Musikereffekt Equalizer

Klanggestaltung durch Entzerrung

In dieser Folge unserer Serie über Effekte geht’s um den Equalizer

Equalizer kommen in der Musikproduktion ständig zum Einsatz. Dieser Effekt wird beim Abmischen, bei Live-Shows, an DJ-Mischpulten, Hi-Fi-Anlagen eingesetzt, und es gibt den Equalizer sogar als Bodeneffekt für Gitarre. Schauen wir uns den Signalentzerrer einmal genauer an.

Als Equalizer bezeichnet man mehrere Glockenfilter, die zur Entzerrung von Signalen hintereinandergeschaltet werden. Entzerrung ist dabei nichts anderes als das Anheben und Absenken von bestimmten Frequenzen. Equalizer verfügen dabei meist mehrfach über Parameter zur Frequenzanwahl, des Bereichs der angrenzenden Frequenzen und eben zur Anhebung oder Absenkung des gewählten Frequenzbereichs.

Musikereffekt Equalizer – mehrere Filter bearbeiten den Klang

Ein Equalizer besteht also aus mehreren Filtern. Aber Stopp – hatten wir das Filter in dieser Serie nicht schon? Ja, hatten wir, aber als einzelnen Effekt. Der Equalizer ist ein ganz eigenständiger Effekt und wird entsprechend anders eingesetzt als ein Solo-Filter. Und da wir in dieser Serie die verschiedenen Effekte beleuchten wollen, müssen wir den Equalizer auch gesondert betrachten.

Was macht ein EQ eigentlich?

Mit einem Equalizer wird ein Audiosignal entzerrt. Das darfst du bitte nicht als Gegenteil von „Verzerrung“ verstehen, sondern ist schlicht und ergreifend das Anheben oder Absenken von Frequenzbereichen. Dazu werden tatsächlich mehrere Filter hintereinandergeschaltet, die einem bestimmten Frequenzbereich entweder fest zugewiesen sind oder deren Frequenz mit dem FREQ-Regler bestimmt werden kann. Dieser Bereich kann dann mit einem GAIN-Regler angehoben oder abgesenkt werden. Bei vielen Equalizern ist es mit dem Q-Regler auch noch möglich zu bestimmen, wie schmal oder breit der Bereich um die angewählte Frequenz sein soll. So sind ganz gezielte (schmalbandige) oder sehr weitreichende (breitbandige) Eingriffe ins Klanggeschehen möglich.

Schauen wir uns jetzt mal genauer an, wo und wie welche Formen des Equalizers zum Einsatz kommen. Denn EQ ist nicht gleich EQ!

Equalizer beim Musikhören

Equalizer eines Hi-Fi-Verstärkers von Yamaha | Foto: Nikolai Kaeßmann

Fangen wir mit dem einfachsten aller Equalizer an, dem meist zweibandigen EQ mit festen Frequenzen. Der kommt bei ganz vielen Hi-Fi-Verstärkern, Autoradios oder auch in Software-Form in vielen Smartphones zum Einsatz. In der Regel gibt es hier einen Regler für Bässe und einen für Höhen, die jeweils angehoben oder abgesenkt werden können. Entsprechend breit ist der jeweilige Frequenzbereich dieser beiden Regler.

Equalizer im Dj-Mixer

Setzten wir einen drauf und nehmen den Equalizer eines DJ-Mischpults. Okay, „den“ einen Equalizer gibt es hier schon nicht mehr. Manche Pulte haben auch nur eine zweibandige Klangregelung, andere haben noch einen zusätzlichen Regler für die Mitten. Je aufwendiger ein DJ-Mischpult gebaut ist, desto besser wird in der Regel auch die Ausstattung des Equalizers. Meist bedeutet das, dass es möglich ist, den Frequenzbereich des Mittenbandes festzulehen und dass die Gain-Regler nicht nur Frequenzen anheben oder absenken, sondern auch gnadenlos mit einem Cut-Filter wegschneiden können. Das ist zum Beispiel sehr praktisch, um die Bassdrum eines Songs so wegzufiltern, dass die des nächsten Songs problemlos reingemixt werden kann.

Equalizer im Studiomischpult

EQ-Sektion der SSL 4000 Konsole im Abbey Road Institute in Frankfurt: alle 4 EQ-Typen im Pult! | Foto: Nikolai Kaeßmann

Nun nehmen wir uns den für Musiker meist wichtigsten Equalizer vor, nämlich den im Kanalzug eines Mischpults. Dabei bleibe ich jetzt mal bewusst bei Hardware und den damit verbundenen Einschränkungen. Auch gibt es wieder jede Menge Unterschiede, aber bei vielen analogen Pulten findet sich ein vierbandiger Equalizer mit unterschiedlichen Ausstattungsmerkmalen. Mal sind die Frequenzen für Bässe und höhen fest eingestellt, mal gibt es keine Möglichkeit, die Filtergüte einzustellen.

Auf unserem Beispielfoto siehst du die Equalizer-Sektion einer legendären SSL 4000 Studiokonsole. Auch hier gibt es eine vierbandige Klangregelung. Bei Höhen und Bässen kann die Frequenz in einem gewissen Regelbereich eingestellt und mit einem weiteren Regler um 15 dB angehoben oder abgesenkt werden. Für die Mitten stehen zwei unterschiedliche Bereiche für gezielte Eingriffe bereit. Hier gibt es mit dem jeweils unteren Regler auch die Möglichkeit die Breite des Frequenzbandes einzustellen, von links = schmal bis rechts = breit. Das kannst du sehr gut an der Beschriftung unter den Reglern erkennen. Damit sind schon sehr gezielte und sehr musikalische Eingriffe ins Klanggeschehen möglich.

Übrigens: Bei der SSL 4000 Konsole gibt es vier verschiedene EQ-Varianten, die man an den unterschiedlichen Farben der Poti-Kappen erkennen kann. In der von uns fotografierten Konsole des Abbey Road Institute in Frankfurt am Main findest du die seltene Kombination aller gebauten Typen. Achte mal auf die Farben: Die Potis oben sind mal rot, mal pink, die unten mal schwarz, mal orange, mal braun! In Software-Emulationen kannst du oft zwischen diesen Typen umschalten.

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Der vollparametrische Software-Equalizer

Vollparametrischer Software-EQ mit 10 Bändern | Screenshot: Nikolai Kaeßmann

Dank der Rechenleistung moderner Computer gibt es inzwischen auch alle Effekte als Softwareversionen, da macht der Equalizer keine Ausnahme. Und dank Software ist auch noch viel mehr möglich als eine vielleicht auch sehr akkurate Nachbildung einer Hardware. Das beste Beispiel sind vollparametrische Equalizer, die auch gerne mal zehn komplett frei einstellbare Bänder haben können.

Das bedeutet, dass du zehnmal die Eckfrequenz komplett frei wählen kannst, für jedes Band die Güte von ganz schmal bis breit über das gesamte Frequenzband einstellst und schließlich auch jedes Band sehr präzise anheben oder absenken kannst. Zusätzlich kannst du meist die einzelnen Filterbänder auch in ihrer Funktionsweise umschalten und daraus zum Beispiel Low- oder Highpass- oder Kuhschwanzfilter machen. So präzise schafft Hardware das nicht.

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Grafischer Equalizer

Der grafische Equalizer hat feste Frequenzbänder mit fest eingestellter Güte und jedes Band hat seinen eigenen Regler. Dadurch ist er sehr übersichtlich. Der Abstand zwischen den Bändern ist ebenfalls festgelegt und beträgt entweder eine Terz oder eine Oktave. Dadurch haben grafische Equalizer 10, 11 oder auch 31 Bänder.

Eingesetzt werden grafische Equalizer meist in der Beschallung zur Frequenzkorrektur von PA-Anlagen in problematischen Umgebungen. Aber auch im Studiobereich kommen sie zur zum Einsatz, um problematische Abhörsituationen zu korrigieren. Hiervon möchten wir an dieser Stelle aber allen Anfängern dringend abraten. Wenn du nicht exakt weißt, was du tust, dein Raum nicht vorher perfekt eingemessen und mit Hardware-Mitteln wie Absorbern und Co. bereits optimiert hast, dann lass besser die Finger davon.

