Der Chorus-Effekt ist bei vielen Musikern sehr beliebt, macht er doch aus einem kleinen und „dünnen“ Signal gerne mal eine große Sound-Wand. Wie der Chorus funktioniert und wie man ihn einsetzt, erklären wir dir hier.
Beim Chorus wird das Ausgangssignal vervielfacht, jede zusätzliche Stimme leicht verstimmt und zum Ausgangssignal leicht zeitversetzt wieder hinzugemischt. Der Zeitversatz wird dabei ständig leicht verkürzt und wieder verlängert. So entsteht ein Schwebe-Effekt.
Wie funktioniert ein Chorus
Wie wir es schon in der ersten Folge dieser Serie über Effekte schrieben, basieren sehr viele Effekte auf dem Delay. Der Chorus macht da keine Ausnahme, denn jede zusätzliche Stimme, die ein Chorus erzeugt, wird mithilfe einer eigenen Delay-Schaltung realisiert. Haben wir zum Beispiel einen sechsstimmigen Chorus, dann wird das Signal eben sechs Mal abgegriffen und mit moduliertem Zeitversatz dem Signal wieder hinzugemischt.
Warum dieser Zeitversatz? Nun, wenn man eine Stimme doppelt und einfach so identisch wieder zum Signal hinzumischt, passiert nicht viel. Das Signal wird nämlich einfach nur lauter – das kann man auch einfacher haben. Das Ziel des Chorus ist es aber, dass es zu einer Stimmenvervielfachung kommt. Und deshalb wird jede zusätzliche Stimme ganz leicht zeitversetzt wieder hinzugemischt. Das kennst du vielleicht von einer 12-saitigen Gitarre, bei der die unteren 3 Saiten ja gedoppelt vorkommen und jeweils eben auch nicht exakt zur selben Zeit angeschlagen werden.
Und dann wird der Sound noch moduliert. Das bedeutet, dass das Signal jeder neuen Stimme abwechselnd mal ein bisschen schneller, mal ein bisschen langsamer wiedergegeben wird. Dadurch wird auch die Länge der Schwingung verändert und der Ton verändert somit auch seine Höhe. So entsteht der Schwebeeffekt, der immer ausgeprägter wird, je mehr Stimmen hinzugefügt werden.
Unterschiede beim Chorus sind die Anzahl der Stimmen, die Variabilität bei der Modulation und ob er auch stereofähig oder nur mono ist. Und klar, je nach Schaltung und verwendeten Bauteilen klingen verschiedene Modelle auch sehr unterschiedlich.
Wo wird der Chorus eingesetzt?
Steht eigentlich schon in der Einleitung: immer dann, wenn eine Stimme nicht ausreicht und ein Sound trotzdem schön breit klingen soll. Das gilt gerade in der Rock- und Popmusik für so ziemlich jedes Instrument:
- Gitarre: nicht für die brachiale Lead-Gitarre, aber wenn es ein bisschen psychedelisch klingen soll.
- Bass: aber Vorsicht, siehe dritten Tipp im nächsten Abschnitt.
- Keyboards: zum Beispiel auf Pads und allem, was den Background voll machen soll.
- Orgel: Nicht nur Tremolo und Rotary Cabinet, sondern auch Chorus sorgen für schöne Schwebesounds.
- Synthesizer: Wie du im Klangbeispiel unten hören kannst, wird selbst aus dem schlichtesten Sägezahn mit Chorus eine breite Wand.
- Drums: nicht nur auf der Snare!
Auch bei Vocals, gerade für den Background, kannst du mit ein bisschen Chorus eine schöne Breite erzeugen. Um die Lead-Stimme aufzupeppen, empfehle ich aber eher den Einsatz eines Pitch Shifters. Dazu mehr in einer weiteren Folge.
Worauf musst du beim Einsatz eines Chorus achten?
Wie immer gilt natürlich: Erlaubt ist, was gefällt. Aber um einen Sound zu erzielen, der bei aller Breite den Druck nicht verliert, solltest du darauf achten, das Effektsignal nicht lauter werden zu lassen als das Ausgangssignal. Manchmal reicht schon eine kleine Prise Chorus, um den Sound breiter wirken zu lassen.
Zweiter Tipp: Achte bei der Modulationsgeschwindigkeit des Chorus auf die Tonhöhe deines Signals und passe die aneinander an. Der Chorus wirkt am besten, wenn du dich mit beiden Signalen in der Nähe befindest.
