Der Flamenco erinnert uns an südländische Lebensfreude und Impulsivität. Es ist nicht lediglich ein Musikstil, es ist eine kunstvolle Lebensart. Leicht nachvollziehbar, wenn du von der aus Andalusien stammenden Musik fasziniert bist. Wir sind es auch. Und wenn du eine Flamenco-Gitarre kaufen möchtest, haben wir hier ein paar Tipps für dich.
Check it: Was du über die Flamenco-Gitarre wissen solltest
- Alles andere als eine Standard-Klassikgitarre
- Deutliche bauliche Unterschiede
- Markante Klangunterschiede
- Exkurs in die Anforderungen des Flamenco
- Bebalkung und spezielle Spielweise
- Ein paar typische Beispiele
Flamenco-Gitarren kaufen – und weshalb das keine Standard-Klassik ist
Wenn man eine Flamencogitarre und eine übliche klassische Gitarre nebeneinanderstellt, kann man die Instrumente zumindest mit Laienblick kaum voneinander unterschieden. Optisch sind sich die beiden zum Verwechseln ähnlich. Dabei haben sie sowohl klanglich deutliche Unterschiede. Das ist zwar keine optische Täuschung und hat ganz konkrete Gründe, aber ein wenig kurios ist es durchaus. Immerhin erkennt man zugleich, welche Auswirkungen die Bauweise, die Konstruktionsdetails und das verwendete Material im Gitarrenbau haben. Wenn du eine Flamencogitarre kaufen möchtest, solltet du über die Besonderheiten informiert sein. Okay, dann mal los:
Verwandt aber keineswegs identisch
Die Flamenco-Gitarre ist selbstverständlich mit der herkömmlichen Konzertgitarre eng verwandt. Und somit ist die Grundform auch identisch. Doch es gibt vielfältige Abweichungen. Das beginnt schon mal bei dem verwendeten Hölzern. Indes die Decken in der Regel aus kanadischer Zeder oder deutscher Fichte gefertigt werden, kommt für die Böden und Zargen in der Regel leichtes spanisches Zypressenholz zum Einsatz. Zudem sind die Hölzer dünner als bei Klassikgitarren. Die Hölzer sind übrigens auch namensbestimmend. Flamenco-Gitarren aus Zypressenholz werden als Blanca bezeichnet, solche aus Palisander als Negra.
Deutliche bauliche Unterschiede
Damit lange noch nicht genug der baulichen Unterschiede. Zugleich ist der Korpus weniger tief als bei Konzertgitarren. Die Zargen sind etwa zwei bis drei Zentimeter schmaler. Das hat schon mal die Auswirkung, dass das Instrument leichter als die klassische Verwandte ist. Wenn du eine Flamenco-Gitarre kaufen möchtest, erstehst du im wahrsten Sinne des Wortes ein Leichtgewicht.
Speziell abgestimmt auf die Anforderungen des Flamenco
Um zu verstehen, weshalb diese und weitere Unterschiede überhaupt nötig sind, sollten wir uns zunächst mal mit dem Flamenco selbst auseinandersetzen. Die speziellen Wurzeln des Flamenco führen uns insbesondere ins spanische Andalusien und angrenzende Regionen. Dort ist er nicht nur Ausdruck der spanischen Folklore und gilt als universelle Kunst. Im Jahr 2010 wurde der Flamenco sogar zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt. Der leidenschaftliche, hingebungsvolle Tanz wird mit viel Hingabe gelehrt und zelebriert.
Die drei Gesichter: Gesang, Tanz und Gitarre
Die drei Gesichter des Flamenco sind der Gesang, der Tanz und die Gitarre, außerdem die typischerweise eingesetzten Kastagnetten und die speziellen Fußgeräusche der Tänzer und Tänzerinnen. Das heißt per se, dass die Gitarre ausreichend durchsetzungsfähig sein muss, um einerseits die tragenden Rolle übernehmen zu können, andererseits in den Klängen der Kastagnetten und Schritte nicht unterzugehen. Wenn du dir eine Flamenco-Gitarre kaufen willst, wirst du schnell merken, dass das Instrument tatsächlich deutlich lauter und auch perkussiver als eine Klassikgitarre ist. Die Amplitude schlägt insbesondere in den Spitzen weiter auf, verebbt aber auch schneller. Das heißt, der lange anhaltende sonore Klang der klassischen Gitarre ist nicht die Zielsetzung.
