Glaubensfrage: Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard wichtig oder nutzlos?

Komprimiert oder puristisch dynamisch?

Foto: Shutterstock von Greg Slowka

Viele Gitarristen schwören auf das Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard; andere lehnen es strikt ab. Dabei sind die mit dem Kompressor erzielbaren Vorzüge zahlreich, sowohl für den aufgeräumten Sound als auch für das Sustain und die Ohren, die nicht von unerwünschten Pegelspitzen erwürgt werden. Lass‘ uns gemeinsam die Vor- und Nachteile vom Kompressor im E-Gitarren-Setup betrachten.

Check it: Kompressor-Pedal ja oder nein

  • Geteilte Meinungen
  • Gut, wenn er nicht hörbar ist
  • Fortentwickelter Booster
  • Wohin in der Signalkette
  • Wie viele Regler nötig sind
  • Von Einstellungen und Soundvorstellungen

Kompresssor-Pedal auf dem Pedalboard und die geteilten Meinungen

Die Meinungen sind – gelinde gesagt – geteilt, wenn es um die Frage geht, ob ein Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard sinnvoll oder unsinnig ist. Man haut gerne mal mit dem beliebten Halbwissen um sich, was die Diskussion keinesfalls entspannter macht. Das beginnt schon damit, dass der Kompressor zuweilen als Effekt bezeichnet wird, was er schlichtweg nicht ist. Vielmehr ist er grundsätzlich dafür verantwortlich, die eingehenden Signale zu komprimieren, also die Dynamik zu begrenzen.

Indes die lauten Töne und Pegelspitzen komprimiert werden, können die leiseren Passagen in ihrer Lautstärke angehoben werden. Der Gesamtklang wird homogener, die Dynamik findet in einem engeren Funnel statt. Und exakt das ist die Grundsatzfrage. Puristen wollen gerne auf das Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard verzichten, damit die gesamte Dynamik-Range erhalten bleibt. Andere Soundtüftler sehen deutliche Vorzüge gerade für den aufgeräumten Mix im Bandzusammenhang.

Das Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard hat Debatten-Potenzial | Foto: Shutterstock von Southtownboy Studio

Ein Effekt ist hörbar, ein Kompressor nicht

Wenn wir uns dem Thema widmen, wie sinnvoll ein Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard ist, sollten wir zunächst die korrekte Perspektive einnehmen. Indes ein Effekt sich dadurch auszeichnet, dass man ihn hört, er also eine je nach Einstellung deutliche Sound- und Klangveränderung bewirkt, ist das beim Kompressor vollkommen anders; gewissermaßen auf den Kopf gestellt. Ein Kompressor zeichnet sich eben dadurch aus, dass man ihn nicht hört. Und schon drängt sich die Überlegung auf, weshalb man als Gitarrist ein Gerät verwenden sollte, dass etwas unhörbar macht.

Kompressor als fortentwickelter Booster?

Zunächst sorgt der Kompressor in den Pegelspitzen für einen Lautstärkeverlust, was oberflächlich betrachtet ja ein Nachteil sein sollte. Weshalb sollte man sich eigenständig eine Handbremse ins Setup einbauen, die automatisiert immer dann zugreift, wenn man eigentlich Gas geben will? Nun, auch das ist zu kurz gedacht. Mit an Bord hat das Kompressor-Pedals auf dem Pedalboard einen Volume-Regler. Damit können die Lautstärkeverluste nicht nur ausgeglichen, sondern die Gesamtlautstärke sogar angehoben werden.

Angenehmer Nebeneffekt von mehr Sustain

Angenehmer Nebeneffekt selbst einer vorsichtig eingestellten Kompression ist, dass man außer erhöhter Lautstärke zugleich etwas mehr Sustain erreicht. Sprechen wir also doch von einem Effekt? Theoretisch könnte das Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard als der bessere Booster verstanden werden. Es bleibt bei der Theorie. Wer einen Booster verwendet, will nicht zwangsläufig auch einen komprimierten Sound haben.

