Fragen über Fragen: Was ist ein Charango?

Ein musikalischer Ausflug in die südamerikanischen Anden

Foto: Shutterstock von Jorge Alcojor

Hierzulande alles andere als Mainstream, in Südamerika – insbesondere in den Anden – hingegen ist das Charango ein vielfach bekanntes und nicht minder beliebtes Instrument. Echt abgefahren, wie artistisch und mit welch hoher Musikalität die Könner darauf spielen. Ansatzweise vergleichbar mit dem Flamenco. Es lohnt sich unbedingt, sich mit dem einst indigenen Instrument zu beschäftigen.

Check it: Informationen zum Charango

  • Es könnte eine Symbiose sein
  • Anfangs mit Gürteltierpanzer gefertigt
  • Inzwischen zu Harthölzern übergegangen
  • Doppelchörige Saitenbestückung und origineller Klang
  • Renommierte Künstler führen die Möglichkeit vor

Was ist ein Charango – geboren während der spanischen Kolonialzeit

Wir machen einen Ausflug nach Südamerika, genauer gesagt in die Anden und noch exakter ausgedrückt nach Peru, Bolivien, Ecuador, Nordchile und dann noch ein kleines Stück von Argentinien bzw. den entsprechenden Teil der Anden. Hier befindet sich das Zuhause und mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit der Ursprung des Charango. Seine Geburtsstunde war während der spanischen Eroberung. Dabei handelt es sich um ein regionstypisches Saiteninstrument, das in allerweitestem Sinn eine Symbiose aus Mandoline, Ukulele und Balalaika sein könnte. Wohlgemerkt „könnte“, ee ist es nicht wirklich, stattdessen ist das Charango ein sehr eigenständiges Instrument mit ganz besonderem Aussehen.

Eigentlich eine Adaption der Handlaute Vihuela de mano

Die ersten entstanden im 18. Jahrhundert in den nördlichen Anden Südamerikas. Dabei handelte es sich um Kreationen der indigenen Aymara- und Quechua-Völker. Vor der Ankunft der Europäer auf dem amerikanischen Kontinent gab es dort überhaupt keine Saiteninstrumente. Blas- und Schlaginstrumente beherrschten die Musiklandschaft. Vermutet wird, dass sie von der Vihuela de mano, einer Handlaute und weitläufigem Vorfahren der modernen Gitarre, beeinflusst wurden, die von spanischen Kolonisten in die Region gebracht wurde. Im Laufe der Jahre versuchten die einheimischen Quechuas, dieses Instrument zu kopieren, und schufen schließlich das Charango.

Man nutzte die Materialien, die es gab. | Foto: Shutterstock von Yuri Ugarte - Supay

Man ist sich nicht einig – das wäre auch das erste Mal

Als könnte es nicht anders sein, herrscht zwischen Bolivien und Peru Uneinigkeit über die Ursprünge des Instrumentes. Beide proklamieren die Erfindung des Instrumentes für sich. Indes manche sich einig sind, dass das Charango höchstwahrscheinlich in der bolivianischen Stadt Potosi entstanden ist, gibt es auch bis in die heutigen Tage hinein vollkommen andere Meinungen.

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Entstanden mit den regional vorhandenen Materialien

Wie in vielen anderen Regionen der Welt im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende Instrumente mit den Materialien entstanden, die in der Natur vorhanden waren, so geschah das auch in den südamerikanischen Anden. Vorhanden waren – Achtung, bitte festhalten – Gürteltiere. Aus dem Panzer der Gürteltiere wurde der Korpus – der Resonator – des Charango gefertigt, der aufgrund dessen eine halbrund ovale Form erhielt. Hoch oben in den Anden gab es nicht ausreichend Bäume, um Instrumente daraus zu bauen. Derart konzipierte Instrumente sind übrigens ein Relikt verstaubter Zeiten. Heute ist das verboten, zumal das Gürteltier vom Aussterben bedroht ist.

Mittlerweile stehen Gürteltiere unter Artenschutz und sind vom Aussterben bedroht. | Foto: Shutterstock von Vladimir Wrangel

Inzwischen zur Fertigung aus verschiedenen Harthölzern übergegangen

Die beliebtesten Instrumente werden mittlerweile aus unterschiedlichen Harthölzern hergestellt, zumal Holz das bevorzugte Material für ernsthafte Musiker ist. Auch ist die Herstellung des Korpus aus Holz selbstredend vorteilhafter für die Gürteltierpopulation. Glücklicherweise verbreitet sich der Tierschutzgedanke auch weiterhin rund um die Welt. Es sollte kein Tier sterben, um daraus ein Musikinstrument herzustellen. Allerdings muss man das rückblickend aus der richtigen Perspektive betrachten, wenn man sich denn überhaupt eine Bewertung anmaßen will: Gürteltiere sind in der Region eine Delikatesse; der Panzer der Gürteltiere war ohnehin übrig. Eine Besonderheit solcher Charangos ist, dass der Korpus und der Hals aus einem einzigen Stück Holz geschnitzt werden, indes der Resonanzboden üblicherweise aus heller Fichte mit aufwändigen Einlegearbeiten besteht.

