Singende Säge – vielseitiges Instrument, entpuppt aus einem Werkzeug

Das analoge Pendant zum Theremin

| Foto: Shutterstock von patronestaff

Nicht nur musikalische Laien denken bei einer Säge zunächst an den Baumarkt. Leicht nachvollziehbar. Was sollte ein solches Werkzeug mit Musik zu tun haben? Tatsächlich aber hat sie als Singende Säge auch musikalisches Potenzial. Und das nicht nur als Effektinstrument. Längst gibt es Kompositionen für die Singende Säge und professionelle Musical Saw Spieler. Vom Show-Effekt zum anerkannten Musikinstrument. Sägen wir uns tiefer in die Materie:

Check it: Singende Säge als ausdrucksstarkes Musikinstrument

  • Vom Show-Effekt zum anerkannten Musikinstrument
  • Zwischen Baumarkt und musikerspezifischen Sägen
  • Tonumfang und facettenreiches Klangspektrum
  • Spielweise und Schwingungserzeugung
  • Gehörbildung wichtig aufgrund fehlender Orientierung

Vom effekthaschenden Werkzeug zum außergewöhnlichen Instrument

Die Geschichte der Singenden Säge führt uns vor allem in die Varietés und Salons des 20. Jahrhunderts. In den Vorführungen wurde sie immer wieder als aufmerksamkeitsstarkes Effektinstrument genutzt, das mit ziemlicher Zuverlässigkeit für einen Überraschungsfaktor beim Publikum sorgte. Diesen einschränkenden Status hat sie längst hinter sich gelassen. Inzwischen wird sie in unterschiedlichsten Genres vielfach genutzt. So beispielsweise in der Klassik, im Folk oder Jazz und mehr. Viele haben die Singende Säge vermutlich schon mal bei Straßenmusikern erlebt.

Die Singende Säge überzeugt in unterschiedlichsten Genres | Foto: Shutterstock von Maria Dryfhout

Zahnlose Sägen speziell für Musiker konzipiert

In den Anfangstagen gab es noch keine Sägen, die speziell für den Einsatz als Musikinstrument gefertigt wurden. Das hat sich allerdings im Laufe der Zeit verändert. Seit etwa einem Jahrhundert wird die Singende Säge auch als Instrument hergestellt, ausgerichtet auf die speziellen Anforderungen von Musikern. Von der Form ist sie vergleichbar mit einem Fuchsschwanz, also nicht dem buschigen, sondern der speziellen Handwerkersäge. Der Unterschied: Als Instrument benötigt sie keine Sägezähne. Ist auch sicherer.

Tonumfang als entscheidendes Kriterium der musikalischen Sägen

Die Singende Säge als Musikinstrument unterscheidet sich von herkömmlichen Handwerkssägen insbesondere durch den Tonumfang. Handelsübliche Werkzeuge können durchaus genutzt werden, was in der Realität auch der Fall ist. Allerdings ist der Tonumfang in den meisten Fällen zu begrenzt. Die Baumarkt-Kameradinnen schaffen häufig nicht mehr – wenn überhaupt – als eine Oktave. Die speziell konzipierten musikalischen Sägen ermöglichen zweieinhalb bis drei Oktaven und mehr.

Bewährtes Beispiel: Musical Saw von Gewa / Feldmann

Ein gutes Beispiel ist die Gewa Musical Saw, ein Singende Säge, die aus dem Portfolio des Spezialisten Feldmann stammt. Inklusive Griff hat sie eine Länge von einem Meter bei einer Blattstärke von 1  mm. Die Säge hat einen Tonumfang von mehr als drei Oktaven, was kaum zu übertreffen ist. Eine praktische Tasche befindet sich im Lieferumfang. Allemal besser, als sie im Werkzeugkasten zu transportieren.

Singende Säge speziell für Musiker konzipiert | Foto: von Thomann
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Gewa Musical Saw
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(10)

Außergewöhnliches Klangspektrum der Musical Saw

Der Klang ist definitiv außergewöhnlich. Und dabei ist  die Singende Säge weitaus vielfältiger als auf Anhieb angenommen. Sie kann wimmern und weinen, harmonisch wohlklingende Melodien oder sphärische, kosmisch anmutende Töne liefern. Das beginnt bei klassischen Stücken wie „Ave Maria“ und endet bei Raumschiff Enterprise und Co. noch lange  nicht.

Mag sein, es hört sich nach einer Übertreibung an, die Singende Säge als das analoge Theremin zu bezeichnen. Es ist doch nur eine simple Säge. Aber nein, es ist keine überschwängliche Hommage aus der Marketing-Ecke. Mit einer Singenden Säge lassen sich etliche der elektronischen Klänge handgemacht reproduzieren, die wir ansonsten vom Theremin kennen.

Das elektronische Pendant der Singenden Säge: Theremin | Foto: Shutterstock von Stanislaw Mikulski

Spielweise auf der singenden Säge

Die verschiedenen Töne werden auf der Singenden Säge durch unterschiedlich starkes Biegen des Sägeblattes erzeugt. Das Blatt der Säge muss unter kontinuierlich leichter Spannung stehen. Erreicht wird das dadurch, dass das Sägeblatt leicht nach links und zugleich mit dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger nach rechts gebogen wird. Willst du nun höhere Töne spielen, musst du dafür das Blatt stärker biegen. Das permanente Biegen und die Aufrechterhaltung der Spannung ist zweifellos anstrengend. Viele nutzen deshalb einen Griff, den sie ans vordere Ende des Blattes montieren, wodurch die musikalische Arbeit deutlich erleichtert wird.

Üblicherweise wird die Säge wie ein Streichinstrument mit einem Violinen-, Cello- oder einem speziellen Sägebogen gespielt. Entscheidend für die korrekten und wohlklingenden Töne ist, dass das Blatt immer am schmalen Ende des Schwingungsbauches angestrichen wird. Je nach Spannung wandert dieser Bauch; der Bogen muss dieser Bewegung folgen. Weitere Techniken sind denkbar und nicht unüblich. So kannst du beispielsweise unterschiedliche Töne durch Klopfen auf das Blatt an jeweils unterschiedlichen Stellen erzeugen.

Tremolo als typisches Stilmittel des werkzeugähnlichen Instrumentes

Häufig zu beobachten bzw. zu hören ist bei der Musical Saw das Tremolo. Ein Stilmittel was im Gegensatz zu anderen Instrumenten überproportional häufig eingesetzt wird. Bisweilen wird das Tremolo sogar über das gesamte Musikstück hinweg genutzt. Erzeugen kannst du diesen Effekt auf mindestens zwei verschiedene Arten. Üblicherweise wird dafür das Knie mitsamt Oberschenkel – auf dem die Säge „steht“ – hin- und herbewegt.

Dass das so aussieht, als müsstest du schnellstens auf Toilette, lässt sich nicht ändern. In irgendeinen sauren Apfel muss man beißen. Eine weitere direktere Möglichkeit ist das Tremolo über den Zug am Blatt selbst zu erzielen. Manche versuchen auch, das Tremolo durch leichte Bewegungen des Bogens hinzubekommen. Das scheint per se die falsche Wahl zu sein. Der Bogen hat andere Aufgaben.

Simpler Einstieg auch als Autodidakt und ohne Notenkenntnisse

Der Einstieg ist simpel und für den Anfang musst du keine Noten beherrschen. Letztlich geht es darum, dass du dich mit der Singenden Säge als Instrument anfreunden musst und sie insbesondere vernünftig in Schwingungen versetzen musst. Entscheidend ist die Synchronisation des schwingenden Blattes mit dem Bogen, der – wie bei der Violine – nichts Geringeres als der verlängerte Arm deiner kreativen Seele ist. Tatsächlich gehört die Singende Säge zu den Instrumenten, bei denen ein gutes Körpergefühl von Vorteil ist.

Aufgrund fehlender Orientierungspunkte ist Gehörschulung hochwichtig

Beginnen solltest du mit kurzen Strichen, um damit das Blatt zum Schwingen zu bringen. Dann testest du aus, wo und mit welcher Spannung du die nächsten Töne erreichst. Eine Übungsaufgabe, bei der vor allem dein Gehör gefragt ist. Du möchtest nicht irgendwelche, sondern die korrekten Töne spielen. Eine gute Hilfestellung, bis du dir die Töne und Tonabstände eingeprägt hast, kann ein Klavier und ein digitales Stimmgerät sein. Du kannst dich bei einer Singenden Säge nicht auf eine optisch vorhandene Orientierung wie Bünde oder eine Tastatur verlassen. Die Gehörschulung rückt deutlich in den Mittelpunkt.

Präzision erforderlich, um den Katzenfaktor zu vermeiden

Das Problem – wenn man das überhaupt als ein solches bezeichnen darf, ist, dass man die Singende Säge als Instrument wirklich beherrschen muss, um zufriedenstellende und klangangenehme Ergebnisse zu erzielen. Die Töne sitzen oder eben nicht. Falls nicht, wird aus der singenden Säge schnell eine jaulende Katze mit permanent schrägen Tönen. Allerdings unterscheidet sie sich in dieser Hinsicht nicht von anderen bundlosen Saiteninstrumenten, bei denen die Orientierung ebenfalls ins musikalische Gedächtnis übergehen muss. Andernfalls wird  die Singende Säge leicht mal zur Nervensäge.

Weltweite Bedeutung der Musical Saw mehr als beachtlich

Als Noch-Laie hättest du die Bedeutung der Musical Saw in der Musik vermutlich unterschätzt. Tatsächlich gibt es einige hochrenommierte und professionelle Künstler, die auf beeindruckende Weise vermitteln, was mit diesem Instrument alles möglich ist. Zu den bekanntesten gehört beispielsweise die bereits 2012 verstorbene griechische Grande Dame Elly Deliou. Ebenso werden nahezu weltweit immer wieder Festivals und Wettbewerbe ausgerichtet. Die Singende Säge ist zweifellos mitten im musikalischen und kulturellen Leben angekommen.

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Mehr Informationen

Elly Deliou – „Ave Maria”

Sägeblatt nicht rostfrei – sorgfältige Pflege ist Pflichtprogramm

Wichtig zu wissen ist, dass der für das Sägeblatt verwendete Stahl nicht rostfrei ist. Der simple Grund dafür ist, dass rostfreier Stahl nicht klingen würde. Das hat selbstverständlich Auswirkungen auf die Pflege und Lagerung. Der aggressive Fingerschweiß greift das Material ebenso an wie ein feuchtes Raumklima. Nach dem Spielen sollte das Blatt unbedingt penibel gesäubert und mit einem trockenen Tuch abgewischt werden. Zudem sollte die Singende Säge bei normal trockenem Raumklima gelagert werden. Ist absehbar, dass du länger nicht spielen wirst, ist es sinnvoll, das Sägeblatt mit ein paar Tropfen Öl einzureiben und damit vor Feuchtigkeit zu schützen.

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