8 E-Gitarren-Typen und Korpusformen mit Kultfaktor

Ein Ausflug zu den Ursprüngen

| Foto: Shutterstock von Taya Ovod

Die E-Gitarre ist ein bautechnisches Wunderwerk. Das wussten wir längst. Nicht nur die Gitarristen sind Künstler, auch die Gitarrenbauer. Und unter denen gab es beeindruckende Pioniere, von denen die Musikgeschichte mitgeprägt wurde. Entwickelt haben sich auf den ersten Blick identifizierbare E-Gitarren-Typen und Korpusformen mit Kultfaktor. Hier lediglich eine kleine Auswahl der Legenden:

Check it: E-Gitarren-Typen und Korpusformen

  • Stratocaster und Telecaster
  • Les Paul, SG, Flying V und ES-Modelle
  • Power Strat als Hochgeschwindigkeitsantwort
  • Indie- und Grunge-Kultinstrument: Jazzmaster

Kultige E-Gitarren-Typen und Korpusformen von gestern bis heute

1. Stratocaster

Nichts Geringeres als die erfolgreichste E-Gitarre der Musikgeschichte ist die und bleibt die Stratocaster. Ein gewisser Leo Fender revolutionierte damit die Gitarrenwelt, seit ihrer Geburtsstunde im Jahr 1954 ist vermutlich keine andere Gitarrenform so häufig im Copyshop gelandet, wie die Strat. Traditionell ausgestattet ist die Stratocaster mit Singlecoil-Pickups – einspuligen Tonabnehmern, was dafür sorgt, dass sie mit der ursprünglichen Bestückung insbesondere im Bereich der Clean-Sounds über Jahrzehnte die unbestrittene Königin unter den E-Gitarren-Typen und Korpusformen war.

Die Stratocaster gehört zu den E-Gitarren-Typen und Korpusformen, die sich aufgrund der Cutaways bis in die hohen Bünde hinweg besonders komfortabel bespielen lassen. Dabei punktet sie mit ästhetischem, kurvenreichem Design und durchdachter Anordnung der Hardware. Inzwischen gibt es zahlreiche Abwandlungen mit unterschiedlichen Bestückungen und abweichender Hardware. Ob die das Potenzial haben, die Stratocaster-E-Gitarre von ihrem Thron zu stoßen, darf bezweifelt werden.

Stratocaster | Foto: Fender (Herstellerbild)
  • Fender Player Series Strat PF PWT – Produkteite auf de.

2. Les Paul

Der ewige Konkurrent der Stratocaster unter den E-Gitarren-Typen und Korpusformen ist die Les Paul. Häufig wird sie von Musikern liebevoll als „Paula“ bezeichnet. Dabei gibt es gleich zwei Kuriositäten. Entworfen und entwickelt wurde sie – daher der Name – vom US-amerikanischen Gitarristen Les Paul, also männlich. Soviel zum umgangssprachlichen Kosenamen Paula. Weiteres Kuriosum ist, dass sie eben nicht die Antwort auf die Fender Stratocaster war. Vielmehr wurde sie 1952 von Gibson als Reaktion auf den immensen Erfolg der Fender Telecaster auf den Markt gebracht.

Die Les Paul gehört bei den E-Gitarren-Typen und Korpusformen zu den ersten echten Solid-Body-Gitarren der Instrumentenbaugeschichte. Zu damaliger Zeit waren die meisten der elektrifizierten Gitarren noch als Semiakustik-Gitarren konzipiert, also mit einem Korpus mit Resonanzraum und in der Decke eingelassenen F-Löchern. Les Paul allerdings wollte ein Instrument erschaffen, das weniger Feedback-anfällig als diese „Holzraum-Gitarren“ war.

Er beauftragte eine renommierte Gitarrenbaufirma, nach seinem Entwurf eine E-Gitarre mit massivem Korpus zu bauen und entwickelt auch gleich die dazu passenden Tonabnehmer. Die Paula ist traditionell mit zwei Humbuckern – doppelspuligen Tonabnehmern – bestückt. Resultat aus Bauform und Tonabnehmerbestückung ist der warme singende Sound bei reichlich Druck. Ein echter Klassiker unter den E-Gitarren; anfangs nur in homöopathischen Stückzahlen verkauft; seit 1968 aber das erfolgreichste Modell des Herstellers und ebenso oft von anderen Marken kopiert.

Les Paul | Foto: von Thomann
  • Gibson Les Paul Tribute STB – Produktseite auf thomann.de.

