Lichttechnik für Einsteiger: Was ist Gassenlicht

Bewegung faszinierend in Szene gesetzt

Foto: Shutterstock von Anna Jurkovska

In der Veranstaltungstechnik gibt es diverse Begrifflichkeiten, die für Außenstehende oder technische Laien zunächst unverständlich oder zumindest missverständlich sind. Meistens aus ganz pragmatischen Gründen. Wir klären für dich die Frage: Was ist Gassenlicht?

Was ist Gassenlicht: Mit Missverständnissen aufräumen

Um uns der Thematik aus der richtigen Perspektive nähern zu können, sollten wir zunächst mal mit einem leicht aufkeimenden Missverständnis aufräumen: Bei der Fragestellung „Was ist Gassenlicht“ könnte man unschwer vermuten, es gehe darum, irgendeine dunkle Gasse zu beleuchten, also vielleicht so einen engen und düsteren Gang, in den man sich bei Dunkelheit nicht mehr traut.

Typischerweise kennt man solche unliebsamen Gänge ja aus Krimis und Actionfilmen. In der Ecke steht noch eine Mülltonne herum, eine Katze jault und wenn irgendwo etwas Dramatisches passiert, dann ganz sicher in dieser unwirklichen Gasse. Hier kommt die Auflösung: Damit hat Gassenlicht nicht das Geringste zu tun. Vielmehr geht es um eine spezielle Position der Scheinwerfer bzw. die Ausrichtung der Lichtstrahlen auf der Bühne und insbesondere im Theater.

Nein, es geht nicht um schaurig dunkle Gassen. | Foto: Shutterstock von IG Digital Arts

Das spezielle Spiel mit Licht und Schatten

Unter Gassenlicht versteht man eine spezielle Form des Seitenlichts; Lichtquellen, die seitlich der jeweiligen Szene in Kopfhöhe der Protagonisten angeordnet sind. Und schon können wir das Missverständnis auflösen. Mit dem Gassenlicht werden keine Gassen beleuchtet; vielmehr wird damit eine Gasse gebildet. Gassenscheinwerfer leuchten von einer Bühnenseite auf die andere und geben den Akteuren somit Seitenlicht.

Deutlicher als mit Oberlicht lassen sich damit faszinierende räumliche Effekte erzielen. Das Resultat, beim Einsatz von Gassenlicht ist ein spezielles Spiel mit Licht und Schatten, das der Bühne eine größeren Tiefenwirkung gibt, zugleich erscheinen die Akteure auf der Bühne kontrastreicher.

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Beine bewegen sich mit Gassenlicht eindrucksvoller

Häufig wird das Gassenlicht auf Kopf- respektive Augenhöhe der Bühnenakteure eingesetzt. Das allerdings ist längst nicht das Ende der Fahnenstange der Möglichkeiten. Vielmehr können damit unterschiedlichste Lichtstimmung erzeugt werden, die eben davon abhängig sind, auf welche Höhe die Scheinwerfer positioniert werden und somit für jeweils unterschiedlich großen Schattenwurf sorgen können.

Um das Szenario richtig zu verstehen, müssen wir uns das Zusammenspiel von Licht und Schatten vor Augen halten: Erst mit dem Schatten werden Objekte und Personen wirklich räumlich dargestellt. Im Besonderen gilt das für die Bewegungen. Ein Bein mag sich bewegen, ohne Schatten ist das wenig beeindruckend. Wird allerdings der Schatten durch das Gassenlicht großflächig an die Seite geworfen, ist das mehr als eindrucksvoll.

Ohne Licht gibt es keinen Schatten, das wird beim Gassenlicht zelebriert. | Foto: Shutterstock von Master1305

Sinnvoll für bewegte Personen oder Objekte

Gerne wird Gassenlicht im Theater dafür genutzt etwa die Beine und die Zeichnung der Muskeln von Tänzern oder Artisten besonders eindrucksvoll zur Geltung kommen zu lassen. Stellen wir uns vor, die Beine der Tänzer würden von oben beleuchtet, würden sie aufgrund des logischerweise dazwischenliegenden – und Licht absorbierenden – Körpers kaum zur Geltung kommen. Überall da, wo bewegte Personen oder Objekte speziell in Szene gesetzt werden sollen, ohne dass dafür etwa Verfolger genutzt werden, kann das Gassenlicht die geeignete Lösung sein. Und wenn die Trapez-Nummer ist zehn Meter Höhe zelebriert wird, dann wird eben auch das Gassenlicht auf dieselbe Höhe geschraubt.