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Equalizer als Bodentreter

In die gleiche Gruppe der grafischen Equalizer gehören auch die Gitarreneffektgeräte mit Equalizer. Hier geht es aber darum, dem Gitarrensound einen ganz besonderen Stempel aufzudrücken und bestimmte Frequenzen hervorzuheben oder abzusenken. Dementsprechend haben sie auch einen auf das Gitarrensignal eingegrenzten Frequenzbereich und somit weder besonders tiefe noch besonders hohe Frequenzen. Und wie immer bei diesen Effekten möchten wir nicht vergessen zu erwähnen, dass keinerlei Pflicht besteht, einen Bodentreter nur mit einer Gitarre zu verwenden – seid kreativ!

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Wie arbeitet man mit einem Equalizer – und wie nicht?

Direkt der erste Fehler der meisten Neueinsteiger vorneweg: Equalizing bedeutet keinesfalls, immer nur Frequenzbereiche anzuheben! Ein beherztes Wegschneiden von unerwünschten Frequenzbereichen wirkt oft Wunder. Klänge haben stets nur einen gewissen Wirkungsbereich. Den gilt es zu betonen, alles andere kann störend wirken.

Der Einsatz eines Equalizers ist selbstverständlich immer signalabhängig und kann nie verallgemeinert werden. Typische Beispiele sind aber:

  • Einer menschlichen Stimme kann mit dem Entfernen tiefer Frequenzen mehr Energie in den entscheidenden Mittenbereichen gegeben werden. Durch leichtes Anheben der Mitten erreichst du mehr Sprachverständlichkeit.
  • Wenn eine Bassdrum nicht genug Punch hat, dreh mal 80 bis 100 Hz rein und freue dich über den schönen Schlag auf den Solar Plexus.
  • Netzbrummen auf einer Aufnahme bekommst du mit einer Absenkung mit einem ganz schmalen Frequenzband bei 50 Hz in den Griff.

Klar, das waren nur ein paar einfache Beispiele. Grundsätzlich solltest du den Equalizer beim Mixen stets mit Bedacht einsetzen und beim gezielten Verformen von Sounds auch einfach mal die Hände an die Regler nehmen, die Augen zumachen und dich auf dein Gehör verlassen. Was dann als Werte an den Potis steht, ignorierst du einfach. Diese beiden Tipps widersprechen sich? Klar, das ist Musikmachen! 😉

Warum klingen EQs unterschiedlich

Unterschiedliche analoge Bauteile klingen durch die unterschiedliche Verarbeitung des Stroms auch unterschiedlich. Jeder Hersteller verfolgt auch hier seine eigene Klangphilosophie, und man kann einen Klang eben mögen oder nicht. Auch unterscheiden sich die angebotenen Frequenzen und Frequenzbereiche der Equalizer bei verschiedenen Mischpulten oft doch recht stark.

Der EQ meines ersten eigenen größeren Pults, einem Tascam M-3500, hatte eine feste Bassfrequenz von 100 Hz, der Tiefmittenbereich war regelbar von 42 Hz bis 1,3 kHz. Eins der beliebtesten Pulte der 90er war dagegen das Mackie 8 Bus dessen EQ eine feste Bassfrequenz von 80 Hz und einen regelbaren Tiefmittenbereich von 45 Hz bis 3 kHz hatte. Und auch der Boost/Cut-Bereich unterschied sich ganz deutlich: Zwar hatten beide Pult-EQs bei den Tiefmitten einen Regelbereich von +/-15 dB, aber im Bassbereich gab es beim Tascam-Pult nur +/-12 dB und +/-15 dB beim Mackie.

Dazu kam eben die unterschiedliche Vorstellung von Klang der Entwickler. Klar, dass dadurch die EQs  – und auch die beiden Pulte insgesamt – sehr unterschiedlich klangen.

Solche Unterschiede ziehen sich durch alle Preisklassen, ob du nun günstige Pulte von Behringer bis the t.mix vergleichst oder die Rolls-Royce-Klasse mit Studiopulten von AMS Neve bis SSL. Inzwischen hast du, wenn du Equalizer im Rechner benutzt, sogar einen Vorteil: Viele EQs gibt es inzwischen als Software-Emulation. Du kannst dir dein Lieblingstool raussuchen, ohne gleich mit dem Lastwagen vorfahren z müssen. Und: Du kannst EQs und ihre unterschiedlichen Klangcharakter sogar mischen!

 

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