Es ist und bleibt die übliche Gretchenfrage: Muss man für eine vernünftige E-Gitarre ganz tief in die Tasche greifen oder können preisgünstigere E-Gitarren aus Fernost mit denselben Qualitäten punkten? Umso interessanter ist die Überlegung, wenn dir bewusst wird, dass die weltweit größten Gitarrenhersteller aus Korea, Japan und China kommen. Und die produzieren auf für andere Marken.
Check it: E-Gitarren aus Fernost zu leistbaren Preisen
- Heutzutage ist es günstiger ein guter Musiker zu werden
- Markenname wird bei den Klassikern mitbezahlt
- Ein wenig Gitarrenbau- und Markengeschichte
- E-Gitarren aus Japan
- E-Gitarren aus Korea
- E-Gitarren aus China
E-Gitarren aus Fernost machen’s möglich
Wer heutzutage als Einsteiger zur elektrischen Gitarre greifen möchte, profitiert von preisgünstigen und zugleich vergleichsweise hochqualitativen Modellen, die vor Jahrzehnten so schlichtweg nicht denkbar waren. Das könnte man einfach als gegebene Selbstverständlichkeit hinnehmen. Gerade die jüngeren Generationen haben die kostspieligeren Zeiten des Instrumentenbaus nun mal nicht erlebt.
Allerdings könnte man auch durchaus mal ein wenig genauer hinter die Kulissen schauen. Immerhin steht unter dem Strich, dass es heutzutage weitaus einfacher ist, zum ambitionierten Saitenartisten zu werden. Preisgünstige E-Gitarren aus Fernost sind lediglich einer der Gründe dafür.
Der Markenname wird logischerweise mitbezahlt
Selbstverständlich gibt es auf dem Markt nicht ohne Grund hochpreisige und gleichermaßen hochqualitative Gitarren. Die meisten der Leader-Marken werden in den USA hergestellt, wobei immer wieder immer wieder die Handarbeit betont wird, was allerdings nur in den wenigsten Fällen dem eigentlichen Wortsinn entspricht.
Durchaus gibt es Hersteller wie Tom Anderson, die nahezu komplett von Hand fertigen. Bei den allermeisten handelt es sich jedoch um Serienfertigungen, bei denen lediglich noch in Teilbereichen wirklich Hand angelegt wird. Abgesehen von den verwendeten Bauteilen und Materialien könnte man durchaus auf die Idee kommen, man bezahle den Markennamen teuer mit.
Akzeptanz als Marken ohne nennenswerte Konkurrenz
Wir blicken ein wenig in die Vergangenheit, um den Wandel im E-Gitarren-Kosmos zu begreifen. Es war die Zeit, als die Hauptprotagonisten auf dem Markt wie Fender und Gibson eigentlich kaum eine nennenswerte Konkurrenz hatten. Die Instrumente wurden zumeist in den USA gefertigt. Die Marken hatten sich als Vorreiter einen beachtlichen Ruf gesichert.
Wenngleich es diverse andere namhafte Hersteller gab, waren es doch hauptsächlich die Modelle dieser beiden Firmen, deren Bauformen von anderen Unternehmen, die es mit den Markenrechten nicht so genau nahmen, fröhlich kopiert wurden.
Kopien der eigenen Modelle in Billiglohnländern gefertigt
Und die Kopien dieser Modelle entstanden eben nicht in Amerika oder dem westlichen Europa, stattdessen in Billiglohnländern wie Japan, China oder Korea. Marken wie Aria brachten Gitarren auf den Markt, die anfangs zwar weniger qualitativ waren, es Einsteigern aber möglich machten, ein Hobby zu beginnen, das sie sich andernfalls womöglich noch nicht hätten leisten können.
Spätestens jetzt wurde klar, dass Gitarren auch preisgünstiger hergestellt werden konnten. Und auch die renommierten Markenhersteller erkannten, dass im Low-Budget-Bereich ein immens großer Markt vorhanden war, gegen den sie sich zunächst gesträubt hatten, den sich allerdings auch nicht aus den Händen nehmen lassen wollten.
Submarken als Antwort auf E-Gitarren aus Fernost
Als Antwort darauf entstanden die preisgünstigeren Linien als Submarken. So brachte Gibson die Marke Epiphone auf den Markt, Fenders preiswertere Sub-Marke war (und ist) Squier. Man traute sich nicht wirklich, den Ruf der hochwertigeren Instrumente mit Low-Budget-Modellen zu massakrieren. Also wurden diese beiden preisgünstigeren und weniger qualitativen Gitarren nicht nur unter eigenem Namen herausgebracht.
Zugleich mussten diese E-Gitarren aus Fernost auf etliche Features der Originale verzichten. So dauerte es beispielsweise Jahrzehnte, bis erste Epiphone-Gitarren den Headstock von Gibson haben durften. Analog dazu verlief die Geschichte mit Squire by Fender. Wenn man ehrlich ist, war der Ansatz ziemlich hochnäsig.
Copy-Modelle aus eigenem Hause mit günstigeren Komponenten bestückt
Die Copy-Modelle aus eigenem Hause waren mit anderen Tonabnehmern bestückt, in der Regel auch mit weniger qualitativen Hölzern und schlechteren Mechaniken und weiteren günstigen Parts gefertigt, was sich im ebenso niedrigeren Preis widerspiegelte. Doch die Qualität insbesondere der Gitarren aus japanischer Fertigung nahm schnell zu. Es dauerte nicht lange, bis manche Musiker beispielsweise eine Squier-Strat mit auf die Bühne nahmen und die teure Fender Stratocaster wohlbehütet und schadlos zu Hause ließen.
Eigenständige asiatische Marken bereicherten den Markt
Fern von Fender und Gibson, Jackson, Guild, Schecter und Co. kamen die ersten eigenständigen asiatischen Marken aus Japan, so etwa Aria, Yamaha, und Ibanez. Es sollten zahlreiche weitere aus dem musikalischen Boden sprießen mit Marken von Cord bis Harley Benton. Die Gitarrenhistorie hatte damit eine bedeutende Wendung in Richtung leistbarer Instrumente genommen.
Ibanez – Japan
Ibanez entstand aus einem bereits 1908 gegründeten Buchladen in Japan. Kurioserweise konnte man dort ab 1920 auch Gitarren kaufen. Es sollte lediglich zwei Dekaden dauern, bis Ibanez mit bis zu 1.000 gefertigten Modellen pro Tag zu einem der weltweit größten Gitarrenhersteller avancierte. Radikal gestoppt wurde das Unternehmen durch den zweiten Weltkrieg. Erst ab 1950 begann das Comeback. Die 70er-Jahre sollten zu den turbulentesten der Ibanez-Geschichte werden, als das Unternehmen mit Kopien populärer US-Gitarren von Fender, Rickenbacker, Gibson und weiteren geradezu gigantische Erfolge verbuchte.
Diese E-Gitarren aus Fernost waren ehemals preiswert und ab den 70ern auch sehr gut, während die renommierten Brands in der damaligen Zeit mit Qualitätsproblemen zu kämpfen hatten. Tatsächlich kosteten selbst die besten Kopien der Fender- oder Gibson-Modelle nicht mal die Hälfte der Vorbilder. Ibanez gehörte und gehört seither zu den Marken, die sich sowohl im Low-Budget-Segment als auch in höheren Regionen wie beispielsweise mit der 7-saitigen Steve Vai Signature festgesetzt haben. Dabei ist Ibanez lediglich ein gesicherte Markenname der Hoshino-Company, genutzt für die Gitarren, die in den Export gehen.
Yamaha – Japan
Indes der handelsübliche Normalbürger bei Yamaha eher an Motorräder, Rasenmäher und sonstige motorbetriebene Dinge denkt, assoziieren Musiker die Marke eher mit Bässen und E-Gitarren aus Fernost mit attraktivem Preis-/Leistungsverhältnis. Besonders beliebt sind die Instrumente von Yamaha bei Einsteigern und Schulbands, bei Gitarrenschülern und ebensolchen, die nach einem vernünftigen Instrument zu leistbaren Kurs suchen.
Die Instrumente von Yamaha haben zwar eine eigenständige Form; das abgefahrene Finish steht allerdings ebenso wenig im Mittelpunkt wie die Ausstattung mit hochqualitativen Komponenten. Vielmehr sind die elektrischen Instrumente einer vernünftiger und solider Kompromiss.
Fernandez – Japan
Die Marke Fernandez entwickelte sich in den 70er-Jahren zu einem der führenden Herstellern von Fender-Kopien. Auch Nachbauten der Gibson-Modelle wurden angeboten, konnten sich aber weniger durchsetzen. Fernandez schaffte es insbesondere mit einer eigenen Entwicklung, bei den Musikern den Billig-Nimbus der E-Gitarren aus Fernost abzustreifen: dem Sustainer. Fernandez hatte ein System entwickelt, mit dem die Töne sehr lange ausklingen konnten, was für einen realen Soundvorteil sorgte.
Das System wurde später auch von anderen Gitarrenherstellern übernommen. Leider ist die Marke heute nicht mehr so prominent vertreten. Fernandez scheint sich inzwischen vollständig auf den japanischen Markt konzentriert zu haben. Seit nach einem Vertriebswechsel die letzten hiesigen Fernandez-Bestände vor wenigen Jahren geradezu verhökert wurden, ist die Marke aktuell in Deutschland nicht mehr präsent.
Vester – Korea
Zeitverzögert nach den Japanern drangen die koreanischen Hersteller auf den Gitarrenmarkt. Während die japanischen Firmen, insbesondere Ibanez, immer besser und somit auch leicht teurer wurden, war plötzlich in der unteren Preisrange wieder eine Lücke entstanden. Und wiederum gab es neue, eigenständige E-Gitarren aus Fernost wie beispielsweise die bis in die 90er-Jahre im koreanischen Samick-Werk des Unternehmens SaeHan unter der Marke Vester gebauten Powerstrats.
Gerade aufgrund ihres sehr guten Rufs wurden die Musikläden hierzulande mit Vester-Gitarren geradezu überschwemmt. Doch auch diese Schwemme ist längst Schnee von gestern. Der Hersteller und der Vertrieb als Inhaber des Markennamens haben sich zerstritten. Mitte der 90er war Feierabend.
Cort – Korea
Allerdings gibt es in Südkorea nicht nur das Samick-Werk, sondern auch die Firma Cort Guitars. Und die zeichnet sich bis in die heutigen Tage hinein durch sehr vernünftige Qualität aus. Cort ist längst einer der weltweit größten Gitarrenproduzenten und fertigt sowohl Instrumente in eigenem Namen als auch im Auftrag für andere Unternehmen, etwa für Ibanez oder Schecter.
Bonmot am Rande: Wir merken mit Ibanez, dass eine ehemals preisgünstige Marke plötzlich in Korea fertigen lässt. Auch das Signature Modell von Matt Bellamy die MBM-1 und nunmehr auch die MBM-2 META Series werden bei Cort gefertigt. Cort-Gitarren und Bässe überzeugen mit sehr vernünftiger Verarbeitung, oftmals auch mit aktiver Elektronik und vor allem guter Bespielbarkeit.
Harley Benton – China
Ein geradezu unschlagbares Preis-/Leistungsverhältnis bieten die Gitarren von Harley Benton. Gefertigt werden die Instrumente der Thomann-Hausmarke in China. Und die zeichnen sich inzwischen durch wirklich sagenhafte Kurse und ein außergewöhnliches Preis-/Leistungsverhältnis aus, geradezu unverschämt günstig. Und das ist beileibe keine Übertreibung. Diese E-Gitarren aus Fernost haben ein wunderschönes Finish, haben je nach Preiskategorie einen super Sound und sind bestens bespielbar.
Wenn man überlegt, dass diese Instrumente am anderen Ende der Welt gefertigt werden, die Bauteile sich nicht im Geringsten von anderen negativ unterscheiden, die Fertigung nicht weniger Zeit in Anspruch nimmt als bei vergleichbaren anderen Marken und vieles mehr, sind die Preise unglaublich. Konsequent günstig, offensichtlich auch deshalb, weil Thomann zugleich als Auftraggeber, Großhändler- und Einzelhändler auftritt, also keine weiteren preistreibenden Zwischenhändlern vorhanden sind.
Resümee
Es ist immer gut, ein wenig über den eigenen Tellerrand zu blicken und den persönlichen Horizont zu erweitern. Immerhin ist man oftmals geneigt, die eigene Sichtweise als die einzig gültige zu verstehen. In nahezu sämtlichen Rückblicken der E-Gitarrengeschichte wird immer wieder auf die amerikanischen Pioniere verwiesen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die E-Gitarren aus Fernost eine nahezu gleichlange Tradition haben.
Nur hat man es kaum mitbekommen, zumal die Unternehmen eher auf Understatement setzen und geradezu unprätentiös für andere Unternehmen herstellen, ohne überhaupt genannt werden zu müssen. Außerdem haben die asiatischen Hersteller sich oftmals erst später für den Weltmarkt geöffnet. Und diese Unternehmen haben in der qualitativen Serienfertigung verdammt zugelegt, bleiben dabei aber mit ihren Preisen weitaus verdaulicher als so manche Traditionsmarke.
+++
Auch interessant: „Wieviel Watt dein Gitarrenverstärker haben sollte“.