Das Ziehen der Saiten gehört bei den fortgeschrittenen Gitarreros zum Basis-Repertoire. Einer der Gitarrentricks, mit denen du Tönen diese besonders ausdrucksstarke Seele einhauchst. Ganz sicher kein Hexenwerk und auch für Einsteiger machbar, aber es will vernünftig eingeübt werden. Hier unsere Tipps zum Bending auf der E-Gitarre.
Check it – Guide für das Bending auf der E-Gitarre
Worin liegt überhaupt der Sinn vom Bending auf der E-Gitarre? Weshalb soll man Saiten ziehen und nicht einfach nur die entsprechenden Töne greifen? Okay die erste Antwort tragen die beiden Fragen bereits in sich. Beim Ziehen der Saiten veränderst du die Tonhöhe. Zweiter Aspekt ist, dass der Weg vom Ausgangs- bis zum Ziel-Ton deinem Spiel die ganz spezielle Würze mit Bluesfaktor einhaucht. Den hört man nämlich auch. Und exakt damit bringst du deine Gitarre zum Singen.
Der Ausdruck „ziehen“ ist übrigens nur teilweise korrekt. Ziehst du die Saiten nach oben – also in Richtung der tiefen Saiten – ist das faktisch besehen ja kein Ziehen, stattdessen ein Schieben. Erst in die andere Richtung – nach unten – wird aus dem Wort ein passender Schuh. Sei’s drum, wir wollen dich weder verwirren noch zu bürokratischen Erbsenzählern werden. Lange Vorrede, kurzer Sinn; die ersten Griffe und Akkorde beherrscht du bereits, lass‘ uns endlich mit dem Bending auf der E-Gitarre loslegen.
Erster Schritt Saiten-Ziehen: Greiffinger und Unterstützung
Für das Bending auf der E-Gitarre benötigst du nicht nur einen Finger, vielmehr kommen für die korrekte Ausführung beide Hände zum Einsatz. Fangen wir zunächst mit dem Finger an, der die Saite ziehen soll. Im Normalfall wird das dein Ringfinger sein. Den setzt du leicht schräg mit der Fingerkuppe auf die Saite, drückst sie auf das Griffbrett und nun ziehst (schiebst) du sie in einer möglichst gleichmäßigen Bewegung hoch oder runter.
Resultat ist, dass du die Saite für einen Augenblick dehnst und sie dadurch höher klingt. Immerhin ziehst du manuell an einem Metalldraht. Der Ringfinger fühlt sich dabei gerne mal überfordert. Nimm deshalb einfach den Mittelfinger mit dazu; der darf unterstützend eingreifen, den Ringfinger stützen und ihm etwas mehr Kraft verleihen.
Aber Achtung! Das wird leicht falsch verstanden und treibt manch ambitioniertem Einsteiger entgeisterte Wutperlen ins Gesicht: Den bzw. die Finger sollst du lediglich ansetzen; die eigentliche Bewegung kommt aus dem Handgelenk. Das macht vieles einfacher. Schnell wirst du verstehen und erleben, dass du im Handgelenk eindeutig mehr Kraft hast als in den Fingern.
Nächste Herausforderungen beim Bending auf der E-Gitarre
Übst du das Bending auf der E-Gitarre, wirst du dabei auf weitere Herausforderungen treffen. Die nächste lautet, mit der gezogenen Saite den wirklich korrekten Ton anzuvisieren. Das kann ein Halbton sein, das kann ein Ganzton sein. Bei Fortgeschrittenen ist auch ein extremeres Bending auf der E-Gitarre möglich und keine Seltenheit.
Sie müssen nur eben wirklich genau getroffen werden und nicht auf halber Strecke „verhungern“. Du willst schließlich kein fröhliches Katzen-Gejaule hinlegen, dem jeder eben nur beinahe oder annähernd getroffene Ton verdammt ähnlich wäre. Dazu gehört schlichtweg Übung. Du musst eine exakte Vorstellung haben, wie hoch der Ziel-Ton sein soll.
Dafür musst du außer deinen Fingen auch dein Gehör trainieren. Anfangs solltest du beim Üben des Bending auf der E-Gitarre immer wieder den gezogenen Ton mit dem gegriffenen Ton – ein oder zwei Bünde höher – vergleichen. Und glaub mir, nach dem falschen Ton ist vor dem falschen Ton. Hat schon der einstige Fußballtrainer Sepp Herberger gesagt. Wenigstens so ähnlich. Kontrolle ist dabei alles. (Anmerkung der Redaktion: Kennt jemand von unseren jüngeren Lesern eigentlich noch Sepp Herberger? 😉
Zu Hilfe nehmen kannst du dafür auch ein vernünftig ablesbares Stimmgerät, wie beispielsweise das Korg TM-60 White. Ganz nebenbei hat das Gerät auch gleich ein Metronom mit an Bord. Ein Clip-Tuner, den du am Kopf der Gitarre befestigst, ist nicht wirklich die geeignete Wahl. Damit würdest du dir bei diesen Übungen vermutlich den Hals verbiegen.