Mit speziellem Klang durchsetzungsfähig
Der Klang der Instrumente fokussiert sich auf den höhenbetonten und mittleren Bereich. In den Mitten und Höhen sind Flamenco-Gitarren vergleichsweise sehr laut. Die tiefen Frequenzen hingegen sind kaum wahrnehmbar bis gar nicht vorhanden. Zielsetzung beim Bau von Konzertgitarren ist der warme und homogene Klang über sämtliche Frequenzbereiche hinweg. Exakt das ist bei der Flamencogitarre nicht gewünscht. Erreicht wird das übrigens auch dadurch, dass bei die Saiten bei manchen Instrumenten extrem stark gespannt sind.
Saitenlage aktuell nicht mehr so tief wie früher
Bei der Saitenlage war lange Zeit eine im Vergleich zur Konzertgitarre niedrige Lage mit geringem Abstand zum Griffbrett üblich. Auf diese Weise konnte einerseits die Spielweise trotz straffer Saitenspannung wiederum erleichtert werden. Zugleich ergeben sich dadurch die typisch perkussiven Schnarr-Geräusche, das durchaus gewollte Knacken im Hintergrund. In der jüngeren Vergangenheit hat sich ergeben, dass viele der Flamenco-Gitarristen auch konzertant spielen. Und weil die Nebengeräusche bei dieser Spielweise nicht erwünscht sind, sind viele Hersteller inzwischen zu einer höheren Saitenlage übergegangen, wofür wiederum die Steg-Höhe verantwortlich ist.
Golpeador als schützendes Schlagbrett
Gerade weil die Spielweise in der Regel äußerst perkussiv ist, wird bei manchen Gitarren über ein spezielles Bauteil die Decke vor Beschädigungen geschützt, dem sogenannten „Golpeador“. Letztlich ist das wie ein Pickguard bzw. Schlagbrett bei einer Western- oder E-Gitarre. Auf alle Fälle ein „Schutzschild“, was man bei einer normalen klassischen Gitarre in dieser Form nicht finden wird.
Spezielle Bebalkung im Korpus-Inneren
Ein wesentlicher Faktor für den Klang einer akustischen Gitarre ist die sogenannte Verbalkung. Im Inneren des Korpus werden verschieden dimensionierte Balken angebracht, die einerseits die gesamt Konstruktion stabilisieren, aber auch den speziellen Klang- und Lautstärkeeigenschaften unterstützen sollen. Die Auswirkungen des Balkensystems auf den Gesamtklang können gar nicht hoch genug bewertet werden. Ohne Balken würde die Decke unkontrolliert schwingen, Aufgabe der Bebalkung ist es, die Schwingungen und Vibrationen zu kontrollieren.
Verbalkungsmuster werden als eines der wichtigsten Charakteristika der Gitarre verstanden. Auf die einzelnen Systeme hier erschöpfend einzugehen, würde den Rahmen vermutlich sprengen. Klar sein sollte aber, wenn du eine Flamenco-Gitarre kaufen möchtest, dass die Bebalkung von der klassischer Gitarren abweicht. In der Regel werden mehr Balken verbaut, wodurch der erwünscht trockene Klang zusätzlich definiert wird.
Für den harten Klang nah am Steg gespielt
Tatsache ist, dass der Klang des Instrumentes natürlich hauptsächlich von der Spielweise und der Spieltechnik abhängt. Und damit wären wir wieder mal bei unserer immer wieder überzeugten Aussage: Das eigentliche Instrument bist du selbst! Die Spielweise ist durchaus härter und somit auch anstrengender, besonders in den Zeiten, als die Gitarre als reines Begleitinstrument galt. Zudem wird die Durchsetzungsfähigkeit mit minimalem Sustain dadurch erreicht, dass mit der Anschlaghand sehr nah am Steg gespielt wird. Ein klassischer Gitarrist würde vermutlich durchdrehen, ein „Tocador“ eben nicht.
