Das tiefste Instrument in Blaskapelle und Sinfonieorchester

Fanny und der Tubaklang

Tubist bei „Jugend musiziert“ | Foto: © Oliver Borchert

Sie bringt rund neun Kilo auf die Waage und viele Profis, die sie spielen, sind besonders von dem Gefühl begeistert, einfach richtig „Masse“ auf den Oberschenkeln zu spüren. Dann der Tonumfang von mehr als vier Oktaven, der wohlig-dunkle Klang – keine Frage, die Tuba, das Instrument des Jahres 2024, ist etwas Besonderes.

Check it: Die Tuba – Instrument mit besonderem Klang

  • Zur Tuba kommt man oft auf Umwegen
  • Es gibt auch kleine Kinder-Tuben
  • Die Tuba spielt man meist im Orchester, selten als Solist
  • Das Tuba-Spiel erfordert viel Luft
  • Manche Tubisten geben ihrem Instrument einen Namen

Wie beschreiben Profis des Tubaspiels ihre Beziehung zu ihrem Instrument? Sven Vinzelberg, der kürzlich sein Studium an der Münchner Musikhochschule abgeschlossen hat, berichtet in BR Klassik von dem häufigsten Weg: Der Bläserklasse in der Schule, in der der Sound der Tuba derart faszinierte, dass der Weg zum Berufsmusiker begann. Oft allerdings startet die Tubisten-Karriere in einer Blaskapelle und meistens mit dem Tenor- oder Baritonhorn oder dem Euphonium. Es gibt auch kaum „reine“ Tubalehrer. Immerhin sind mittlerweile kleine Kinder-Tuben mit gutem Klang auf dem Markt, die das frühe Tubaspiel möglich machen.

Tubist Sven Vinzelberg | Foto: © Tobias Epp

Die Entwicklung des Instruments

Die Tuba hat eine lange Geschichte. Im Römischen Reich bezeichnete das Wort ein Blasinstrument aus Messing oder Bronze. Es hatte die Form einer geraden, langgestreckten Röhre mit schmalem Schallbecher und ähnelte einer Fanfare. Die ersten Tuben wie sie heute in Kapellen und Orchestern gespielt werden, wurden in Berlin um 1835 gebaut. Damals hatte man durch die Ventiltechnik einen Weg gefunden, die Rohrlänge zu verändern und so das Spielen chromatischer Tonleitern zu ermöglichen: Durch das Bedienen der Ventile wird die Luftsäule des Instruments verlängert, die Luft durch eine zusätzliche Rohrschleife geleitet – mehr Töne sind möglich. Bald wurde die erste Basstuba in F mit fünf Ventilen gebaut, es folgten Kontrabasstuba in B und C (1845 von Václav František Červený entwickelt und 1846 patentiert).

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Weil sie voll, dunkel und wohlig klingt, eroberte sich die Tuba als tiefstes Blasinstrument bald einen Stammplatz im Sinfonieorchester. Dort werden heute Basstuba und Kontrabasstuba verwendet. Welche Tuba er nun spielt, entscheidet der Tubist selber – mit Blick auf das Stück, aber auch beispielsweise auf die Akustik im Raum. Es sei denn, es geht um die Werke Richard Wagners, denn der entwickelte für sein Werk „Der Ring des Nibelungen“ eine Tuba-Variante, die dementsprechend Ringtuba, Rheingoldtuba (nach der Oper „Das Rheingold“) oder Horntuba genannt wird. Der Grund für diesen Namen: die Wagnertuba wird mit einem Waldhorn-Mundstück und deswegen im Orchester oft von Hornisten geblasen. Die Wagnertuba zählt also zur Familie der Waldhörner und hat meistens vier Ventile, drei Spielventile und ein Quartventil. Der Klang liegt etwa zwischen Waldhorn und Tenorposaune. Um 1870 ließ Wagner die ersten Exemplare seiner Tubaversion bauen.

