeweiligen Passagen hältst, und nimm bitte beide Signale auf. Sehr wichtig ist, dass der gewählte Sound schon in die Richtung geht, die du später haben willst, denn ein Brat-Sound spielt sich anders als ein Crunch- oder gar eine cleaner Sound. Aus einem cleanen Sound kann man zwar später am Modeler auch einen Lead-Sound machen, aber dieser wird garantiert anders klingen, als wenn du ihn von vornherein mit einem Lead-Sound eingespielt hättest – und umgekehrt gilt natürlich das Gleiche.
Sofern dir beim Spielen übrigens Feedbacks wichtig sind, die entstehen, indem du den Sound so laut hörst, dass das Signal aus den Boxen wieder in deine Pickups überspricht, kannst du diese Methode übrigens vergessen, denn sie funktioniert zwar beim Aufnehmen, aber nicht mehr beim erneuten Einspeisen des puren Signals in den Modeler, weil jetzt ja keine Pickups mehr im Spiel sind.
Sound-Tausch
Hast du all deine Parts aufgenommen, sind also immer zwei Variationen vorhanden: Zum einen das pure Gitarrensignal, so wie es aus den Pickups kommt, und zum anderen der vom Modeler aufbereitete Sound. Sollte dir später an irgendeiner Stelle der ModelerSound nun doch nicht gefallen, weil er zu viel oder zu wenig verzerrt oder vielleicht den falschen Effekt hat, kannst du das pur aufgenommene Signal erneut in den Modeler schicken und einen anderen Sound ausprobieren. Dies sollte wieder so geschehen, wie oben bei der Split-Methode über den Aux-Send beschrieben. Hast du mit der zweiten SplitMethode aufgenommen, weißt du schon, welchen Send-Pegel du in den Modeler schicken musst. Hast du aber per DI-Box gesplittet, musst du erst noch herausfinden, welchen Pegel du für den Modeler brauchst. Dafür rufst du am Modeler das Preset auf, mit dem du diesen Part aufgenommen hast und schickst die pure Gitarrenspur in den Modeler. Den Send-Pegel des Aux-Sends ziehst du jetzt langsam so hoch, bis der Modeler genauso klingt wie der bereits aufgenommene Modeler-Sound. Schalte so oft zwischen aufgenommener Spur und Modeler hin und her, bis du keinen Unterschied mehr hörst – am einfachsten hörst du das oft am Grad der Verzerrung. Klingen beide Signale gleich, hast du den richtigen Aux-Send-Pegel für den Modeler gefunden, und du kannst jetzt einen anderen Sound ausprobieren und bei Gefallen aufnehmen. Die Original-Modeler-Spur würde ich aber sicherheitshalber erst einmal nicht löschen, denn man weiß ja nie …
Latenzen
Die Modeler haben eine unangenehme Eigenschaft, die sie vor allem bei Puristen so unbeliebt machen: Sie müssen den Sound ja auf einem Chip berechnen, und das dauert immer ein klein wenig. Je nach Güte der verwendeten Prozessoren und eingestelltem Sound kann das zu spürbaren Verzögerungen (Latenzen) führen. Im Allgemeinen stellt man sich beim Spielen darauf ein und kompensiert dies automatisch, aber wenn du eine Spur mit einem schnell berechneten Sound einspielst und später durch einen aufwändigeren Sound ersetzt, der nicht so schnell mit dem Rechnen fertig ist, kann es schon passieren, dass plötzlich eine höhere Latenz auftritt und es so klingt, als ob du beim Spielen geschleppt hättest. Dies wäre also der zweite wichtige Grund dafür, von vornherein mit einem Sound aufzunehmen, der dem angestrebten Ideal nahe kommt. Dann kann man auch getrost einfach eine andere Sound-Variante ausprobieren. Sollte trotzdem eine Verzögerung entstehen, lässt sich diese in vielen Harddiskrecordern durch eine negative Vorverzögerung bei der Wiedergabe kompensieren. Nimmst du mit einem Rechner auf, ist es noch simpler, diese Verzögerung zu kompensieren, denn am Computer ist es eine der leichtesten Übungen, den kompletten Part um einige Ticks nach vorne zu schieben, bis es wieder groovt. Du brauchst übrigens keine Angst zu haben, dass schon durch die Aufnahme eine Verzö- gerung entsteht, denn dafür hast du ja dein Signal gesplittet und das pure Signal völlig unverzögert aufgenommen.
