Die E-Gitarre kann noch so hochwertig sein, ohne eine vernünftige Einstellung wird sie trotzdem nicht annähernd zufriedenstellend klingen bzw. bespielbar sein. Das beginnt bei dem Aufziehen frischer Saiten und endet bei der Justierung der Tonabnehmer noch lange nicht. Die geliebte Gitarre benötigt die erforderliche Aufmerksamkeit. Schauen wir, mit welchen Maßnahmen du selbst deine E-Gitarre einstellen kannst:
E-Gitarre einstellen: Weshalb das keine Einmal-Aufgabe ist
Längst zur Normalität geworden ist es, dass die meisten E-Gitarren mit ziemlich guter Einstellung verkauft bzw. ausgeliefert werden. Häufig muss man lediglich nachstimmen und schon kann es eigentlich losgehen. Die Betonung liegt auf „eigentlich“. Denn nicht selten kann man mit recht einfachen Maßnahmen bei E-Gitarre einstellen noch deutlich mehr rausholen, sei das nur, dass möglicherweise die Saitenlage auf deine individuellen Anforderungen angepasst wird.
Allerdings solltest du nicht nur die E-Gitarre einstellen, sobald du das Schätzchen zum ersten Mal in Händen hältst. Vielmehr ist das eine Aufgabe, die immer mal wieder durchgeführt werden muss. So unromantisch sich die Formulierung auch anhören mag: Deine E-Gitarre ist mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen ein Gebrauchsgegenstand. Und die benötigen bekanntlich Pflege.
E-Gitarre einstellen: Dein Arbeitsgerät reagiert auf Temperaturschwankungen und mehr
Dabei spielen diverse unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Zunächst bestehen Korpus, Hals und Headstock Deines Instruments nahezu immer aus Holz. Und dieses Material stammt unmittelbar aus der Natur und arbeitet bei üblichen und unüblichen Temperaturunterschieden und raumklimatischen Bedingungen. Schöne Grüße von der Heizung und vom Klimawandel. Selbst wenn der Hals nur in Nuancen verzogen ist und nicht mehr die korrekte Krümmung aufweist, wirkt sich das spürbar negativ auf die Bespielbarkeit aus.
Immense Zugkräfte, die deine E-Gitarre zuverlässig verkraftet
Nicht zu vergessen sind die massiven Zugkräfte der Saiten, denen sich Hals, Stimmwirbel & Co. irgendwie entgegensetzen müssen. Ohne mit theoretisierenden Zahlen nerven zu wollen: Stell dir vor, die Saiten wären irgendwo zwischen deiner Schulter und deiner Hand gespannt. Was glaubst du, wie lange du den Arm gerade halten könntest? Richtig. Gar nicht. Es sind nämlich ungefähr 50 kg, was normalerweise allerdings in Kilopond berechnet wird. Und schon wenn du statt 009er-Saiten 011er aufziehst, benötigst du ungefähr, exakt, ganz genau 49,3 Prozent mehr Kraft. Die Gitarre auch.
Aber deine Gitarre hält das ziemlich gut aus. Wie zuverlässig hängt direkt damit zusammen, wie konsequent wir – wenigstens ab und an – die E-Gitarre einstellen. Manche Gitarristen sind übrigens so justierverliebt, dass sie sich ohne entsprechendes Feinmechanik-Werkzeug nicht auf die Bühne begeben. Wenn die Band im entscheidenden Augenblick das Solo des Gitarristen vermisst: Sorry, der schraubt gerade wieder.
Genug der Vorrede – werden wir praktisch
Verbleibt die Frage, welchen Details du dich widmen kannst und solltest, wenn du deine E-Gitarre einstellen willst, und welche Arbeits- oder Instandhaltungsschritte du lieber kompetenten Fachleuten aus der Gitarrenwerkstatt deines Vertrauens überlässt.
E-Gitarre einstellen: Arbeitsschritte in vernünftiger Reihenfolge durchführen
Willst du deine E-Gitarre einstellen, solltest du deine Arbeitsschritte in zwei Abteilungen aufspalten. Einerseits die reine Pflege, andererseits die „mechanischen“ Aufgaben. Schlichtweg aus dem Grund, dass es keinen Sinn macht, eine Gitarre mit aufgezogenen Saiten zu reinigen. Im Umkehrschluss kannst du Oktavreinheit, Bundreinheit, Stimmstabilität oder den soundoptimalen Sitz der Pickups nicht ohne aufgezogene Saiten kontrollieren.
Und eine verdreckte E-Gitarre einstellen ist ohnehin ziemlich stillos. Durchaus sinnvoll allerdings kann es sein, die Basic-Instandhaltung mit aufgezogenen Saiten zu erledigen, anschließend Saiten runter, die E-Gitarre säubern und pflegen. Dann frische Saiten rauf und noch mal alles feinjustieren.