Deutscher Orchesterwettbewerb 2021 | Foto: © Nathan Dreessen

Ein Orchestertubist muss im deutschsprachigen Raum Bass- und Kontrabasstuba beherrschen, und das möglichst virtuos. Zum Spiel im Stehen ist ein spezieller Ständer, ein Schultergurt oder ein Tubagürtel notwendig. Beim Spiel im Sitzen ruht die Tuba auf den Oberschenkeln des Spielers, es sei denn, der Musiker ist von etwas kleinerer Statur – dann kann es vorkommen, dass die Tuba tatsächlich mit auf dem Stuhl des Spielers Platz nimmt. Weist der Kontrabasstuba und Trichter nach oben und leicht nach links, kann das Spiel beginnen. Die Finger der rechten Hand liegen auf den ersten drei bis fünf Ventilen, mit der linken Hand stützt der Spiegel sein Instrument und benützt bis zu drei weitere Ventile.

Wie spielt man die Tuba?

Doch wie kommt man zum ersten Ton? Das Anspielen eines Tones durch das Kesselmundstück kann man im Grunde in nur fünf Minuten lernen, sagt Sven Vinzelberg. Dafür bildet man zwischen Zwerchfell und Lippen mittels Körperspannung eine Luftsäule, erzählt er im Bayerischen Rundfunk. Dann müsse man nur noch die Lippen zum Vibrieren bringen – doch das braucht Zeit. Das Spiel erfordert viel Luft, das klappt nur mit kerzengerader Körperhaltung. Wenn Bauchmuskeln, Zwerchfell, Flanken, Rückenmuskulatur sowie Hals-, Rachen- und Kiefermuskulatur mitspielen, entstehen Töne in dem wohlig-warmen Klang, der die Tuba auszeichnet. Die tiefen Register erfordern Geduld beim Tonfinden, denn je tiefer man kommt, desto größer wird der Spielraum. Das Üben, Nachspüren, sich Erinnern und Wiederholen ohne zu verkrampfen machen den Meister des Tubatons.

Tuba-Spieler Justin Jörg-Willi Drews und Emil Krippstädt | Foto: © Olaf Fritsche

Übepensum? Auf die Ziele kommt es an: Auf dem Weg zum Profimusiker hat Sven Vinzelberg zu Beginn seines Studiums acht bis neun Stunden täglich geübt, erzählt er. Aber je mehr sich die Technik festige, desto kürzer und moderater wird der Übeaufwand. Drei bis vier Stunden täglich übt er aber auch als Berufstubist.

Und wie sieht es mit Tubaliteratur aus? Entgegen der weit verbreiteten Ansicht, es gebe nur „ganz wenig“ für das Instrument, sieht es Jörgen Roggenkamp anders. Er ist seit Januar 2022 Tubist im Philharmonischen Orchester Kiel und außerdem kammermusikalisch aktiv, zum Beispiel im Quintett „Baltic Bones“, bei der Berliner Blasmusik-Formation „Spreeblech“ oder im Duett mit der Harfenistin Alma Klemm. Er spricht in der Neuen Musikzeitung tatsächlich von einer geradezu riesigen Menge sowohl von Solokonzerten mit Orchester als auch Kammermusikalischem mit teilweise interessanten Besetzungen wie Tuba und Harfe und Solo-Werken. Das Tubakonzert von Ralph Vaughan Williams von 1954 ist das Standardstück, Edward Gregson (1976), Jörg Duda (2009) und John Williams (1985) haben Konzerte für Tuba geschrieben. Paul Hindemiths Sonate für Basstuba und Klavier von 1955 gehört zu den ersten kammermusikalischen Werken. Es gibt also laut Roggenkamp viel Musik für Tuba, nur gespielt werde sie wenig – wohl auch, weil das Instrument eben recht jung ist. Roggenkamp gibt außerdem zu bedenken, dass sich das Können der Tubisten erst deutlich erhöht hat, seit sie an den Hochschulen professioneller ausgebildet werden.