re-amping
Und zum Schluss noch die gute Nachricht für alle, die doch nicht auf einen echten Amp verzichten wollen. Auch hier spricht nichts dagegen, außer dem Amp/BoxenGespann auch das pure Gitarrensignal auf eine eigene Spur aufzunehmen. Wenn du Methode aufgenommen, weißt du schon, welchen Send-Pegel du in den Modeler schicken musst. Hast du aber per DI-Box gesplittet, musst du erst noch herausfinden, welchen Pegel du für den Modeler brauchst. Dafür rufst du am Modeler das Preset auf, mit dem du diesen Part aufgenommen hast und schickst die pure Gitarrenspur in den Modeler. Den Send-Pegel des Aux-Sends ziehst du jetzt langsam so hoch, bis der Modeler genauso klingt wie der bereits aufgenommene Modeler-Sound. Schalte so oft zwischen aufgenommener Spur und Modeler hin und her, bis du keinen Unterschied mehr hörst – am einfachsten hörst du das oft am Grad der Verzerrung.
Klingen beide Signale gleich, hast du den richtigen Aux-Send-Pegel für den Modeler gefunden, und du kannst jetzt einen anderen Sound ausprobieren und bei Gefallen aufnehmen. Die Original-Modeler-Spur würde ich aber sicherheitshalber erst einmal nicht löschen, denn man weiß ja nie … latenzen Die Modeler haben eine unangenehme Eigenschaft, die sie vor allem bei Puristen so unbeliebt machen: Sie müssen den Sound ja auf einem Chip berechnen, und das dauert immer ein klein wenig. Je nach Güte der verwendeten Prozessoren und eingestelltem Sound kann das zu spürbaren Verzögerungen (Latenzen) führen. Im Allgemeinen stellt man sich beim Spielen darauf ein und kompensiert dies automatisch, aber wenn du eine Spur mit einem schnell berechneten Sound einspielst und später durch einen aufwändigeren Sound ersetzt, der nicht so schnell mit dem Rechnen fertig ist, kann es schon passieren, dass plötzlich eine höhere Latenz auftritt und es so klingt, als ob du beim Spielen geschleppt hättest. Dies wäre also der zweite wichtige Grund dafür, von vornherein mit einem Sound aufzunehmen, der dem angestrebten Ideal nahe kommt. Dann kann man auch getrost einfach eine andere Sound-Variante ausprobieren. Sollte trotzdem eine Verzögerung entstehen, lässt sich diese in vielen Harddiskrecordern durch eine negative Vorverzö- gerung bei der Wiedergabe kompensieren.
Nimmst du mit einem Rechner auf, ist es noch simpler, diese Verzögerung zu kompensieren, denn am Computer ist es eine der leichtesten Übungen, den kompletten Part um einige Ticks nach vorne zu schieben, bis es wieder groovt. Du brauchst übrigens keine Angst zu haben, dass schon durch die Aufnahme eine Verzö- gerung entsteht, denn dafür hast du ja dein Signal gesplittet und das pure Signal völlig unverzögert aufgenommen. re-amping Und zum Schluss noch die gute Nachricht für alle, die doch nicht auf einen echten Amp verzichten wollen. Auch hier spricht nichts dagegen, außer dem Amp/BoxenGespann auch das pure Gitarrensignal auf eine eigene Spur aufzunehmen. Wenn du das Signal wie oben beschrieben gesplittet hast, kannst du später auch diesen Sound durch einen anderen ersetzen, indem du das pur aufgenommene Gitarrensignal erneut durch den Amp jagst. War also doch nicht ganz umsonst, diese Workshop-Folge komplett zu lesen, oder?