Was wackelt nervt: Sitzstabilität der Mechaniken checken
Fangen wir einfach oben an, am Kopf der Gitarre. Erste Regel: Die Mechaniken müssen fest verschraubt sein. Selbstverständlich nicht die Stimmwirbel, die bleiben beweglich. Die Kapseln sind meisten durch kleine Schrauben mit Kreuzschlitzprofil fixiert. Eine Kontrollaufgabe, die du leicht selbst durchführen kannst, wenn du deine E-Gitarre einstellen willst. Überprüfe mit einem Schraubendreher den festen Sitz der Schrauben. Aber nicht übertreiben. Nach fest kommt bekanntlich ab. Vorsicht auch, damit du die Schrauben nicht überdrehst. Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht.
Pickups und der sinnvolle Abstand zu den Saiten
Noch sind die Saiten drauf. Wir nutzen die Gelegenheit, um die Tonabnehmer einzustellen. Grundregel ist, dass die Distanz zu den Saiten weder zu groß noch zu kurz gewählt werden darf. Zu weit entfernt bedeutet, dass der Sound negativ beeinträchtigt wird, was sich als flacher, indirekter Klang äußert. Vielleicht können wir das auch als undifferenziert bezeichnen. Dem Sound fehlt die Durchsetzungsfähigkeit. Wird der Abstand zu eng gewählt, lassen die Tobabnehmer, insbesondere deren Magnete, das Schwingungsverhalten der Saiten sich nicht voll entfalten.
Fakt aber bleibt, dass dieser Abstand sich deutlich auf den Klang und die Durchsetzungsfähigkeit deines Instrumentes auswirkt. Es hilft, auszuprobieren, wenn du deine E-Gitarre einstellen willst. An den Pickups befinden sich jeweils seitlich Schrauben, mit denen du die Höhe verändern kannst. Gitarre in die Hand nehmen, Kabel ran und mit dem Amp verbinden. Und dann probiere ein paar Positionen aus. Üblich ist es übrigens, dass der Abstand zu den tiefen Seiten größer ist als der zu den hohen Saiten.
Oktav-Reinheit der E-Gitarre einstellen
Die freischwingende Saite der Gitarre hat eine Mensur von exakt zwei Oktaven, sofern sich richtige eingestellt ist. Diese korrekte Länge ist nicht naturgeben, für die Stimmbarkeit des Instrumentes allerdings eine Grundvoraussetzung. Passieren kann dir demnach, dass die Saite ein wenig zu lang oder zu kurz ist.
Exakt an dieser Stelle kommen die Saitenreiter ins Spiel. Mit dem Vergleich des Flageolett-Tons im 12. Bund und dem gegriffenen Ton im selben Bund kontrollierst du beim E-Gitarre einstellen, ob die Töne übereinstimmen, oder du die Saite per Saitenreiter verkürzen oder verlängern musst. Vermutlich benötigst du dafür ein wenig Geduld, zumal sich eine verstellte Saite in den meisten Fällen wiederum auf die anderen auswirkt.
Nächstes Thema: Bundreinheit
Erst recht beim Einstellen der Bundreinheit. Darunter versteht man, dass weder freischwingende noch gegriffene Töne schnarren dürfen. Die Rede ist von nichts Unwichtigerem als der Saitenlage. Wiederum ein zwiespältiger Arbeitsschritt. Für dein komfortables Spielgefühl soll die Saitenlage möglichst flach sein.
Damit nix schnarrt, knistert oder gar nicht mehr klingt, muss die Bridge eine gewisse Höhe haben. Die Konzepte der Systeme sind unterschiedlich. Bei manchen benötigst du einen vernünftig großen Schraubendreher, bei anderen lässt sich das beim E-Gitarre einstellen über eine Rändelschraube austarieren.
Dem „unscheinbaren“ Sattel die gewünschte Aufmerksamkeit schenken
Unbedingt vorsichtig arbeiten musst du, falls du dich dem Sattel widmest. An dieser Stelle ist es nicht ungewöhnlich, dass zuweilen nachgearbeitet werden muss, was u. a. damit zusammenhängt, dass du möglicherweise eine andere Saitenstärke spielst als die standardmäßig und werksseitig verwendete.
