Klassiker: Music Man Gitarren und ihre bewegte Geschichte

Und was Music Man mit Leo Fender und Ernie Ball zu tun hat

Foto: Shutterstock von TDC Photography

Sicherlich erreichen Music Man Gitarren nicht ansatzweise die Verkaufszahlen und den Bekanntheitsgrad von Fender oder Gibson. Aber dennoch gehören sie zweifellos zu den Klassikern. Umso interessanter wird die Historie mit einem Blick hinter die Kulissen der Jahrzehnte.

Check it: Klassiker – Music Man Gitarren im Fokus

  • Auf welchen Umwegen alles begann
  • Bedeutung von Leo Fender und Ernie Ball
  • Irgendwie gehört die Szene eng zusammen
  • Erfolgreich mit aktiver Elektronik
  • Von gescheiterten Versuchen bis zu höchster Qualität
  • Custom-Features für jedermann

Music Man Gitarren wären ohne Fender nicht denkbar

Leo Fender ist als einer der weltweit berühmtesten und erfolgreichsten Musikinstrumentenhersteller bekannt. Anfang bis Mitte der 40er-Jahre erkannte er, dass die bis dahin üblichen Hollowbody-Gitarren nicht mehr der sich verändernden Musiktechnologie gerecht wurden. Notwendigerweise wurden damals die Lautstärken der Beschallung höher, allerdings mit dem Effekt von reichlich Rückkopplungen.

Als die Verstärker lauter wurden, kamen die Archtops an ihre Feedbackgrenzen. | Foto: Shutterstock von MIGUEL G. SAAVEDRA

Die Lösung von Clarence Leonidas (Leo) Fender waren die Solidbody-Gitarren, also E-Gitarren wie die Telecaster, Stratocaster mit massivem Korpus ohne Resonanzräume. Im Jahr 1946 gründete er sein Unternehmen. Fast zwanzig Jahre später verkaufte er sein Erfolgsbaby für 13 Millionen US-Dollar an die Columbia Broadcasting System (CBS). Wie wir später sehen werden, hatte dieser Verkauf auch unmittelbar mit der Entstehungsgeschichte von Music Man Gitarren zu tun.

Jede Company hat ihre Wurzeln – die von Music Man sind kurios

Nachdem Leo Fender kurzerhand die Musikszene auf der ganzen Welt revolutioniert hatte, blieb er auch nach dem Unternehmensverkauf keinesfalls untätig. Allerdings musste er wegen einer 10-jährigen Konkurrenz-Ausschlussklausel zunächst Ruhe bewahren und konnte nicht offiziell in Erscheinung treten. Allerdings herrschte weiterhin musikalisch-technische Aufbruchstimmung. Und so nahm die Story ihren weiteren Verlauf. 1972 wurde Music Man von den ehemaligen Fender-Mitarbeitern Tom Walker und Forste White gegründet, von der zunächst erfolgreich Gitarrenverstärker gebaut wurden.

Leo Fender konnte bis dahin im wahrsten Sinne des Wortes nur stiller Teilhaber sein. Kurz vor Ende der Ausschlussfrist hatte er zudem begonnen, gemeinsam mit George Fullteton seine neue Firma CLF Research aufzubauen, wo wiederum E-Gitarren gebaut wurden. Erst 1976 nahm Music Man die ersten E-Gitarren und E-Bässe ins Programm auf: Geliefert wurden diese ersten Instrumente mit aktiver Elektronik von CLF Research, also vom inzwischen wieder entfesselten Leo Fender.

Ernie Ball als wichtiger Akteur bei Music Man Gitarren

Doch auch damit ist die Namensgalerie innerhalb der Musikinstrumentengeschichte von Music Man noch lange nicht komplett. In den Anfangszeiten des Rock’n’Roll ging ein gewisser Ernie Ball – selbst Studiomusiker und Fender-Endorser – zu Leo Fender, den er nach flexibleren, besser spielbaren und dem damals üblichen Standard überlegenen Gitarrensaiten fragte. Die zu der Zeit immer aktueller werdenden Spieltechniken wie das Saitenziehen, mit den herkömmlichen Gitarrensaiten nicht vernünftig umsetzbar. Leo Fender sprang allerdings auf den Wunsch und die Idee nicht an.

Bending war mit den herkömmlichen Saiten nicht möglich | Foto: Shutterstock von Paul Briden

Dennoch ließ sich Ernie Ball von der Idee nicht abbringen. Vielmehr entwickelte er kurzerhand seine eigenen Saiten. Die Erne Ball Slinkys waren geboren. Bis 1967 hatte er in Tarzana bei Hollywood ein Gitarrengeschäft – den damals einzigen reinen Gitarrenladen der USA – betrieben. Er verkaufte das Geschäft und konzentrierte sich aufgrund der großen Nachfrage auf die Produktion und den Verkauf von Saiten und Zubehör.

Wo sich der Kreis der Music Man Gitarren aus Überzeugung schließt

Was das mit Music Man zu tun hatte? Nun, da müssen wir einen Blick darauf werfen, wie das große Hersteller-Karussell sich drehte. Nach Streit mit dem Management stieg Leo Fender 1980 bei Music Man aus. In offiziellen Statements werden gesundheitliche Gründe angeführt. Die Szene weiß es besser. Dem Vernehmen nach ging es um vordringlich um Qualitäts-, Akzeptanz- und somit Verkaufsprobleme.

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Die Original Music Man Cutlass- und Stingray-Gitarren wurden 1977 entworfen und hergestellt. Das Design der Cutlass war tief im Stil der ikonischen Fender Stratocaster verwurzelt, während die Stingray-Gitarre eine ähnliche Ähnlichkeit mit der allseits beliebten Fender Jazzmaster aufweist. Beide Gitarren waren von 1977 bis 1980 im Katalog für neue Produkte zu finden. Leider wurden sie von der Gitarristen-Gemeinde nicht gut aufgenommen, was vor allem an ihrem ohrenbetäubend hellen Klang lag. Andere Merkmale, wie die instabile Halsbefestigung mit drei Schrauben, die kleinen Bünde und der sperrige Eschenkorpus, trugen zur Unbeliebtheit der ursprünglichen Modelle bei.

Die ersten Music Man Gitarren zielten an den Gitarristen vollkommen vorbei | Foto: Shutterstock von vectorwin

Angesichts der heutigen Qualität kaum vorstellbar, aber Tatsache: Eigentlich waren die ersten Gitarren von Music Man trotz der immensen Erfahrung von Leo Fender alles andere als qualitativ und gingen an den Vorstellungen der Gitarristen meilenweit vorbei. Die Marke drohte in der Versenkung zu verschwinden. Aber es gab jemanden, der erstens vom Potenzial überzeugt und zweitens ein unbedingter Verfechter von in Handarbeit gefertigten Qualitätsinstrumenten war. Und hier schließt sich der Kreis: 1984 wurde Music von Ernie Ball gekauft.

Kalifornische Tradition seit 1974

Die Entscheidung, die Instrumente von Music Man mit aktiver Elektronik auszustatten, war tatsächlich eine namensprägend industrielle Revolution, die Ernie Ball so nicht von der Bildfläche verschwinden lassen wollte. Anders, als von so manchen Musikern vermutet, ist Ernie Ball nicht nur ein Markenname für Gitarrensaiten, stattdessen der persönliche Name des Unternehmensgründers, außerdem maßgeblich für die Erfolgsgeschichte von Music Man Gitarren verantwortlich. Und da ging und geht man tatsächlich keinerlei Kompromisse ein.

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Jede Ernie Ball Music Man Gitarre wird mit größter Sorgfalt designt und mit höchster Konzentration auf jedes einzelne Detail gebaut. So herrscht in der Holzwerkstatt die perfekte Balance zwischen maschineller Präzision und den individuellen Fingerspitzengefühl der erfahrenen Handwerker. Hochqualitative Hölzer werden zu wunderschönen Instrumenten verarbeitet, alle Bünde werden nach exakten Vorgaben von Hand eingesetzt. Das Resultat ist, dass jede Gitarre die Bespielbarkeit mitbringt, die man von Music Man erwartet. Die Hälse und Korpusse werden mehrfach von Hand geschliffen, die Elektronik wird von Hand verlötet. Und modernste Technologie wie der Polier-Roboter wird im wahrsten Sinne des Wortes für den letzten Schliff eingesetzt.

Alles von Hand, aber hochqualitative Technologie für den letzten Feinschliff | Foto: Shutterstock von Zamrznuti tonovi

Die Gitarren waren und sind vor allem eines: hochqualitativ

Seit Ernie Ball im Jahr 2004 verstarb, befindet sich das Unternehmen weiterhin im Familienbesitz und wird von seinem Sohn Sterling Ball mit den gleichen Qualitätsansprüchen weitergeführt. So sind die modernen Ernie Ball bzw. Music Man Gitarren eine Hommage an das Vintage-Styling und die Optik der Originalmodelle von Leo, allerdings verfeinert mit spezieller – aktiver – Elektronik, superleichtem Tremolo-System und leichtem Erlenkorpus.