Thomann Classica Flamenco 1F – der preisgünstige Einstieg
Den günstigen Einstieg in die Welt des Flamenco ermöglicht die Thomann Classica Flamenco 1F. Ausgestattet mit einer massiven Fichtendecke bietet sie eine direkte Tonansprache und den gewünscht perkussiven Klang. Konzipiert ist das Instrument für den soliden Einsatz im Flamenco. Letztlich aber kannst du natürlich auch andere Genres darauf spielen. Gefertigt wird dieses Instrument übrigens in Portugal, womit schon mal klar wäre, dass der emotionale Flamenco seine Fans keinesfalls nur in Andalusien hat.
Cordoba F7 Flamenco – eine Stufe höher ins Regal gegriffen
Um ein sehr beliebtes und gleichermaßen bewährtes Modell handelt es sich bei der Cordoba F7 Flamenco. Die Gitarre wird aus den Flamenco-typischen Hölzern gefertigt. So besteht die Decke aus massiver Fichte, der Boden und die Zargen aus Zypresse. Das Instrument zeichnet sich durch gute Bespielbarkeit mit nicht allzu flacher Saitenlage aus und liefert dir einen ausdrucksstarken Klang, tatsächlich ist es der authentische Flamenco-Klang nach dem Vorbild der historischen spanischen Gitarrenbautechnik. Besonders gut für diesen Preisbereich, der integrierte Halsstab, über den die Halskrümmung nachjustiert werden kann. Außerdem verleiht er dem Hals die erforderliche Stabilität.
Alhambra 10 Fc Flamenco incl. Case – die absolute Schönheit
In eine andere Preis- und Klangebene begeben wir uns mit der 10 Fc von Alhambra. Wenn du eine qualitative Flamenco-Gitarre kaufen möchtest, könnte dies das Instrument deiner Wahl sein. Bei der Gitarre handelt es sich optisch um eine absolute Schönheit mit zauberhafter Struktur, schwarzem Binding und goldfarbenen Mechaniken, wobei sowohl die Verarbeitung als auch die Materialwahl sehr gut sind. Für die Decke kommt typischerweise massive Fichte zum Einsatz. Boden und Zargen bestehen aus ebenfalls massiver Zypresse. Ausgestattet ist das Instrument mit einem transparenten Schlagbrett, einem „Golpeador“, der die Decke vor deinen Fingernägeln schützt.
Felipe Conde FP-14 Flamenco Estudio
Die Eigenansprüche der spanischen Gitarrenbauer befinden sich auf hohem Niveau. Beim der Fertigung von Flamenco-Gitarren darf es keine Kompromisse geben; immerhin ist das für die stolzen Südländer eine Frage der Ehre. Ein gutes Beispiel dafür ist die Felipe Conde FP-14 Flamenco Estudio. Um es gleich vorweg auf den Punkt zu bringen: Die Gitarre wird aus mehr als 30 Jahre abgelagertem, in der Manufaktur luftgetrocknetem Tonholz gefertigt. Beachtlich, jetzt sollten wir einen Moment Pause machen und diesen Eindruck erstmal sacken lassen. Quatsch, weiter geht’s. Das Instrument wird von Hand in Madrid mit den typischen Hölzern gefertigt: massive Fichte für die Decke, massive Zypresse für Boden und Zargen.
Felipe Conde FC-28 Flamenco Concierto
Und wo wir schon mal in höheren Preisregionen schwelgen, können wir es uns nicht nehmen lassen, noch einen richtigen Hammer draufzusetzen. Die FC28 von Felipe Conde aus Madrid ist ein echtes Trauminstrument. Wie das eben genannte Modell wird auch für dieses Instrument über mehr als 30 Jahre abgelagertes, in der Manufaktur luftgetrocknetes Tonholz verwendet. Das ist aber längst nicht alles. Indes die Decke aus selektierter massiver Fichte besteht, werden Boden und Zargen aus massivem Palisander gefertigt. Konzipiert ist die Gitarre mit traditioneller Esteso-Deckenverbalkung. Wenn du diese Flamenco-Gitarre kaufen möchtest, kannst du schon mal deinen Kleinwagen verkaufen. Für das Instrument werden mehr als 12.500 Euronen aufgerufen.
