Seit den ersten Synthesizern hat es immer wieder Modelle gegeben, die insbesondere aufgrund ihrer rudimentären und kompakten Ausführung Kultstatus erreicht haben. Kompakt ist auch der Artiphon ORBA, rudimentär eher nicht. Ein portabler Synthesizer mit integriertem Looper, der auch als MIDI-Controller genutzt werden kann. Wird der Handtaschen-Synthie das nächste Kultgerät?
Check it: Artiphon ORBA – Kompaktsynthie mit Future-Faktor
- Innovative Blaupause auch für Einsteiger
- Taschenspielzeug oder Musikinstrument
- Im Handumdrehen spielbare Music to go
- Looper und MIDI-fähig
- App als extern-digitales Herzstück
- Bedienbar per Gestensteuerung
Artiphon ORBA als innovative Blaupause
Okay, normalerweise beschäftigen wir uns in unserem Portal erstens eher mit Themen für musikbegeisterte Einsteiger als auch moderat Fortgeschrittene und zweitens beleuchten wir vornehmlich die Obergruppen der Instrumente. Konsequent haben wir uns auf die Fahne geschrieben, verständlich zu bleiben und es mit der typischen Musiker- und Technikerfachsprache nicht zu übertreiben. Nur allzu gut erinnern wir uns noch an die eigenen Anfänge, als wir damals den Wunsch hatten, ein Musikinstrument zu erlernen und Musik zu machen, dann die ersten Fachmagazine aufschlugen und beim Durchblättern schlichtweg nichts von dem Geschriebenen verstanden.
Artiphon ORBA als Blaupause für Synthie-Funktionalität
Genau dies wollen wir bei musikmachen.de entflechten und euch bei einem möglichst simplen und verständlichen Einstieg in die Welt der Musik eröffnen. Wenn wir ein spezielles Gerät in den Fokus rücken und die Features näher beleuchten, sollen euch die Informationen immer auch ein Gesamtverständnis der jeweiligen Instrumente, Features oder Anwendungen ermöglichen. Gewissermaßen die Blaupause für alles weitere, was euch in Zukunft und Vergangenheit erwartet, ein Referenzinstrument eben. Exakt vor diesem Hintergrund haben wir uns den Artiphon ORBA vorgenommen. Anhand des Mini-Synthesizers kann man so angenehm viel erläutern. Schauen wir mal, wovon die Rede ist.
Artiphon ORBA – Taschenspielzeug oder Musikinstrument?
Der kugelförmige Artiphon Orba ist eine Kombination aus Mini-Synthesizer, Looper und MIDI-Controller. Bezeichnen könnte man ihn auch als rund hundert Euro teures Taschenspielzeug, das sich dank USB-Controller-Funktionalität darüber hinaus auch für höhere Aufgaben empfehlen möchte. Der Orba sorgt bereits optisch für erstaunte Blicke, da er so erfrischend anders als erwartete gestaltet ist. