Multieffektgeräte für E-Gitarre haben unfassbar viele Features und Möglichkeiten mit an Bord. Die Vorzüge sind zahlreich, aber man muss auch gewillt sein, durch die oftmals komplexe Menüstruktur zu klettern. Für die Fans der Multis kommen hier einige Tipps zu Optionen und Anwendungen.
Check it: Multieffektgeräte für E-Gitarre – Vor- und Nachteile
- Die Alleskönner unter den Effektkameraden
- Komplexität nicht unterschätzen
- Digital versus analog
- Das Ende des „weniger ist mehr“?
- Ein paar interessante Beispiele
Multieffektgeräte für E-Gitarre – die Alleskönner
Die Alleskönner unter den Soundzauberern sind die Multieffektgeräte für E-Gitarre. Welche Effektsammlung sich in diesen Kisten befindet, welche Verstärker- und Boxensimulationen den Gitarristen damit zur Verfügung gestellt werden, ist nahezu unfassbar. Wenigstens für diejenigen, die noch in der rein analogen Welt aufgewachsen sind. Dennoch verbleibt unter dem Strich die Frage, ob die multifunktionalen Effektkameraden den Sound liefern, den du als Gitarrist brauchst, außerdem wirklich so komfortabel sind, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Tatsächlich ist es eine Geschmacksfrage.
Komplexität der digitalen Multis
Digitale Multieffektgeräte sind in der Regel komplex. Mit den werksseitig vorgegebenen Presets wird man selten glücklich. Man hat zwar nahezu endlos viele Möglichkeiten, muss sich aber mühsam durch die Untermenüs wühlen, scrollen und editieren. Nochmals hingehört; klingt noch nicht wie gewollt, also geht es weiter. Wieder rein ins Menü und schrauben, bis der musikalische Arzt kommt.
Einsteiger sind damit schnell überfordert. Immerhin gilt es, aus der Vielzahl der Möglichkeiten die stimmige Soundsuppe zu kochen. Eigentlich wolltest du ja mit durchsetzungsfähigem Sound Gitarre spielen und nicht zum Dauerschrauber am Multieffektgerät werden. Das heißt nichts Geringeres, als dass du dich für optimale Ergebnisse wirklich ausgiebig mit dem Potenzial und den Zusammenhängen der integrierten Effekte auseinandersetzen musst.
Simplere Bedienbarkeit der analogen Multis
Bei rein analogen Multieffektgeräten entfällt in der Regel die umständliche Reise durch den Menü-Dschungel. Schlichtweg aus dem Grund, weil weniger Funktionen zur Verfügung stehen. Analoge Effektgeräte empfehlen sich vor allem für diejenigen, die auf endlose Ausflüge durch das Labyrinth der Funktionen keine Lust haben, dabei das Pedalboard aber trotzdem nicht mit einer Vielzahl von einzelnen Bodentretern überfrachten wollen.
Immerhin gehört zu den pragmatischen Vorzügen der Multieffektgeräte für E-Gitarre, dass die zahlreichen Verkabelungen entfallen und eben nicht jedes einzelne Teil mit Spannung versorgt werden muss. Die Multis sind üblicherweise vergleichsweise groß, beanspruchen allerdings weniger Platz vor den Füßen als die Sammlung von Einzeleffekten.
Multieffektgeräte – analog oder digital
Die Diskussionen der Vor- oder Nachteile von analog und digital sind schlicht endlos. So auch im Kontext der Multieffektgeräte für E-Gitarre. Im Resultat geht es hauptsächlich um zwei Aspekte: in erster Linie um den Sound und dann die Bedienbarkeit. Indes der Dschungel der digitalen Multieffekte für Einsteiger nahezu undurchdringlich scheint, zeigt sich in den vergangenen Jahren zugleich ein Trend zu analogen Multis. Aber was ist der Unterschied und für wen bieten sich welche der Geräte speziell an.