Flamencogitarre zu spielen ist impulsiv, emotional und stolz. Und das Spiel auf der Flamencogitarre unterscheidet sich grundsätzlich von dem auf der herkömmlichen Konzertgitarre. Mit dem Blick über den andalusischen Tellerrand, wirst du eine ganz besondere musikalische Faszination erleben.
Check it: Flamencogitarre spielen
- Die Unterschiede zwischen Flamenco- und Konzertgitarre
- Wie du den speziellen Klangcharakter entwickelst
- Die Geheimnisse des angelegten Daumens
- Die Techniken der Schlaghand
- Perkussive Schläge auf dem Korpus
Flamencogitarre spielen – keinesfalls identisch mit der Konzertgitarre
Zumindest für musikalisch weniger Versierte sieht die Flamencogitarre auf den ersten Blick aus wie eine herkömmliche Konzertgitarre. Dass sie das nicht ist, obschon die Formen sich sehr ähneln, haben wir bereits in unserem Artikel zum Thema „Flamencogitarre kaufen und in die andalusische Musik eintauchen“ beleuchtet. Die Flamencogitarre besitzt schmalere Zargen und ist wesentlich leichter gebaut als ihr klassisches Pendant, was den höhenbetont perkussiven Klangcharakter unterstützt. Auch ist die Saitenlage deutlich flacher. Und das aus gutem Grund: Dadurch sind die teils rasanten Läufe mit der Greifhand leichter spielbar, außerdem werden so die im Flamenco üblichen knackigen und perkussiven Töne ermöglicht. Da werden die Saiten beim Flamencogitarre spielen auch gerne mal auf das Griffbrett gekloppt.
Flamencogitarre spielen – unverkennbare Unterschiede in der Spielweise
Wenn du Flamencogitarre spielen möchtest, wirst du zum impulsiven Gitarrero und treibenden Perkussionisten in Personalunion. Zugegeben, diese vermeintliche Symbiose war jetzt mindestens eine Stufe zu hoch ins Regal gegriffen, verdeutlicht aber, dass die Spieltechniken auf der Konzertgitarre und der Flamencogitarre sich stark voneinander unterscheiden. Lasst uns gemeinsam einen Ausflug zu den Wurzeln des Flamenco nach Andalusien und die angrenzenden Regionen machen. Werfen wir einen Blick auf die speziellen Spieltechniken.
Vollkommen anderer Klangcharakter gefordert
Ein wesentlicher Unterschied ist bereits der Klangcharakter, der aus der Haltung bzw. Lage der Anschlagshand resultiert. Bei der Konzertgitarre sind eher weiche Töne mit langem Sustain gewünscht. Dafür befindet die Anschlagshand sich in der Regel etwa über dem Schallloch, oftmals noch ein paar Zentimeter weiter vorne. Demgegenüber ist bei der Flamencogitarre ein eher harter Klangcharakter mit wenig Sustain und starkem Attack gefordert. Um das zu erreichen wandert die Hand näher an den Steg, sodass die Töne knackiger und trockener werden und weniger lange ausklingen. Klar, das kennt man in Ausnahmefällen wie beim Pizzicato auch von der Konzertgitarre. Wenn du aber Flamencogitarre spielen möchtest, ist das nicht die Ausnahme, sondern die Regel.
Rasgueado
Rasgueado ist als Spieltechnik besonders in der Flamenco-Musik verbreitet. Am leichtesten verstehen kann man die Bezeichnung vielleicht durch die Übersetzungen aus dem Spanischen ins Deutsche: Rasqgueado stammt von dem Verb „rasgar“ und das bedeutet übersetzt soviel wie „reißen“ oder „zerreißen“. Plakativ beschrieben wird mit dieser Analogie die Art, wie die Finger die Saiten anspielen, sie also in Ab- und Aufwärtsbewegung anreißen. Tatsächlich aber ist das auch die Technik, die am häufigsten verkehrt ausgeführt wird und dann letztlich als Schrammeln erklingt. Das war nicht der Sinn der Technik, da hätten wir auch gleich zu Hause bleiben können.