Abdämpfen der Saiten beim Bending auf der E-Gitarre ist Pflichtprogramm
Und weiter geht’s auf unserer gemeinsamen Reise zum Bending auf der E-Gitarre. Du musst einer physikalischen Problematik Herr werden, nämlich der simplen Tatsache, dass auf der Gitarre mehrere Saiten nebeneinander liegen. Ziehst du eine von ihnen, werden die angrenzenden Saiten sich ebenfalls zu Wort melden. Und das klingt dann mal richtig scheiße. Exakt an dieser Stelle wird es ein wenig akrobatisch: Die anderen Saiten müssen abgedämpft werden.
Dafür nutzt du idealerweise den Zeigefinger der Greifhand, den du hinter dem Bending-Finger einfach über die Saiten legst. In den meisten Fällen wird das noch nicht ausreichen. Wenn du beispielsweise die mittleren Saiten ziehst, wird der Zeigefinger sich schwertun, die E- und A-Saite zu erreichen.
Daumenhaltung beim Bending – der Fuhrmannsgriff
Deshalb kann nun der Daumen der Greifhand seine Arbeit aufnehmen: Den schiebst du einfach über den Hals und dämpfst damit die tiefen Saiten ab. Und ja, liebe Gitarrenlehrer der Klassikabteilung, ich weiß, dass das unästhetisch ist und als „Fuhrmannsgriff“ bezeichnet wird. Aber sagt das bitte mal Eric Clapton, Mark Knopfler oder Gary Moore.
Dämpfen mit Handballen der Anschlaghand gegen Release-Bending
Ein weiterer Protagonist darf sich jetzt zu Wort melden: die Anschlagshand. Außer dafür, das Plektrum zu halten und den Ton anzureißen, benötigst du auch diese Hand zum Abdämpfen. Grund ist folgender: Hast du die Saite gezogen, wird sie anschließend – kontrolliert oder automatisch – wieder in die Ausgangsposition zurückkehren. Und auch dieser Ton ist selbstverständlich deutlich hörbar und oftmals unerwünscht.
Der Zeigefinger der Greifhand kann dir in diesem Augenblick nicht helfen. Der liegt auf der anderen Seite. Aufgabe des Handballens der Anschlaghand ist es, die Saiten in diesem Moment abzudämpfen und sozusagen zum Schweigen zu bringen. Jedenfalls, sofern gewünscht. Soll der Release Bend klingen, was auch ein wichtiges Stilmittel sein kann, wird er eben nicht unterdrückt.
Bending auf der E-Gitarre ist in beide Richtungen möglich
Du kannst die Saiten in beide Richtungen „ziehen“. Der Effekt ist identisch. Und auch dahinter steckt ein spieltechnischer Sinn. Stell dir vor, du ziehst die hohe E-Saite nach unten. Du würdest sie über das Griffbrett hinausziehen; sie würde den Hals verlassen. Leicht nachvollziehbar, dass das nicht wirklich funktioniert. Das Bending der hohen Saiten erfolgt – meistens – nach oben.
Übertragen kannst du dieses Prinzip ebenso auf die tiefen Saiten; wenngleich das Bending hier sicherlich seltener eingesetzt wird. Ziehst du die dicke E-Saite zu weit nach oben, schubst du sie gewissermaßen vom Griffbrett herunter. Klar wird, dass die Bending-Bewegung nach unten erfolgen muss. Bei der D- und der G-Saite kannst du dich je nach Fingersatz frei entscheiden.
Übrigens: Ein gutes Beispiel für Extrem-Bendings findest du beispielsweise beim Solo des Gitarristen von Pink Floyd in „Another Brick In The Wall“. David Gilmore ist ein typischer Vertreter von variablem Bending, der bisweilen sogar über zwei Ganztöne zieht und auch das Release Bending kontrolliert einsetzt. Gleich der erste Ton des Solos ist übrigens ein Release Bend. Du hörst das daran, dass er sich eben nicht in die Höhe schraubt, sondern abfällt.
Wenn wir gerade beim Ziehen von Saiten sind: Wie wäre es mit Infos zum Floyd Rose, dem genialen Tremolo für E-Gitarre?