Ein Booster hat eigentlich eine andere Funktion

Die Aufgabe eines Boosters ist eine andere: Vereinfacht ausgedrückt hebt er das Ausgangssignal der Gitarre vor dem Amp an, wobei Pegelanhebungen von bis zu 20 dB keine Seltenheit sind. Resultat ist der zusätzliche Drive am Verstärker. Somit sorgt er für mehr Verzerrung, limitiert und komprimiert das Signal allerdings nicht. Ein gutes Beispiel dafür ist der tc electronic Spark Mini Booster, der mit diskreter analoger Schaltung und True Bypass und der sogenannten „Prime-Time“-Funktion punktet.

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Was ist Sustain?

Der Begriff Sustain bezeichnet in der Akustik Aspekte des Klangverhaltens von Klangerzeugern. Benannt wird damit die Klangdauer, also die Zeit, wie lange der Ton bis zum Ausklingen aufrechterhalten wird.

Kompressor sinnvoll für Clean-Sounds

Sinnvoll ist das Kompressor-Pedal auf dem Pedal-Board, um dem Gitarrenton etwas mehr Fülle zu geben. All jene Instrumente, Sounds oder Genres, die ein kurzes Sustain bei zugleich starkem Attack haben, können durch die Kompression wünschenswert aufgewertet werden. In erster Linie betrifft das die cleanen Sounds, die eben nicht durch die kontrollierte Verzerrung in die Sättigung getrieben werden. Durch das Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard kann auch bei cleanen Sounds eine leichte Verzerrung erreicht werden.

Wohin der Kompressor in der Signalkette gehört

Eine pauschale Antwort kann es in dieser Hinsicht nicht geben, schließlich gibt es auf den Bühnen dieser Welt die kuriosesten Setups. Eine sinnvolle Empfehlung ist es allerdings, das Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard vor der Verzerrer zu schalten. Auf diese Weise werden die Pegelspitzen der Gitarre zunächst geglättet und erst anschließend durchläuft es die Zerre. Der Sound bleibt trotz Zerre kontrolliert sauber.

Eine andere und nicht minder sinnvolle Variante erreichst du, indem du den Kompressor hinter das Overdrive-Pedal schaltest. Der Vorteil dieser Konstellation ist, dass der Overdrive vernünftiger mit den diversen Abstufungen der Dynamik arbeiten kann und erst anschließend die Kompression stattfindet. Somit bleibt die Dynamik des Oberdrives weitestgehend erhalten, sodass du beispielsweise (noch) cleane Single Notes spielen und zugleich mit bretthart verzerrten Power-Chords arbeiten kannst.

Ein weiterer Vorteil dieser Konstellation ist, dass die Kompression erst am Ende der Signalkette erfolgt und damit an die Wirkweise bei Vollröhrenverstärkern erinnert. Nachteil ist, dass mit dieser Variante auch die Nebengeräusche angehoben werden. Ein Verzerrer arbeitet ja selten ohne zu rauschen. Das Rauschen wird durch den Kompressor verstärkt.

Steht der Kompressor hinter dem Drive, bleibt der Klang natürlicher. | Foto: Shutterstock von PrinceOfLove

Die Einstellungen vorsichtig vornehmen

Als E-Gitarrist ist man leicht geneigt, radikale Einstellungen vorzunehmen. Das ist bei einem Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard sicherlich die verkehrte Herangehensweise. Der Kompressor beinhaltet immer auch das Risiko, den Sound komplett zu zerstören. Sämtliche Einstellungen von Attack, Threshold, Release und Ratio sollten vorsichtig erfolgen und kontinuierlich abgehört werden. Jedes Zuviel bewirkt das Gegenteil dessen, was du eigentlich vorhattest.

So bestimmt der Treshold-Wert, ab welchem Wert der Kompressor überhaupt zu arbeiten beginnt. Je höher der Input-Gain eingestellt ist, umso früher greift der Treshold ein. Insofern bilden diese beiden Parameter immer eine Einheit. Über den Ratio-Regler wird wiederum bestimmt, wie stark das Signal bearbeitet wird. Über Attack wird eingestellt, ab welcher Zeit der Kompressor zugreift. Das heißt, das Ergebnis ist immer ein Zusammenspiel mehrerer Parameter, die sich gegenseitig bedingen und beeinflussen. Tatsächlich kann man mit übertriebenen Einstellungen den Gitarrenton mühelos abwürgen. Also immer vorsichtig bleiben.