Die Töne werden dabei mit den Fingernagelkuppen erzeugt, wobei zugleich die Geräusche des Anschlags deutlich zu hören sind. Der Klangcharakter wird durch den Einsatz des ausschließlich vorderen Teils der Fingernägel automatisch obertonreich und prägnant. Akustik- als auch E-Gitarristen ist dieser Effekt bekannt, wenn sie ein Plektrum ganz kurz fassen und wirklich nur mit der knappen Spitze Flamencogitarre spielen.
Einfacher Rasgueado
Die Bewegung der Finger kommt beim einfachen Rasgueado aus einer anfänglichen Beugung in Richtung Handballen. Der Daumen berührt als Stütze konsequent die tiefe E-Saite. Nun schnellen vier Finger gleichzeitig aus dem Handballen und reißen mehrere oder alle Saiten an. Stell dir vor, du würdest mit vier kurz gefassten Plektren gleichzeitig die Saiten anspielen. Schon wird dir bewusst, mit welcher Dynamik bereits der einfache Rasgueado durchgeführt wird, wenn du Flamencogitarre spielen möchtest.
Geteilter Rasqueado
Darüber hinaus gibt es die Spieltechnik des sogenannten geteilten Rasgueado. Verbleibt die Frage, was da nun geteilt werden soll. Nicht lange wundern: Es sind die Finger. Statt dass die vier Finger gleichzeitig zum Einsatz kommen, werden die Bewegungen nun von jeweils zwei oder drei aufgeteilten Fingern durchgeführt. Was sich an dieser Stelle nach Bequemlichkeit anhören könnte, ist es keinesfalls. Denn erstens wird mit den jeweiligen Fingerpaaren nun abwechselnd gespielt und zweitens gibt es auch noch das Tremolo-Rasgueado, bei dem die Fingerpaare den anreißenden Wechselschlag zeitglich in unterschiedliche Richtungen machen. Versuch diese Bewegung mal ohne Gitarre; das ist schon irre.
Flamencogitarre spielen – Pulgar
Pulgar bezeichnet die spezielle Daumentechnik. Mit dem Daumen wird sowohl im traditionellen als auch modernen Flamenco auch heute noch viel gespielt. Den Daumen legst du üblicherweise an die Saite an, wenn du nicht einfach Konzertgitarre, sondern Flamencogitarre spielen willst. Dadurch, dass der Daumen in nahezu sämtlichen Fällen zunächst angelegt – apoyando – spielt, schwingt die Saite eben nicht bei anderen klingenden Tönen mit und – sobald die Saite angespielt wird, ist der Ton besonders druckvoll. Interessanterweise wird ja in anderen musikalischen Genres und auch auf dem Bass das bestimmende Spiel mit dem Daumen vermieden oder zumindest nicht so weit nach vorne getrieben. Bei der Flamencogitarre kommt dem Daumen demgegenüber höchste Bedeutung zu. So wurden bis in die 50er-Jahre hinein Melodiefolgen, Skalen und Läufe ausschließlich mit dem Daumen gespielt. Wichtig ist die korrekte Winkelstellung der Hand, um den schönsten und vollsten Ton aus dem Instrument zu kitzeln.
Alzapua
Bei Alzapua sprechen wir von einer Spieltechnik, die so in dieser Form nur bei der Flamencogitarre zu finden ist und die hat eben auch unmittelbar mit dem Daumen zu tun, der dabei auf eine gleichermaßen rasante wie ungewöhnliche Reise geschickt wird: Beim Alzapua schlägt der Daumen in schneller Abfolge wie ein Plektrum in Auf- und Abwärtsbewegung verschiedene Saiten an. Ausgeführt wird die Technik auf einer, zwei oder drei Saiten. Daraus entsteht besondere Symbiose; der Daumen wird gewissermaßen zum Hybriden. Er spielt einerseits eine stark rhythmusbetonte Bassbegleitung, die in der Regel sehr melodisch gehalten ist, auf der anderen Seite ergibt sich daraus eine Akkordbegleitung. Dabei gibt es sogar eine unausgesprochen Faustregel: Einen Flamencogitarristen erkennt man an seinem Daumen. Ein paar Töne reichen aus, um zu wissen, was er beim Flamencogitarre spielen drauf hat.
