In dieser neuen Serie stellen wir die wichtigsten Effekte für Musiker vor, erklären, wie sie gemacht werden und zeigen euch die passenden Einsatzgebiete. Wir starten mit dem Effekt, auf dem fast alle anderen Musikereffekte basieren, dem Delay.
Check it: Delay
Beim Musikereffekt Delay wird das Signal geteilt, die eine Hälfte wird um einen Wert verzögert und dem Ausgangssignal wieder hinzugefügt. Dabei lassen sich verschiedene Werte wie die Lautstärke, Verzögerung oder Wiederholung des verzögerten Signals einstellen. Das Ergebnis ist bei korrekter Anwendung ein rhythmischer Effekt.
Delay – so funktioniert’s
Okay, machen wir uns mal kurz an ein paar Delay-Grundlagen: Das ankommende Signal wird beim Musikereffekt Delay zunächst einmal in zwei Signale aufgeteilt. Das erste Signal geht unbearbeitet zum Ausgang, das zweite wird bearbeitet. Es wird nämlich um einen einstellbaren Wert verzögert, eventuell auch mit einem Filter in seinen Frequenzen begrenzt und erst dann zum Ausgang geschickt. Das ist das eigentliche Delay-Effektsignal. Der Anteil des unbearbeiteten und des bearbeiteten Signals am Ausgang ist dabei regelbar.
Jetzt kommt aber noch etwas hinzu, denn über das sogenannte „Feedback-Signal“ wird das komplette Ausgangssignal wieder abgegriffen und in einer einstellbaren Lautstärke an die Stelle zurückgeschickt, an der das ursprüngliche Signal zur Bearbeitung geht. Beim nächsten Durchlauf durch die Bearbeitung wird dann also das Ausgangssignal zusammen mit dem bereits bearbeiteten Signal wieder bearbeitet. Solange das bearbeitete Signal leiser ist als das Ausgangssignal, wird die Bearbeitung nach einer gewissen Zeit ausklingen, denn nach wie vor geht ja auch das unbearbeitete Signal, jetzt zusammen mit dem bearbeiteten Signal, zum Ausgang. Alles klar? Manchmal sagt ja ein Bild mehr als die 181 Worte dieses Absatzes, daher habe ich das mal aufgemalt.
Musikereffekt Delay – die wichtigsten Parameter von Echo & Co.
Wir Musiker benutzen, wenn wir ein Delay verwenden, also eine aufgebohrte Variante des puren Verzögerungseffekts. Denn wir wollen ja das Signal nicht einfach nur verzögern, sondern das verzögerte Signal wieder dem Ausgangssignal hinzufügen und vielleicht sogar noch modulieren. Dafür verfügen die meisten modernen Delay-Geräte über drei ganz einfache Parameter:
- Mix: Hier bestimmen wir, wie das Mischungsverhältnis zwischen Ausgangssignal und bearbeitetem Signal sein soll. Beim Einsatz als Insert-Effekt, zum Beispiel als Bodentreter zwischen Gitarre und Amp, wird das bearbeitete Signal zum Ausgangssignal dazugemischt, je mehr, desto lauter wird der Effekt. Wird das Delay als Send-Effekt bei einem Mixer benutzt, steht der Regler auf 100 % und nur das Effekt-Signal kommt zurück. Bei vielen Software-Varianten können das Ausgangssignal (Dry) und das Effektsignal (Wet) auch getrennt voneinander geregelt werden.
- Delay Time: Damit wird die Verzögerungszeit des Effektsignals bestimmt. Früher ging das nur in Millisekunden, bei modernen Effektgeräten, gerade im Software-Bereich, kannst du hier aber auch einen Notenwert eingeben und die Synchronisierung aktivieren, damit das Delay passend zum Tempo des Songs läuft.
- Feedback (manchmal auch Regen oder Repeat): Mit diesem Regler bestimmst du, wie viel vom verzögerten Signal wieder an den Anfang „zurückgefüttert“ werden soll, um dann noch einmal durch die Verzögerung zu laufen. So bestimmst du die Anzahl der Wiederholungen und wie der Effekt ausklingen soll, von einer kurzen Wiederholung bis zum niemals endenden Klangteppich.
Musikereffekt Delay – vom Stereo Delay bis zum Tape Delay
Okay, das war die Basisversion des Delays, wie du sie zum Beispiel gerne bei Gitarreneffekten findest. Die meisten Delays können aber noch deutlich mehr! Sehr oft kannst du den Frequenzgang des Effektsignals begrenzen und ihm Bässe und Höhen wegschneiden. Das ist nützlich, damit das Delay zwar deutlich hörbar bleibt, den Mix aber nicht zumüllt, gerade bei vielen Wiederholungen.
Stereo Delay
Beim Stereo-Delay wiederum kannst du beide Kanäle nicht nur unabhängig voneinander verzögern und mit Feedback versehen, sondern das Effektsignal der einen Seite auch zur anderen schicken – und umgekehrt! Dadurch kannst du im Stereobild umherfliegende Signale erzeugen und so für einen sehr breiten Sound sorgen.
Tape Delay
Das Tape Delay wiederum wird heutzutage als besonderer Effekt eingesetzt. Aber es gab mal eine Zeit, als dieser Effekt tatsächlich mit Band erzeugt wurde – und ja, man kann immer noch Tape Delays mit echtem Band kaufen, zum Beispiel das T-Rex Replicator D´Luxe Tape Echo. Das Signal wird dabei tatsächlich auf einem Tonband aufgenommen und verzögert wieder ausgespielt. Das Besondere am Tape Delay ist, dass man mit einem Regler die Bandgeschwindigkeit in Echtzeit beeinflussen kann. So wird das Signal mit unterschiedlicher Geschwindigkeit aufgezeichnet und so schneller, langsamer, höher oder tiefer wiedergegeben. Zwar kann man die Parameter bei nahezu jedem Delay in Echtzeit verstellen, aber nur beim Tape Delay gibt es so ausgefallene Ergebnisse.
Tempo Delay
Vielleicht läuft dir mal so ein Effekt in einem Multieffektgerät über den Weg und du wunderst dich, was das ist. Das ist ein zum Tempo synchronisierbares Delay, eine Funktion, die seit den ganzen Software-Plug-ins selbstverständlich ist. Früher aber stelle man ein Delay auf einen festen Millisekundenwert ein, und das war’s. Dann kamen die ersten Delays, bei denen man passende Notenwerte entweder zu einer festen BPM-Zahl, also dem Tempo in Schlägen pro Minute, oder aber sogar zu einer ankommenden (MIDI-)Clock eingeben konnte. Damit passt sich das Delay nämlich auch an verschiedene Song-Tempi an.
Musikereffekt Delay im Einsatz – Klangbeispiele
Wir wissen nun also, was ein Delay macht, wir wissen wie es das macht, und wir kennen nun verschiedene Arten von Delays. Aber wozu nutzt ein Musiker denn ein Delay? Dazu habe ich euch ein paar einfache Klangbeispiele angefertigt.
Fangen wir mal mit einem ganz banalen Klavier an. Das ist absichtlich ziemlich „hölzern“ gespielt und groovt so kein bisschen. Aber mit einem Tempo Delay mit ein paar Wiederholungen fängt es auf einmal an richtig zu grooven!
Jetzt nehmen wir ein Schlagzeug. Zunächst hörst du den Beat, wie er eingespielt wurde. Dann habe ich auf die Bassdrum ein Delay gegeben, danach auch noch auf die Snare. Zum Schluss hörst du die Snare mit Delay solo. Der Beat verändert sich ganz schön, oder?
Und nun mal etwas Schräges! Der Groove, ein Beguine-Rhythmus, stammt aus einem Arranger-Keyboard aus den 80ern. Darüber spielt eine Klarinette. Klingt alles eher flach, bis die Klarinette mit einem Tempo Delay mit Vierteln aufgepeppt wird, die auch noch im Panorama wandern. Nun bekommt der Sound – und darum geht’s in diesem Beispiel – richtig Tiefe. Das einfache Begleitpattern fällt gar nicht mehr auf.
Und zum Schluss noch das Tape Delay. Ein Toy Piano, also eins dieser kleinen Miniklaviere, spielt eine ganz einfache Viertelmelodie. Dann setzt das Tape-Delay ein. Interessant wird es, wenn man am Geschwindigkeitsregler dreht, denn nun werden die Veränderungen einen Bandumlauf lang aufgezeichnet und wiedergegeben. Damit sind tolle Effekte möglich.
Ist doch ziemlich eindrucksvoll, was man alles mit einem einfachen Delay-Effekt machen kann!
Delay – Einsatz im PA-Bereich
Die Übersetzung des Worts Delay sagt doch eigentlich, dass der Effekt erst einmal nur eine Verzögerung macht! Das am Eingang ankommende Signal wird doch nur um einen einstellbaren Zeitwert später wieder ausgegeben. Ja, das ist AUCH korrekt! Denn genau so ein Delay von den Menschen eingesetzt, die uns Musikerinnen und Musiker so toll in Szene setzen: bei der PA-Crew.
Benutzt man nämlich in großen Räumen viele Lautsprecher, so braucht der Schall, der direkt von der Bühne kommt, länger als der der Lautsprecher. Denn das mikrofonierte Signal ist einfach schneller beim Lautsprecher. Schon kommen die Zuhörer völlig durcheinander, da für sie die Klangquelle immer da ist, wo das Signal zuerst herkommt.
Und da der Fluxkompensator anscheinend doch noch nicht so zuverlässig arbeitet, wie uns das Doc Brown glauben lassen will, und wir dementsprechend keine zu späten Signale „vorziehen“ können, müssen die sonst zu früh ausgespielten Signale halt exakt so lange verzögert werden, bis der Ton von der Bühne endlich beim Publikum eingetroffen ist. Schon weiß dieses wieder, wo der Sound herkommt und schaut auf die Bühne und nicht zur PA.
Ganz nebenbei: Schall schafft in einer Sekunde einen Weg von 343 Metern (bei einer Temperatur von 20 Grad Celsius, um mal ganz genau zu sein). Das bedeutet, dass er für einen Meter rund 3 Millisekunden benötigt. Wenn eine Bühne 10 Meter vom Publikum weg steht, kommt der Sound also schon 30 Millisekunden später an. Ob man das hört? Probiere es mal mit einem Delay deiner Wahl aus! Du wirst sehen, dass du schon eine Verzögerung von ein paar Millisekunden deutlich hörst und bereits vorher irgendetwas wahrnimmst. 30 Millisekunden werden dir wie eine halbe Ewigkeit vorkommen.
Das Delay – die Mutter aller Effekte
Wie jetzt? Das Delay ist was? Die „Mutter“ aller Effekte? Darauf soll alles basieren? Die Antwort ist: Ja, zumindest fast alles! Ein Chorus zum Beispiel ist nichts anderes als mehrere verzögerte Signale, die dem Ausgangssignal beigemischt werden. Und sogar alte Hallgeräte funktionieren so, dass ein Signal durch eine schwingende Mechanik geschickt wird und die Verzögerung mit der Schwingung einen künstlichen Nachhall erzeugt.
Okay, das war jetzt alles stark vereinfacht, ausführlich gibt’s das in den Artikeln zu den entsprechenden Effekten. Aber du siehst: Ohne Delay wären weder moderne Musik noch größere Veranstaltungen mit großer PA möglich.