Jean Pütz – ich bastele mir einen Shitstorm
Wenn du eine Debatte mit Shitstorm-Potenzial anschieben möchtest, brauchst du nur öffentlich behaupten, Analog klinge grundsätzlich besser als Digital. Schon mancher hat sich überzeugen lassen, dass das in dieser Absolutheit nicht stimmen kann. Ziemlich schnell wird man über dich herfallen und dir erklären, dass das etwa für Distortion und Overdrive zutreffen kann, auf die Raumeffekte wie Chorus, Hall und Delay aber nicht. Drücken wir es plakativer aus, bedeutet das, dass die digital erzeugten Clean-Sounds die Nase vorn haben, die Zerrsounds aber besser klingen, wenn sie rein analog durch die Signalkette geschickt werden.
Die fragwürdige These aus der audiophilen Welt
Begibt man sich in die audiophile Welt des Hörens von Musik, wird analog nicht selten als „reine Nostalgie“ bezeichnet. So biete die digitale Technik weitaus besseren Bedienkomfort bei hervorragendem Klang. Letztlich aber sei es eine Frage der Qualität und des Preises. Okay, diese These mag man vertreten; letztlich aber scheinen solche Statements nicht nur zu kurz gedacht, sondern auch zu kurz gefühlt.
Schließlich geht es bei Musik immer auch um das Transportieren von Emotionen, sowohl was das eigenständige Musikmachen als auch das das Musikhören anbelangt. Überprüfen wir die Aussage, ist sie in der Hinsicht nicht wirklich korrekt, dass die digitale Variante mehr Bedienkomfort ermöglicht, vielmehr bietet sie mehr Bedienoptionen.
Das Ende des „weniger ist mehr“
Bei Multieffektgeräten können zahllose Settings editiert, abgespeichert und per simplem Knopfdruck abgerufen werden, die andernfalls manuell immer wieder neu eingestellt werden müssten. Zugegeben, das ist – spätestens seit es MIDI gibt – nicht ganz korrekt. Immerhin lassen sich auch per MIDI Konfigurationen vorwählen. Was nützen Hunderte von Konfigurationsmöglichkeiten, wenn man nicht weiß, welche Effekt wohin in der Signalkette gehört und wie die Parameter sich gegenseitig beeinflussen? „Weniger ist mehr“ wird damit per se auf den Kopf gestellt. Wie dem auch sei, es bleibt – wie gesagt – Geschmacksfrage. Schauen wir uns ein paar der aktuell interessantesten Geräte an.
Valeton GP-200
Bereits der kleinere Vorgänger des GP-200 von Valeton – der GP-100 – hat eine große Fangemeinde hinter sich versammelt. Nun hat der renommierte Hersteller eine umfangreicher ausgestattete Version mit mindestens dem gleichen Potenzial auf den Markt gebracht. Zur möglichst einfachen Bedienung hat er insgesamt acht anpassbare LED-Fußschalter mit jeweils drei Fußschalter-Templates mit an Bord.
Integriert ist eine satte Anzahl von mehr als 100 Effekten, was bei den Zerr-Typen beginnt und bei Chorus, Modelling, Hall und Delay noch lange nicht endet. Zudem stellt das Gerät 140 Verstärkertypen und etliche Boxensimulationen parat. Nicht zu vergessen, dass sich sämtliche Blöcke in beliebiger Reihenfolge im Signalweg anordnen lassen. Ebenfalls interessant ist der Looper mit vergleichsweise hoher Aufnahmezeit von maximal 180 Sekunden.
Boss GX-100
Vermutlich gibt es keinen Gitarristen, der nicht schon einmal mit irgendwelchen der zahlreichen Effekte der Marke Boss in Berührung gekommen wäre. Das gilt sowohl für die sogenannten Boutique-Pedale als auch Multieffektgeräte für E-Gitarre. Das Flaggschiff ist das GT-1000, ein durchaus komplexes und nicht gerade preisgünstiges Gerät. Durchaus interessant für diejenigen, die nach einer preisgünstigeren Lösung sind, könnte das Boss GX-100 sein, gewissermaßen der kleinere Bruder, der in vieler Hinsicht schlanker konzipiert ist, aber immer noch über reichlich Optionen verfügt.