Und dritter Tipp: Da es im Bassbereich bei Standard-Chorus-Modellen durch die Modulation gerne mal zu Phasenauslöschungen kommen kann, benutze für Bass lieber ein spezielles Bass-Chorus-Modell, bei dem die tiefen Frequenzen durch ein Filter weggeschnitten und nicht moduliert werden. Das klingt viel besser.
Welche berühmten Chorus-Effekte gibt es?
Die meisten wirklich bekannten Chorus-Effekte finden sich mal wieder bei den Bodeneffektgeräten, die meist für Gitarre eingesetzt werden. Dabei finde ich, es ist Zeit mal wieder daran zu erinnern, dass man Bodentreter auch wunderbar für andere Signale wie Keyboards oder Vocals einsetzten kann – und unbedingt sollte! Aber den Chorus-Effekt gibt es auch noch in anderen Geräten. Hier mal ein paar berühmte Beispiele.
Electro Harmonix Small Clone: Das war das Chorus-Pedal, das Curt Cobain auf den Nirvana-Klassikern „Come As You Are“ und „Smells Like Teen Spirit” benutze. Ein echter analoger Chorus mit entsprechendem Vintage-Sound, bei dem du die Rate und Depth über ein umschaltbares Poti einstellen kannst. Durch die Ein-Poti-Regelung sieht das Effektgerät auf den ersten Blick nach nicht viel aus, aber das täuscht gewaltig und der Sound ist eben legendär.
TC Electronic SCF Gold Chorus/Flanger: Von TC Electronic gibt dutzende Pedale in allen Größen, Farben und mit den unterschiedlichsten Effekten. Aber wusstest du, dass alles im Jahr 1976 mit einem Chorus-Pedal anfing? Dementsprechend ist der TC Electronic SCF längst ein echter Klassiker, der auf unzähligen Aufnahmen zu hören ist und der im Jahr 2022 sogar eine Neuauflage erfahren hat.
Roland Chorus: Ja, ich weiß, die Synthesizer Juno-106 und Juno-60 von Roland sind inzwischen echte Klassiker. Aber wenn man mal ganz ehrlich ist, ist ihr Grundsound längst nicht so fett und breit wie der eines Roland Jupiter oder gar eines Moog. Roland wusste sich aber zu helfen und spendierte den Synthis einen zuschaltbaren Chorus-Effekt (den man besser gar nicht erst abschaltet). Schon klangen auch diese Synthesizer groß und breit. Den Chorus kann man inzwischen auch einzeln kaufen, entweder als Hardware-Nachbau von TC Electronic namens June-60 oder von Roland selbst als Software in der Roland Cloud.
Boss CE-2w: Und nochmal Roland/Boss! Ist aber auch kein Wunder, denn die waren es, die mit Geräten wie dem CE-1 die ersten Chorus-Effekte überhaupt gebaut haben. Das CE-2w hat die Schaltungen von CE-1 und CE-2 an Bord und ist für Freunde dieses Vintage-Sounds gedacht. Wer es etwas flexibler, moderner und günstiger mag, greift zum CE-5 oder CH-1, bei denen es deutlich mehr Einstellmöglichkeiten gibt. Und blau sind alle Modelle sowieso.
Chorus Klangbeispiele
Im ersten Klangbeispiel habe ich eine E-Gitarre aus dem Plug-in Virtual Guitarist Sparkle von ujam zwei Akkorde schrammeln lassen. Zunächst völlig trocken, dann mit 50 % Chorus, dann 100 %. Der Chorus ist als Effekt im Plug-in integriert.
Nun folgt eine Synthesizer-Sequenz – erst wieder ohne Effekte, dann mit 50 % Chorus.
Okay, das war vielleicht auch ein gut programmierter Sound. Aber es geht auch deutlicher: Der folgende Basissound stammt aus der Freeware U-he Podolski, und zwar ist das der „nackte“ Sägezahn nach dem Einschalten des Plug-ins. Er wird verbreitert mit der Software-Emulation des Jun-6 Chorus von Arturia.
Zum Schluss noch ein Beispiel für Chorus als Effekt auf einer Drumspur. Achte mal auf die Snare, die extrem breit wird und sich kaum noch orten lässt, wenn der Chorus einsetzt. Der verwendete Chorus stammt aus dem Plug-in Guitar Rig 6 von Native Instruments.
In der richtigen Dosis eingesetzt kann der Chorus-Effekt deinen Sound breiter und kräftiger erscheinen lassen. Übertrieben (gibt’s doch beim Musikmachen gar nicht!) wirkt er vielleicht etwas aufgesetzt, wie auch das letzte Klangbeispiel mit den Drums zeigt. Aber du bestimmst, was dir gefällt!