Die Tuba als Solo-Instrument

Nur einige wenige Tubisten treten schwerpunktmäßig als Solisten auf – beispielsweise Jens Bjørn-Larsen oder Øystein Baadsvik, aber im deutschsprachigen Raum gibt es vor allem einen Star: Andreas Martin „Hans“ Hofmeir. Der aus Bayern gebürtige Musiker, der als Kind Tenorhorn lernte und als Zwölfjähriger die Tuba entdeckte, spielt in einigen Ensembles und Formationen, aber auch bei der Blasmusik-Band LaBrassBanda. Seinen Einstieg in die Musikwelt beschreibt er launig. Er habe eigentlich Schlagzeuger werden wollen, aber in seiner ersten ländlichen Blaskapelle gab es zu viele mit dem gleichen Interesse – er habe zu selten mittrommeln können. „Da hat man mir gesagt: Lern Tuba, dann darfst immer mitspielen. Und so war’s“, erinnert er sich im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Mittlerweile ist Hofmeir – Jahrgang 1978 – Professor für Tuba an der Universität Mozarteum Salzburg und Kabarettist. Seine Berichte über die Tuba und ihre beziehungsweise seine Kunst sind jedes Zuschauen und Hinhören wert und im Netz und den sozialen Medien gut dokumentiert.

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Wer Tuba heißt, ist als erstes einmal unbeschreiblich weiblich, erklärt Hofmeir und nennt seine Tuba „Fanny“. Seine erste Tuba hieß übrigens allerdings Ursula, und das schon, bevor sie bei Hofmeir landete, und das Helikon, das er bei La Brass Banda spielte, „hört auf Hildegard“, ist er sich sicher. Fragt man den Bläserprofi, ob das Polieren des Instruments bis zum großen makellosen Leuchten zum notwendigen Profil eines anständigen Tubaspielers gehört, hat er eine klare Meinung: „Ich sage immer, es ist besser, es kommen schöne Töne aus einem hässlichen Instrument, als hässliche Töne aus einem schönen Instrument.“ Ihm seien Leute, die ihre Instrumente mehr pflegen als die Musik selbst, verdächtig.

Was ist das Geheimnis von Hofmeirs Spielkunst, mit der er es von der Karajan-Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker bis zum mit dem Echo Klassik ausgezeichneten Instrumentalisten des Jahres 2013 geschafft hat? „Ich versuche radikal, mit den Lippen so wenig wie möglich zu machen, weil ich der Ansicht bin: je entspannter die Lippen, desto schöner können sie schwingen – und desto besser ist der Klang. Deswegen probiere ich, alle Arbeit, die man den Lippen abnehmen kann, ihnen auch wirklich abzunehmen. Das meiste davon übernimmt dann der Bauch. Dabei hilft auch ein extrem leichtes Mundstück, das ich extra entwickelt habe. Das hat übrigens auch einen Namen und heißt Paul“, erklärt er gegenüber der SZ.

Tubist Andreas Marin Hofmeir | Foto: © Philippe Gerlach

Und dann beginnt Hofmeir die Hymne auf sein Instrument: Eine Tuba klinge nie unangenehm, es sei wurscht, wie laut man spielt und wo man steht. Der Klang der Tuba sei von allen Instrumenten der weichste und reinste, den es gibt. Bei allen anderen Instrumenten höre man immer mit, wie der Ton erzeugt wird. Beispiel: Wenn jemand Cello spielt, merke man einfach, dass da Pferdehaar über eine Stahlseite kratzt, so der Musiker. Bei der Tuba aber habe man eben ein riesengroßes Mundstück, das heißt, man könne von allen Blechbläsern den Mund am weitesten aufmachen. „Dadurch kann der Druck der Luft, die über die Lippen streicht, sehr gering sein. Und dadurch schwingt die Lippe freier und der Ton ist viel reiner – die Tuba klingt somit überirdisch, wie nicht von dieser Welt. Das ist ein Klang, bei dem man gar nicht orten kann, wo der eigentlich herkommt, der nimmt einen in den Arm, der ist allumfassend, schlichtweg gottgleich“, schwärmt der Profi. Und natürlich: „Vor allem Fanny hat eine Brillanz in der Höhe und eine Durchschlagskraft, die einzigartig ist.“

Soweit Hofmeirs Lob der Tuba und des Tubaspiels. Sein Fazit – und er muss es wissen: Die goldfarbene Schöne namens Tuba ist für Solokonzerte besser geeignet als irgendein anderes Instrument. Und dank ihres Eigenlebens bleibt die Tuba nach Einsätzen mit ihrem Spielpartner manchmal sogar allein in der Kneipe zurück und man muss sie am nächsten Morgen abholen! Liebevolle Fürsorge ist also auch eine Tubisten-Kompetenz.

Mehr zur Tuba gibt es bei uns zum Beispiel hier.

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