Und letztlich, ist das ein Aspekt, bei dem die Hersteller lieber weniger als zu viel Material wegnehmen. Was einmal weggefeilt ist, lässt sich schwer wieder ausbessern. Klar ist jedenfalls, dass die Saiten im Sattel vernünftig geführt werden müssen. Dabei bietet es sich an, immer nur eine Saite zu lockern, die Nut vorsichtig (!) zu bearbeiten, um anschließend die Saite sofort wieder zu spannen und auf das gleichmäßige und schnarrfreie Ergebnis zu kontrollieren. Im Handel gibt es dafür geeignetes Werkzeug. Hast du dabei ein auch nur annähernd mulmiges Gefühl im Magen, überlass es den Fachleuten.
Eigentlich nur was für instrumentenkundige Spezialisten: Halskrümmung
Willst du als Einsteiger oder leicht Fortgeschrittener deine E-Gitarre einstellen, wirst du beim Punkt der Halskrümmung vermutlich überfordert sein und gehst lieber gleich zum Instrumentenbauer. Der Vollständigkeit halber wollen wir diesen Aspekt dennoch erwähnen. Als Einsteiger glaubt man möglicherweise, ein Hals ist schlichtweg gerade und gut. Ist er nicht; sollte er jedenfalls nicht sein; obwohl es andere Ansichten gibt.
Stattdessen besitzt er eine leichte Krümmung. Um die zu kontrollieren, wird die Saite gleich zweifach aufs Griffbrett gedrückt. Direkt am ersten Bund, zugleich im höchsten der zur Verfügung stehenden Bünde. Schwebt die Saite nun etwa in der Mitte ganz leicht über den Bundstäbchen ist es korrekt. Falls nicht, sollte der Hals eingestellt werden, was über den Hals-Stab erledigt wird. Mit Erfahrung kannst du das selbst machen. Anfangs lieber nicht. Spätestens jetzt aber kommen die alten Saiten runter.
Die Bünde – das Terrain, auf dem du dich eigentlich austoben willst
Eine Kombination aus Pflege und Instandhaltung ist die Bearbeitung des Griffbretts mitsamt Bünden. Hast du viel gespielt, verbleiben die selbstverständlichen Rückstände auf den Bünden und an den Bundstäbchen. Das heißt, du machst nun erstmal Hausputz. Diese dauerhaften Verunreinigungen müssen weg. Sparsam verwenden kannst du für den ersten Arbeitsgang hauchdünn aufgetragene Autopolitur. Dann heißt es reiben, reiben, reiben.
Anschließend sagst du den verbliebenen Resten mit einem Haushaltschwamm den Kampf an. Unbedingt gut feucht. Du willst auf den Bünden keinen Abrieb erzeugen. Der wäre irreparabel. Ab zum Trocknen, du brauchst die Gitarre ja nicht gleich an die Wäscheleine zu hängen. Abschließend kommt eine Portion Pflegeöl auf die gereinigten Bünde. Seit langem bewährte und für Gitarren geeignete Polier- und Pflegemittel bekommst du im Handel.
Saiten rauf, vernünftig stimmen und nachkontrollieren
Verbleibt, dem Schätzchen nun frische Saiten zu gönnen, was ja für dich längst keine Schwierigkeit mehr darstellt. Also rauf mit den Saiten, Saitenenden mit einem Seitenschneider kürzen und durchstimmen. Passieren kann dir nun, dass die Einstellungen etwa der Oktavreinheit sich wieder leicht verändert haben. Doch jetzt noch mal das Stimmgerät anzusetzen und Kleinigkeiten nachzuarbeiten, sollte kein Problem sein. Zeitlich ist die Endkontrolle schnell durchgeführt. Außerdem gibt sie dir die gute Portion Sicherheit. E-Gitarre einstellen ist kein Hexenwerk.
Und hier noch ein paar Empfehlungen mit geeignetem Werkzeug und Pflegemitteln:
Ein komplettes Set mit Werkzeug für Pflege und Saitenwechsel bei der E-Gitarre kommt mit dem Complete Guitar Setup Kit von Dunlop. In dieser Zusammenstellung seit Mai 2020 auf dem Markt und sehr praktisch!
Eine gute Portion preisgünstiger gibt es ein solches Toolkit von Harley Benton. Ein Set mit allen Grundwerkzeugen für kleinere Einstellarbeiten, das für sämtliche Arten von Gitarren und Bässen zum Einsatz kommen kann.
Saiten, Griffbrett und Hals wollen regelmäßig gereinigt werden. Eine der einfachsten Möglichkeiten für diese Zwecke ist das beliebte GHS Fast-Fret Pflegeöl. Dass die Saiten länger frisch klingen, macht sich auch in der Reibung zwischen Daumen und Zeigefinger bemerkbar.
Falls du noch tiefer in die Details der Gitarren einsteigen und auch etwas über deren Geschichte erfahren möchtest, geht’s hier zum Artikel zum Thema „Warum hat die Gitarre 6 Saiten“.