Gassenlicht als separates Licht einsetzen

Praktisch bedeutet das auch, dass beim Einsatz von Gassenscheinwerfern sowohl auf die Beleuchtung von Bühnenboden als auch Bühnenhintergrund verzichtet werden kann. Plakativer ausgedrückt: Die Beleuchter bzw. Lichttechniker setzen das Gassenlicht oftmals als eigenständigen Effekt ein, um die Dramaturgie der Handlung auf der Bühne damit zu steigern. Zwar kann es durchaus mit Oberlicht oder Hintergrundbeleuchtung, kombiniert werden.

Das allerdings kann in manchen Fällen dafür sorgen, dass der gewünschte Effekt schlichtweg verpufft, zumal das gewünschte Spiel mit Licht, Schatten und Kontrasten nicht mehr in der beabsichtigten Ausprägung erreicht würde. Die anderen Scheinwerfer würden den Schatten und somit die räumliche Wirkung aufheben.

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Problematik der Positionierung und Lichtrichtung

Tatsächlich gibt es beim Gassenlicht einiges zu bedenken und zu beachten. Erstens geht es nicht darum, einfach nur von den Seiten aus für eine rundum hell erleuchtete Bühne zu sorgen. Vielmehr soll damit ein spezieller und durchaus durchdachter Effekt erzielt werden. Üblicherweise wird damit die Bewegung betont. Falls einfach nur alles hell ist, ist das kaum möglich. Zweitens muss die Höhe der Lichtstrahlen durchdacht werden.

Obschon die Schauspieler, Tänzer, Akrobaten oder Musiker von der Seite beleuchtet werden, kann man keineswegs davon ausgehen, dass sie konsequent nach vorne blicken. Sobald sie das Gesicht zur Seite drehen, schauen sie direkt in den Lichtkegel. Natürlich ist es nicht Sinn und Zweck der Übung, die Protagonisten zu blenden oder zeitweilig erblinden zu lassen. Insofern wird man mit dem Gassenlicht einen gesunden Mittelweg finden müssen.

Die Gassen als Ort für die Scheinwerferpositionierung

Ebenso werden die Positionen, an denen die Gassenlichtscheinwerfer platziert sind, als Gassen bezeichnet. Realisiert wird das auf verschiedene Weise, wobei die Lösungen letztlich aber recht ähnlich sind. Ganz pragmatisch: Irgendwo müssen die Dinger hin und in der Regel sollen die Zuschauer zwar das Licht sehen, aber nicht die Scheinwerfer. Seitlich der Bühne können etwa kleine Türme konstruiert werden, in denen die Gassenscheinwerfer in unterschiedlicher Höhe positioniert werden.

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Ebenso ist es möglich, mit seitlichen Traversen oder Lichtständern zu arbeiten. Als Faustregel gilt, dass die Scheinwerfer für das Gassenlicht in einer Höhe zwischen 0 und 3 Metern installiert werden. Das allerdings nicht mehr als eine grobe Angabe. Wenn Artisten ihre Kunststücke beispielsweise in einer Höhe von 10 Metern zelebrieren, hat sich die Faustregel bereits wieder erledigt. Sinnvollerweise werden diese Türme oder Traversen mit Vorhängen abgehängt, sodass die Scheinwerfer für das Publikum nicht mehr sichtbar sind.

Die gassenbeleuchtende Hilfestellung

Tatsächlich aber gibt es im Theaterslang auch noch eine vollkommen andere Anwendung für das Gassenlicht, die wir hier zumindest der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt lassen wollen. Bei den Auftritten kommen die Protagonisten im Normalfalls aus einer dunklen Gasse auf die Bühne, sei das ein mit Vorhängen dunkel abgehangener Tunnel oder eine ebenso dunkler Gang. Die Problematik im Augenblick, in dem der Akteur die Bühne betreten hat, ist, dass nicht selten sämtliche Scheinwerfer von den Blindern an der Bühnenfront über die Verfolger bis zu den Oberlichtern in ihre Auge blenden.