Anzahl der Regler beim Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard

Je nach Gerät und Qualität ist die Anzahl der Drehregler bei einem Kompressor für E-Gitarre unterschiedlich. Interessanterweise besitzen klassische Modelle oftmals lediglich zwei Regler. Einen für die Output-Lautstärke, einen weiteren für die Kompression. Leicht vorstellbar, dass damit viele Feineinstellungen nicht umsetzbar sind. Solche recht rudimentären Pedale werden von den Gitarristen zumeist als Booster verwendet, wenn beispielsweise die Solo-Passagen im Bandkontext hervorgehoben werden sollen.

Tatsächlich aber gibt es weitaus komplexere Modelle, bei denen sich etwa Input, Output Attack, Base, Mix und Tone über Regler einstellen lassen, außerdem Schalter für Ration und Sidechain mit an Bord sind. Auch sollen PU-Meter die Arbeit durch die optische Anzeige erleichtern, was eine unbedingt sinnvolle Herangehensweise ist, zumal die Ohren sich bekanntlich schnell betrügen lassen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Empress Effects Compressor MKII Blue.

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Entscheidend ist der gewünschte Grundsound

Wenn du ein Kompressor-Pedal in dein Setup einbinden möchtest, solltest du dir dessen bewusst sein, dass jeder Kompressor andere Frequenzen bearbeitet bzw. hervorhebt. Grund dafür sind die jeweils speziellen Schaltkreise, die von den Herstellern verwendet werden. Nun stand ja bislang eher die Lautstärkebeeinflussung im Fokus unserer Überlegungen. Aufgrund der unterschiedlichen Frequenz-Betonung ist es aber tatsächlich auch so, dass die Geräte sich auf den Sound auswirken. Offizielle Vergleichsangaben existieren in dieser Frage nicht. Da hilft nur ausprobieren und sich für das Gerät mit dem gewünschten Grundsound zu entscheiden.

Fazit

Eine letztgültige Weisheit oder gar pauschale Richtlinie dahingehen, ob ein Kompressor-Pedal auf dem Pedalboard sinnvoll ist oder nicht kann es nicht geben. Zwar sprechen die Argumente eindeutig dafür. Die aufgeräumten Pegelspitzen helfen dem Gesamtsound der Band, die Durchsetzungsfähigkeit wird zugleich erhöht, ohne dass die Ohren klingeln müssen. Ebenso kann das Sustain verlängert werden, wodurch der Klang wiederum homogener wirkt.

Jede überzogene Einstellung wird sich allerdings nachteilig auf die Dynamik auswirken. Wer auch nur wenige Cent zu weit dreht, spielt mit angezogener Handbremse. Ein Kompressor kann ein Klang-Verbesserer für den Gitarristen als auch die gesamte Band sein. Gewollt rotzigen Sounds kann er aber auch den eigentlich gewollten Schmutz nehmen. Vor diesem Hintergrund ist und bleibt es eigentlich Geschmacksfrage.

Zu hart einzugreifen bedeutet, sich den Sound zu versauen. | Foto: Shutterstock von Ronald Sumners

Und vielleicht können wir uns schlussendlich darauf einigen, dass durch den Kompressor die Signale sauberer gemacht werden können und dadurch zugleich eine größere Bandbreite von individuellen Einstellungen zur Verfügung steht. Beim Solo den Kompressor aktivieren und die Post geht ab. Und wenn du keinen Kompressor einbinden willst, wirst du trotzdem nicht vollends darauf verzichten. Der Tontechniker am FOH hat ganz sicher mindestens einen Kompressor mit dabei, damit die Kalotten nicht durch die Pegelspitzen zerschossen werden.

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Wenn ihr euch noch detaillierter über die Kompressor-Einstellungen und -Features informieren wollt, werft einen Blick auf diesen Artikel: „Kompressor einstellen – wie geht das eigentlich?“.

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