Integriert sind 23 unterschiedliche Amp-Simulationen sowie mehr als 150 Boss-Effekte. Der Clou ist das Editieren über das Touch-Display. Die Konfigurationen können sehr intuitiv und vollkommen einfach per Drag an Drop vorgenommen werden. Die Effekte werden unkompliziert mit per Touch in die Effektkette gezogen. Und dabei können 15 der Effekte zeitgleich genutzt werden. Hat doch was.
Morley AFX-1
Einen anderen Weg geht Morley, seit jeher als auch in den letzten Jahren für seine Wah-Wah-Pedale in diversen Ausführungen bekannt, eigentlich sogar der Inbegriff des Wah-Effekts. Nun hat die renommierte Marke etwas in der eigenen Firmenphilosophie Neues auf den Markt gebracht. Beim Morley AFX-1 handelt es sich um ein analoges Multi-FX-Gerät in zugleich analoger Bauweise.
In einer Equipment-Welt, die von digitalen Effektgeräten förmlich geflutet scheint, ist dieses Pedal gewissermaßen ein Outlaw, der ideal aufzeigen die Philosophie der analogen Multieffekte für Gitarre aufzeigen kann. Das AFX-1 bietet Was, Stereo-Echo, Distortion, Stereo-Chorus sowie einen FX-Loop, wobei die FX-Effekte auf den bewährten Schaltungen aus eigenem Hause beruhen.
Bei der Zerre kannst du zwischen High-Gain und Distortion mit jeweils unterschiedlichen Zerrgraden wählen. Das Delay ist mit einer maximalen Zeit von 300 ms möglicherweise etwas schwach auf der Brust, sollte aber in den meisten Fällen vollkommen ausreichen. Das Gerät verfügt über Dreh-Potentiometer für die manuelle Einstellung, außerdem Fußschalter, die sinnvollerweise in vernünftiger Distanz zu den Reglern verbaut wurden. Somit dürfte es keine Probleme beim Stepp-Tanz auf dem FX-Multi geben.
Nux Cerberus
Der Effektspezialist Nux hat sich einen beachtlichen Namen im Bereich der leistbaren Multieffektgeräte für E-Gitarre erarbeitet. So etwa mit dem handlichen Cerberus, das eine solide Grundausstattung für Gitarristen liefert. Und wo wir schon mal das Thema „Analog versus Digital“ angerissen haben, kommt hier eine Besonderheit: Aufgeteilt ist das Multi-Effektpedal in analoge und digitale Effektgruppen. Das heißt, die Modulations- und Raumeffekte wie Delay und Reverb funktionieren digital, die Verzerrer-Effekte wie Distortion und Overdrive bleiben im Zusammenspiel mit der True-Bypass-Schaltung rein analog.
Tatsächlich hat man auch hinsichtlich der Bedienung ein analoges Feeling. Konzipiert ist der Cerberus von Nux mit diversen Reglern und Schaltern. Dabei stehen neben der analogen Verzerrer-Sektion Effekte wie Chorus, Phaser, Tremolo, Uni-Vibe, Delay und Reverb zur Verfügung, die wiederum per AD/DA gewandelt werden. Die Sounds können komfortabel über die Edit-Software am PC oder Laptop konfiguriert werden.
Verantwortlich sind eigentlich unsere Ohren
Um zu verstehen, weshalb wir überhaupt zwischen analog und digital unterscheiden müssen, sollten wir uns das Prinzip des Signalweges bis zu unserem Gehör vor Augen bzw. vor Ohren halten. Ein akustisches Instrument spielt analoge Signale aus. Die wiederum müssen für die Klangbearbeitung über einen AD-Wandler (analog zu digital) in digitale Signale gewandelt werden. Anschließend erfolgt die geräteinterne Bearbeitung. Und im nächsten Schritt müssen Sie wieder hörbar gemacht werden.
So platt es klingen mag, unsere Ohren hören ausschließlich analog. Digitale Signale kann man nicht hören. Digitale Signale sind nichts anderes als Daten. Das heißt, dass nach der Bearbeitung im Gerät wieder gewandelt werden muss, nämlich über einen D/A-Wandler von digital auf analog. Frohlockend stellen wir fest, dass wir analoge Ohren haben. Die Ohren sind schon mal naturbelassen. Fehlt noch der Rest.
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