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Music Man John Petrucci Majesty 7 EG
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Berechtigt selbstbewusst spricht man davon, dass die ergonomische 4+2-Kopfplatte aufgrund des geraden Saitenzugs eine überragende Stimmstabilität gewährleistet, und benennt die Gitarren als „(…) moderne Klassiker und perfekten Höhepunkt der Ästhetik“. Wer einmal einen Hals von Music Man Gitarren in der Hand gehalten hat, wird diese überzeugte Behauptung sicherlich bestätigen.

Keine Grauzone: Entweder komplett verliebt oder gar nicht

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Gitarristen-Geister sich uneins sind. Keinesfalls wird die Qualität der Instrumente in Abrede gestellt, die bleibt unbestritten. Aber die Music Man Gitarren sind eben nahezu komplett mit der besagten aktiven Elektronik ausgestattet. Jeder FOH-Techniker freut sich ein Loch ins Bein, wenn er die Music Man Gitarren auf der Bühne sieht, weil er weiß, dass da nichts pfeift oder knackt, Rückkopplungen eben nicht zu erwarten sind.

Andererseits ist der Sound eben auch speziell und entspricht nunmal nicht dem der passiven Instrumente, die so gerne für den Vintage-Sound herangezogen werden. Entweder ist man von Music Man Gitarren begeistert oder lehnt sie grundsätzlich ab. Eine Grauzone auf der Beliebtheitsskala von Gitarristen gibt es eigentlich nicht.

Signature-Modelle in Kooperation mit den Künstlern entstanden

Music Man Gitarren aus der Ära von Sterling Ball sind vielfach in Kooperation mit den Gitarristen entworfen, so etwa die Music Man Albert Lee mit drei Single Coils, durchaus ungewöhnlicher Body-Form und dem absoluten Twäng. Weitere Modelle aus der Kollektion der Meister sind beispielsweise die hochkomplexe Music Man Steve Morse, die kompakte und nicht minder druckvolle Luke (Steve Lukather) oder das Modell für den Hexenmeister unter den Gitarristen, den Prog-Metaller John Petrucci. Dem Gitarren-Hero wurden mittlerweile bereits acht Signature-Gitarren auf den Leib geschnitten. Darunter gibt es sogar eine 8-Saitige.

Basierend auf dem Grundrezept der Standard-Modelle

Die Instrumente sind beileibe nicht preiswert. Wissen sollte man aber, dass Music Man keine Custom-Shop-Instrumente baut. Das hält man eher für einen preistreibenden Marketing-Gag. Vielmehr will der Hersteller grundsätzlich qualitative Instrumente fertigen, von deren Features und Bespielbarkeit eben jeder Musiker verlässlich profitiert. So basieren die in Kooperation mit den Künstlern entstehenden Instrumente zunächst auf dem Grundrezept der Standardmodelle, bieten aber andere Tonabnehmeroptionen, maßgeschneiderte Elektronik, Hardware und individuelle Lackierungen, die so bei den Standards eben nicht angeboten werden.

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Music Man John Petrucci Majesty 6 SP
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(2)

Tatsächlich aber hat auch die Firma Ernie Ball erkannt, dass nicht jeder Gitarrist sich ein Instrument für gleich mehrere tausend Euro leisten kann. So werden unter der Markenbezeichnung „Sterling by Music Man“ Gitarren zu verträglicheren Preisen angeboten, die sich auch bereits durch vernünftige Qualität auszeichnen, aber noch Luft nach oben lassen. Etwa die Sterling by Music Man SUB CT30 Cutlass HSS SBK ist in Double-Cut-Form und mit 4+2-Headstock konzipiert und hat keine aktive Elektronik mit an Bord.

Man versucht eben auch den Einsteigermarkt zu bedienen, rutscht dabei jedoch nicht in den Low-Budget-Bereich ab. Zwar werden die innovativen Features und Besonderheiten der Originale von Music Man Gitarren aufgegriffen; produziert werden die Sterling by Music Man Modelle allerdings in Indonesien. Den Segen bekommen die Instrumente erst nach der Kontrolle im Stammwerk im kalifornischen San Louis Obispo.

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Sterling by Music Man SUB CT30 Cutlass HSS SBK
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Sterling by Music Man Cutlass CT50HSS Daphne Blue
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