3. Telecaster

Bereits zuvor, nämlich im Jahr 1950, hatte die Fender Telecaster das Licht der Musikwelt erblickt. Mit der Telecaster läutete Leo Fender die Revolution des E-Gitarrenbaus ein; schnell sicherte sie sich den Ruf als Ikone des Gitarrenbaus. Unter den E-Gitarren-Typen und Korpusformen damaliger Zeit war sie die erste in Massenfertigung produzierte E-Gitarre mit Massivkorpus. Fender setzte damit einen Kontrapunkt zu den damaligen Archtops. Verglichen mit der später folgenden Stratocaster war ihr Korpus noch relativ kantig. Allerdings war – und ist – er auch sehr kompakt und zieht die Gitarristen mit seinem zurückhaltenden Gewicht nicht in die Knie.

Der Sound ist gelebte Legende: höhenbetont und knackig mitsamt dem sagenhaften Twäng. Dabei überzeugt sie mit kristallklar glockenreinem Klang, besonders beliebt etwa in Country & Co., allerdings auch im Mainstream. Berühmte Telecaster-Gitarristen aus der rockigeren Abteilung sind beispielsweise Keith Richards oder Bruce Springfield. Die Tele überzeugt in ihrer Grundversion durch minimalistische Bauform und Ausstattung. Letztlich auch dies ein Grund dafür, dass es etliche Weiterentwicklungen und Kopien gegeben hat. Die Telecaster wird neben der Strat und der Paula zu den Klassikern der E-Gitarrenbaus gezählt.

Telecaster | Foto: von Fender (Herstellerbild)
  • Fender Vintera 50s Telecaster MN FR – Produktseite auf thomann.de.

4. Gibson SG

Zunächst weniger prominent unter den E-Gitarren-Typen und Korpusformen war die SG-E-Gitarre. Spätestens als Angus Young als Leadgitarrist von AC/DC mit seiner Gibson SG vor dem Bauch und dem Tornister auf dem Rücken über die Bühnen dieser Welt raste, erlebte sie einen gigantischen Run und gehörte zu den beliebtesten Modellen schlechthin. Tatsächlich handelte es sich bei der SG um eine Nachfolgerin der Les Paul; anfangs  wurde sie auch so benannt.

Dem Namensgeber war das ein Dorn im Auge, wobei es für seinen Unmut unterschiedliche Überlieferungen gibt. Die Tatsache, dass und vor allem wie sie umbenannt wurde, ist ein Paradebeispiel dafür, wie sogar vergessenes oder nicht für wichtig genommenes Marketing für Verkaufsschlager sorgen kann. Der Name „SG“ steht ganz einfach für Solid Guitar. Schlechter und unmotivierter könnte Markenpflege eigentlich nicht sein. Mit der SG wurde das hohe Gewicht der Paula deutlich minimiert; der straighte, druckvolle und geradlinige Klangcharakter blieb mit leichten Abstrichen an die Wärme erhalten. Ideal für bewegungsagile Gitarreros in Rock und Fusion.

SG | Foto: von Thomann
  • Gibson SG ´61 Standard VC – Produktseite auf thomann.de.

5. Semiakustik

Anders als bei den Massivkorpus-Gitarren ist der Korpus bei elektrischen Archtops vollkommen hohl. Auf der Decke sind F-Löcher eingearbeitet, wodurch diese Halbresonanz-Gitarren eben auch unverstärkt ihre Töne klingen lassen, wenngleich mit massiv reduzierter Klangausbeute. Tatsächlich aber haben sie mit einer akustischen Gitarre abgesehen von ihrer Herkunft nichts zu tun. Vielmehr geht es bei den ES-Gitarren und Archtops um einen speziellen E-Gitarrensound. Aufgrund des hohlen Korpus‘ mit entsprechendem Resonanzraum klingen sie grundsätzlich wärmer und weicher als ihre instrumentalen Verwandten mit massivem Body.

Die Domäne der Semiakustik als eigenständige unter den E-Gitarren-Typen und Korpusformen ist der Jazz, eines der facettenreichsten musikalischen Genres, in dem eben dieser warme Ton sehr gefragt ist. Ebenso gefragt sind die Halbresonanzgitarren auch im Blues, beispielsweise genutzt von B.B. King, oder im Rock’n’Roll. Chuck Berry mit seinem Duck-Walk ist wohl jedem bekannt. Diese Gitarren haben einen größeren Korpus, wobei die ES-Modelle flacher sind als etwa die Archtops. Zu den Legenden gehört beispielsweise die ES-335, die von Gibson 1958 eingeführt wurde.

ES 335 | Foto: von Gibson (Herstellerbild)
  • Gibson ES-335 Figured 60s Cherry – Produktseite auf thomann.de.

6. Flying V

Die Musik und der Musikgeschmack änderte sich spätestens mit dem Aufkommen des Hard Rock. Konkrete Auswirkungen hatte das auch auf die E-Gitarren-Typen und Korpusformen. Die Gitarren sollten nicht nur bretthart klingen, stattdessen auch optisch den hart rockenden Zeitgeist widerspiegeln. 1958 war die Geburtsstunde der Flying V und der Explorer, zwei von Gibson konfektionierten Modellen. Besonders prägnant bei der Flying V ist die Form des Korpus, eben das „fliegende V“, wobei auch der Headstock in Form einer breiten Speerspitze designt ist.

