Kleine Geschichtsstunde: Wo kommt der Drum Circle her?

Drum Circle – der etwas andere Trommelkreis, Folge 4

| Foto: von Mandy Mellenthin

Das gemeinsame Trommeln hat niemand erfunden. Und wer es doch von sich behauptet, lügt. Das gilt auch für das gemeinsame Improvisieren. Zur Methode des „moderierten Drum Circles“ gibt es aber schon ein wenig Geschichte. Willkommen auf dem musikmachen.de-History-Channel:

Drum Circle Geschichte:

  • Begründer einer Idee: Arthur Hull
  • Der VMC – Village Music Circles entsteht
  • Unterstützt von Remo Di’Belli – Marke REMO
  • Verbreitung des Konzepts in Deutschland und weltweit

Mehr als wahrscheinlich ist, dass die Drum-Circle-Methode an mehreren Orten dieser Welt von verschiedenen Menschen zu ebenso unterschiedlichen Zeiten erfunden wurde. Das ist keinesfalls ungewöhnlich, war ja sogar bei der Glühbirne so. Unbezweifelbar existiert aber nur eine Methode, die über Jahrzehnte hinweg intensiv von ihrem Begründer weiterentwickelt und weltweit verbreitet wurde.

Antwort auf eingefahrene musikalische Grenzen

In den späten 60er-Jahren war der damals etwa 18-jährige Arthur Hull beim US-Militär, stationiert in San Francisco. In seiner Freizeit tat er das, was er sein Leben lang schon am liebsten machte: Er ging trommeln. Zu dieser Zeit gab es vor allem zwei Arten von Trommel-Veranstaltungen. Einerseits die traditionellen – z.B. afro-kubanischen – Trommelgruppen, in denen Rhythmen gelernt, geübt und gemeinsam performed wurden. Auf der anderen Seite die anarchischen Hippie-Versammlungen, bei denen jeder tun und lassen konnte, was er wollte.

Arthur Hull | Foto: Village Music Circles

Synergie der Mitte zwischen strengen Regeln und musikalischer Anarchie

Arthur mochte beides. Doch die beiden Extreme der strengen Regeldisziplin und der unkontrollierten Anarchie störten ihn. Es fehlte eine Verbindung dieser beiden Welten. Freier Ausdruck, begleitet von einer helfenden Person, die den Zugang zur Musik erleichtert.

Arthurs‘ Erlebnis mit Initialzündung

Als er während einer freien Improvisationsrunde wieder einmal spürte, wie die (Zitat) „Magie der Musik“ in sich zusammenfiel, stand er einer Eingebung folgend auf, ging in die Mitte und markierte den rhythmischen Puls mit einem Fingerschnippen. Der Groove blieb durch seine Hilfe stabil und Arthur erlebte seine allererste Drum-Circle-Moderation.

Getrieben von diesem Erlebnis, begann er zu experimentieren und zu forschen. Er machte Fehler, um aus ihnen zu lernen und entwickelt mit diesem Hintergrund die Methode, die wir heutzutage als „Moderierte Drum Circles“ kennen.

Logo des VMC – Village Music Circles | Foto: Village Music Circles

Village Music Circles wird gegründet

Anfang der 80er-Jahre gründete er „Village Music Circles“ und begann, Drum Circles systematisch für die verschiedensten Zielgruppen anzubieten. Gleichzeitig wurde er immer häufiger gebeten, sein Wissen und seine Erfahrungen an andere weiterzugeben. Die ersten Drum-Circle-Trainings fanden statt und Arthur entwickelte seine Vision, diese Idee weltweit zu verbreiten.

Unterstützung durch einen Visionär der Instrumentenhersteller

Hilfreich beim Voranbringen dieser Idee war der Besuch eines italo-amerikanischen Geschäftsmanns bei einem von Arthurs Kursen an der Universität in Santa Cruz, Californien. Begeistert vom Enthusiasmus des jungen Facilitators, kehrte der Geschäftsmann in seine Firma nach Los Angeles zurück.

Er beschloss, den charismatischen Perkussionisten mit Sponsoring zu unterstützen, und begann, Percussion-Instrumente für genau diese Anwendung zu entwickeln. Die Zusammenarbeit zwischen Arthur Hull und dieser Firma dauert bis heute an. Der Geschäftsmann war Remo Di’Belli, der visionäre Begründer der weltweit bekannten Marke REMO.

Die weltweite Verbreitung beginnt

Durch die Unterstützung von Remo konnte Arthur nun (fast) alle Kontinente dieser Welt bereisen und seine Playshops auch international anbieten. In Amerika, Europa, Asien und Australien sind sie mittlerweile fest etabliert. Und so kamen sie irgendwann auch in Deutschland an.

Vor 20 Jahren: Angekommen auch in Deutschland

Ein wesentlicher Faktor dabei war das Engagement der Perkussionisten und Musikalienhändler Mathias Reuter und Bernd Nentwig. Sie sahen Anfang des Millenniums ein Video über Arthurs Drum-Circle-Arbeit, das von Remo auf der Frankfurter Musikmesse vorgeführt wurde. Begeistert fragten sie an, ob es nicht eine Möglichkeit gäbe, diesen Mann in ihre Heimatstadt Kassel zu holen. Und tatsächlich: Arthur gastierte mit einem riesigen Drum Circle in einem Zirkuszelt in der hessischen Kulturstadt.

Nach diesem Event saßen alle Beteiligten beim Abendessen zusammen und sprachen darüber, ob Arthur nicht mal seinen DCF-Playshop in Kassel anbieten solle. So kam es vor fast 20 Jahren zum ersten Arthur-Hull-Workshop in Deutschland und damit zu dem essenziellen Impuls für die Drum-Circle-Bewegung in Deutschland.

Das Projekt wird immer prominenter und gefragter

Hunderte von deutschen Facilitator nahmen seither an diesen Fortbildungen teil, kombinierten Arthurs Lehren mit ihren eigenen Expertisen, entwickelten teilweise neue Ideen daraus und halfen dabei, das Thema Drum Circle zu etablieren.

Bis 2017 war Arthur fast jährlich in Deutschland zu Gast. Da schon zu dieser Zeit klar war, dass der immense Umfang seiner Workshop-Touren (jedes Jahr von Januar bis Oktober!) irgendwann nicht mehr zu stemmen sein würde, begann er, ein internationales Trainerteam auszubilden, dass seine Vision in Zukunft weitertragen soll. Aber das ist ein Thema für einen anderen Artikel.

Botschafter des gemeinsamen und kreativen Trommelns

Arthur ist nicht der einzige Botschafter dieser Idee, mit Sicherheit aber der bisher einflussreichste. Andere große Namen wie der US-Perkussionist und Musiktherapeut Kalani Das, die Musiktherapeutin Christine Stevens, die Music-For-People-Botschafterin Mary Knysh und viele andere nationale wie internationale Größen haben ihren Teil zur Weiterentwicklung der Idee des 18-jährigen kalifornischen Jungen beigetragen.

Wenn ihr mehr über die Geschichte und Vielfalt der Drum-Circle-Methode wissen möchtet, nutzt Google, gebt den Begriff „Drum Circle“ bei einem einschlägigen Online-Buchhändler ein oder besucht Arthurs Website villagemusiccircles.com.

Habt ihr weitere Fragen oder Informationen zur Geschichte des Drum Circle?
Postet sie gerne in die Kommentare oder schreibt mir eine E-Mail.

Ich wünsche frohes Grooven – euer Ben

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Und wo wir schon bei dem Thema sind, was man mit Percussion alles anstellen kann, schau doch zur Entspannung mal auf diesen Artikel zum Thema „Percussion-Fake“.

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Der Autor: Benjamin Flohr

Den größten Teil seines Berufslebens bestritt der gebürtige Niedersachse Benjamin Flohr – geb. 1979 – als professioneller Schlagzeuger und Schlagzeuglehrer. Vor mehr als zehn Jahren begann Ben seine Ausbildung zum Drum-Circle-Facilitator bei Drum-Circle-Urvater Arthur Hull und ist seitdem national und international als Moderator von „Rhythm-Based-Events“ unterwegs. Seit 2017 ist er offiziell zertifizierter Ausbilder für Drum Circle nach Arthur Hulls Village Music Circles-Methode. Bei Gewa music ist er als Music Activities Manager tätig. Ihr erreicht Ben per Mail unter flohr@gewamusic.com.

Keine Kommentare zu “Kleine Geschichtsstunde: Wo kommt der Drum Circle her?”
  1. Eisenbraun,Annette

    Vielen Dank ,daß du auch andere DrummerInnen erwähnst.
    Ich könnte dir noch andere bemerkenswerte nennen.Jim Borneau und sein Rumble oder John Fitzgerald,die die Idee auch in die Healthscene hineinbringen.Wie wäre es mit einem Interview via Zoom? Ich bin schon ganz gespannt was du alles berichten könntest.
    MfG
    A.Eisenbraun

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