Wenn es alle Scheinwerfer auf dich abgesehen haben, siehst du nichts mehr. | Foto: Shutterstock von Kozlik

Gerade aufgrund der Lichtdifferenz des eben noch dunklen Ganges zu der plötzlich erstrahlenden Helligkeit ist man beinahe orientierungslos. Die Augen müssen sich an das Licht erst gewöhnen. Eine freundliche und praktische Hilfestellung ist es, wenn der Bühnentechniker, in der dunklen Gasse mit einer Taschenlampe den Weg auf die Bühne weist. Auch das wird demnach im weitesten Sinne als Gassenlicht verstanden, hat nur mit der eigentlichen Bühnenbeleuchtung nichts zu tun.

Was das für euch als Musiker zu bedeutet

Die Lightshow einer Band ist üblicherweise vollkommen anders designt als bei Theater-, Varieté- oder Ballettaufführungen. Das heißt aber keinesfalls, dass wir davon genreübergreifend nichts lernen könnten. Ganz im Gegenteil. Zwar ist das Gassenlicht eine stimmungs- und plastizitätserzeugend theatertypische Disziplin. Aber weshalb sollte man diesen speziellen Effekt nicht auch auf der schweißtreibenden Rock-, Pop- oder Ska-Bühne nutzen? Auch bei Einsteigerbands und Newbies ist ein Auftritt ohne eine gewisse Portion Bühnenshow heutzutage kaum noch denkbar.

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Wenn ihr während des Auftritts permanent nur unbeweglich auf einem Fleck steht, werdet ihr bei eurem Job keinen Hering mehr vom Teller reißen. Das heißt, auf der Bühne findet der so wichtige Faktor der Bewegung statt. Natürlich alles vollkommen spontan? In gewissem Maße sicherlich, aber insgesamt nicht wirklich. Ihr werdet kaum wie ein aufgeschreckter Hühnerhaufen hypermotiviert kreuz und quer über die Bühne rennen. Vielmehr habt ihr zumindest einen Teil der Show einstudiert und choreografiert.

Bewegung on Stage sichtbar machen

Stellen wir uns beispielsweise ein Szenario vor, in dem der Sänger zurücktritt und der Gitarrist zum Solo ansetzt. Noch eben stand der Gitarrero unmittelbar vor seinem Verstärker; in diesem Moment aber bewegt er sich von hinten bis an den Bühnenrand oder auch gerne darüber hinaus in Richtung der Crowd. Dieser Weg kann ideal per Gassenlicht in Szene gesetzt werden. Nehmen wir etwa den Fall, in dem der Drummer zum mehrminütigen Solo ansetzt.

Ein Schlagzeugsolo ist per se die pure Bewegung. Die rasanten Armbewegungen werden mit dem Gassenlicht umso markanter betont. Denn auch hier steht ganz besonders das Prinzip von Licht und Schatten im Mittelpunkt. Wir der Schlagzeuger von oben und letztlich allen Seiten beleuchtet, sind seine Bewegungen zu sehen. Schön und gut. Wird er allerdings – ausschließlich – per Gassenlicht beleuchtet, erscheint plötzlich auch der Schatten seiner Bewegungen, was durchaus beeindruckend sein dürfte.

Mit Gassenlicht das No-Go kultivieren

Um die Wirkungsmöglichkeit von Gassenlicht nochmals kristallklar herauszuarbeiten, versuchen wir eine prägnante Zusammenfassung: Mit dem Gassenlicht wird etwas geradezu zelebriert, was üblicherweise in der Lichttechnik weitestgehend vermieden wird: der Schatten. Normalerweise ist man bemüht, durch die entsprechenden Lichtpositionen möglichst wenig bis gar keinen Schatten entstehen zu lassen, was der authentischen Darstellung entgegenkommt, aber eben wenig plastisch wirkt. Mit dem Gassenlicht erreicht man exakt das Gegenteil: Durch den Schatten wird die Darstellung plastisch, kontrastreich und außerordentliche natürlich. Bewegung kann nur dann beeindrucken, wenn man sie auch sieht. Genau das ist das Ziel des Gassenlichts.

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Herstellerseite Elation: https://www.elationlighting.com/

Herstellerseite Ignition: https://www.thomann.de/de/ignition.html

Herstellerseite Martin by Harman: https://www.martin.com/en

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Auch interessant: „Lichttechnik für Einsteiger: Was ist ein Blinder?“.

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