In den ersten Jahren sorgten diese Modelle für knirschende Zähne bei Gibson, die Verkaufszahlen entwickelten sich zum vielzitierten Desaster. Später dann, adaptierten Heavy-Metal Bands diese Gitarre für sich, was für einen verkaufsfreudigen Schub mit Vorbildern wie Michael Schenker sorgte. Auch gab es etliche ähnelnde E-Gitarrentypen und Korpusformen wie etwa die Randy Rhoads von Jackson. Unbedingt abgefahrenes Design. Die Problematik, dass man die Flying V eigentlich nicht im Sitzen spielen konnte, allenfalls mit akrobatischer Körperhaltung, nahmen und nehmen die Gitarristen dafür gerne in Kauf.

Flying V | Foto: von Thomann
  • Gibson Flying V Antique Natural – Produktseite auf thomann.de.

7. Power Strat

Die Powerstrats gehören zwar nicht zu den traditionsbehafteten Klassikern, haben sich aber seit Jahrzehnten einen höchst populären Rang unter den E-Gitarren-Typen und Korpusformen erarbeitet. Dabei spielte ihnen der Zeitgeist unmissverständlich in die Hände. Nachdem die Paula in ihren unterschiedlichsten Versionen und mit ihrer reduzierten Ausstattung ohne Tremolo sich lange Zeit nahezu auf Augenhöhe mit der Strat befand, wurde sie zeitweilig Opfer der breiten Meinung. Sie galt als bieder, langweilig, nicht inspirierend und wurde nur den ewig Gestrigen auf die Visitenkarte geschrieben.

Das Ergebnis war, dass eine Gitarrenform, die schon aufgrund der Pickup-Bestückung nicht für die Musik der härteren Gangart konzipiert war, nunmehr radikal verändert wurde. Auf Basis der Stratocaster entstanden die Power Strats, die im Endergebnis mit dem Vorbild nichts mehr zu tun hatten. So wurden diesen Gitarren Humbucker als Tonabnehmer – meist in der Kombination mit einem mittig platzierten Single Coil – verpasst. Etliche hatten ein Floyd Rose Tremolo-System mit an Bord.

Der Ausgangspegel wurde drastisch erhöht. Im Laufe der Zeit haben  sich daraus höchst eigenständige Linien entwickelt. Zusammen hing das auch mit den Gitarristen, die dem Tapping-Style von Eddie van Halen folgten, wie dem Hochgeschwindigkeits-Gitarrenzauberer Steve Vai, dem von Ibanez ein Modell auf den Leib geschneidert wurde.

Power Strat | Foto: von Ibanez (Herstellerbild)
  • Ibanez PIA3761-SLW – Produktseite auf thomann.de.

8. Jazzmaster

Anfangs war die Jazzmaster ein Ladenhüter, an die Erfolge der Stratocaster und Telecaster anzuknüpfen schien lange Zeit undenkbar. Die Hoffnung darauf, dass sich das eines Tages ändern würde, hatte Fender schon beinahe an den berüchtigten Nagel gehängt. Und plötzlich stellte sich die musikalische Welt in ihrer glücklicherweise permanenten Entwicklung wieder selbst auf den Kopf. Die Bands und deren Publikum wandten sich immer weiter vom Mainstream ab. Grunge, Indie, Alternative Rock und zahlreiche weitere Genres, die sich bis dahin eigentlich in Nischen aufgehalten hatten, traten ihren Siegeszug an.

Und damit auch die längst totgeglaubte Jazzmaster. Die nämlich lieferte exakt den für diese dreckig-rotzige Musik passenden Sound. Dabei das Besondere ist, dass durch die beiden Soundkreise sehr abwechslungsreich zwischen Lead- und Rhythmusparts eingestellt werden kann: Außergewöhnlich, crunchig und überhaupt nicht angepasst. Die Jazzmaster gehört definitiv in diese Liste: Immerhin ist sie die personifizierte Grunge- und Indie-Kultgitarre.

Jazzmaster | Foto: von Thomann
  • Fender AM Original 60 Jazzmaster OCT – Produktseite auf thomann.de.

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Das Angebot auf dem Gitarrenmarkt ist so immens groß, dass etliche weitere es verdient hätten, in dieser Liste zu erscheinen. Allesamt mit ihren eigenen Vorzügen und ihrer individuellen Geschichte. Dazu in einem späteren Artikel gerne mehr. Welche der E-Gitarren-Typen und Korpusformen haben es dir besonders angetan? Wir freuen uns auf deinen Kommentar.

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Auch interessant: „Kopfplatte der E-Gitarre: Durchdachte Ästhetik mit Markenaussage“.

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