Charango: Nur folgerichtig werden die Instrumente inzwischen aus Holz gefertigt. | Foto: Shutterstock von PhotoMagicWorld

Der Harfen-ähnliche Klang des Charango

Das Instrument ist recht klein, geradezu niedlich. Bestückt ist es in der Regel mit insgesamt 10 Saiten, von denen 5 jeweils doppelchörig sind. Gestimmt ist das Charango auf G-C-E-A-E. Und schon wird wieder eine verblüffende Ähnlichkeit offenbart: Lässt man die beiden E-Saiten weg, ist die Stimmung identisch mit der einer Ukulele. Durch die spezielle Bauweise entsteht ein harfenähnlichen Klang. Ebenso werden klanglich Assoziationen mit der Mandoline, Laute oder Gitarre geweckt. Gefertigt werden die Instrumente weiterhin in der Region, so beispielsweise in echter Handarbeit in einer Manufaktur in Cochabamba in Bolivien.

Bestückt mit 5 doppelchörigen, also 10 Saiten

Selbstverständlich benötigt man für ein besonderes Saiteninstrument auch spezielle Saiten. Und zwar in den meisten Fällen einen 5-chörigen Satz mit eben insgesamt 10 Saiten, wobei es sich zumeist um Nylon- oder Nylgut-Saiten, seltener um Stahlsaiten handelt. Saiten für Charango sind tatsächlich nur selten auf dem Markt zu finden. Umso besser, dass es einige wenige Anbieter gibt, die sich dieser Thematik widmen. Aufpassen müsst ihr auf die richtige Zusammenstellung nach euren individuellen Anforderungen. Vorteilhaft ist, dass manche der Saiten so lang sind, dass man sie locker in der Mitte teilen und zwei daraus machen kann.

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Origineller Klang des Charango sorgt für große Beliebtheit

Aufgrund des originellen Klanges erfreut sich das Charango hoher Beliebtheit. Bekannt ist der Klangcharakter aus der südamerikanischen Kneipenmusik als auch aus der Folklore. Jedoch würde es seiner vielfältigen Einsatzbarkeit nicht gerecht, die musikalischen Einsatzmöglichkeiten auf diese Genres zu beschränken. Und so ist das Charango denn auch in anderen Musikstilen gerade aufgrund der Tatsache beliebt, dass es für durchaus ungewöhnliche Akzente in der Musik sorgt. Gespielt wird es mit Schlagtechnik oder eben gezupft, so wie wir das von der Ukulele kennen.

Charango längst avanciert zum Nationalinstrument

In den speziellen Regionen der Anden ist das Charango längst eine Art Nationalinstrument geworden, und zwar kaum in den Großstädten, sondern vielmehr in den ländlichen, ursprünglichen Gebieten. Dort wird es beispielswiese in Kirchen bei von Musik begleiteten Prozessionen gespielt, wo es sich mit anderen landestypischen Instrumenten bestens versteht. Ebenso könnte man es aber auch beispielsweise beim Flamenco und auch beim Tango einsetzen. Es ist wenig sinnvoll, ein Instrument auf einen einzigen Stil zu begrenzen. Sich nicht auf die Suche nach den musikalischen Möglichkeiten zu begeben, wäre eher erniedrigend. Ein Instrument muss nicht in seiner Tradition gefangen bleiben. Jedes Instrument kann sich weiterentwickeln und traditionelle Grenzen überschreiten.

Das Instrument erzählt weiterhin die Geschichten der Anden. | Foto: Shutterstock von Colin Dewar

Renommierte Künstler verbreiten das Potenzial des Charango

Auch gibt es inzwischen bekannte Könner auf dem Instrument wie etwa den argentinischen Charango-Virtuosen Diego Jascalevich, der die hessische Stadt Kassel mittlerweile als Wahlheimat gewählt hat und mit Konzerten immer wieder Deutschland bereist und dann gerne die Musiktraditionen mischt. Dabei erkennt man schnell, wie bodenständig verhaftet die dortige Musik und damit auch das Charango sind. Jascalevich spielte in Brasilien gern und viel in Kneipen, Bars und kleinen Theatern, verdiente in der armen Gegend zwar nicht viel Geld, hatte aber nach eigener Aussage „(…) dennoch eine schöne Zeit, locker und frei.“

Die Vielfalt und Qualität der Instrumente ist immens. | Foto: Shutterstock von Grinchenkova Anzhela

Bis hin zum größten jemals organisierten Charango-Konzert

Es gibt diverse weitere, die mit ihrem Spiel auf der Charango beeindruckender nicht sein könnten, so etwa den renommierten Charango-Musiker Alfredo Coca Antezana. Im Jahr 2009 organisierte Antezana unter dem Titel „The Orchestra of the 1.000 Charangos“ die bisher größte Gruppe von Charangos mit 1.157 Teilnehmern. Zudem verbringt er seine Zeit mit der Planung und Leitung des Charango-Museums.

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