Picado
Wenn du Flamencogitarre spielen möchtest, profitierst du davon, dass du mehrere Finger hast. Denn die werden auch dringend benötigt, wo etwa beim Picado. Bezeichnet wird damit der wechselnde Anschlag mit Zeige- und Mittelfinger, wobei es sich um einen Wechselschlag mit Anlegen (Apoyando) handelt. Bekannt ist diese Technik von den großen Meistern der Flamencogitarre wie Paco de Lucia und Co. Picado im Flamenco unterscheidet sich von der klassischen Spielweise insbesondere durch die Fingerhaltung. Indes klassische Gitarristen den Wechselschlag oftmals mit gestreckten Fingern ausführen, geht es bei der Flamencogitarre vordringlich darum, die Bewegung so kurz wie möglich und bei geringstmöglicher Krümmung des Wurzelgelenks durchzuführen. Also nicht – wie auf der Konzertgitarre üblich – aus dem Grundgelenk der Finger, stattdessen aus dem Mittelgelenk. Wer auf der klassischen Gitarre gelernt hat, wird sich für diese Technik umgewöhnen müssen, wenn er Flamencogitarre spielen möchte. Gekonntes Picado gehört eindeutig zu den Spieltechniken der Flamenco-Meister.
Golpe
Wenn du Flamencogitarre spielen willst, hast du nicht nur die Erlaubnis, mit der Handfläche, dem Daumen oder dem Mittelfinger auf die Gitarrendecke oder das Griffbrett zu schlagen. Vielmehr ist auch dieses eine der typischen Spieltechniken. Der Golpe kann an den unterschiedlichsten Positionen auf der Gitarre ausgeführt werden, die häufigste, weil komfortabelste, zumal man die Hand nicht weiter von ihrer eigentlichen Position entfernen muss, ist die Ausführung des Golpe mit dem Ringfinger unter den Saiten. Aber bitte nicht ohne Schlagschutz auf dein kostspieliges Instrument klopfen und schon mal gar nicht mit dem Nagel. Beschädigen am Holz wären unausweichlich. Als Schlagschutz dient der sogenannte Golpeador, der üblicherweise sogar verschoben werden kann.
Tresillos
Alles was in einer 3er-Bewegung abläuft, wird bei der Flamencogitarre mit Tresillos bezeichnet. Wenn man Flamenco spielen möchte, muss man sich allerdings auch hier vom hiesigen musiktheoretischen Verständnis – oder ist es eher das Gefühl? – verabschieden. Denn es geht keinesfalls ausschließlich um Triolen, bei denen dann etwa drei Töne auf zwei Achtel gepackt werden. Vielmehr wird damit alles bezeichnet, was ein 3er-Rasgueado ist.
Arpegio
Die Unterschiede in der Bezeichnung sind marginal, deren Bedeutung aber elementar. Beim bekannten Arpeggio handelt es sich um eine herkömmliche Akkordzerlegung, bei der die Töne eben nacheinander und in der Regel ohne angelegten Daumen gespielt – die Akkorde zerlegt – werden. Demgegenüber steht das Arpegio im Flamenco, bei dem der Daumen angelegt wird. Der Klangcharakter ist ein vollkommen anderer.
Tremolo
Auch in Sachen Tremolo ist beim Flamenco alles ein wenig anders. Den Effekt kennt man in der hiesigen Musik als rasantes Spiel in binären Zählzeiten, also üblicherweise in vier 16-teln oder 32-teln, wobei die Zählzeiten, eben immer gerade bleiben. Anders im Flamenco. Hier werden nicht vier, sondern fünf Töne auf eine Viertelzählzeit gespielt. Eine solche Aufteilung nennt sich Quintole. Die Bezeichnung unterscheidet sich nicht zum klassischen Gitarrenspiel, die Ausführung hingegen ist typisch für die Spieltechniken auf der Flamencogitarre. Allein durch diesen Trick, den man erst einmal verinnerlicht haben muss, erhalten das Timing und der Rhythmus beim Flamencogitarre spielen eine vollkommen andere Dynamik.
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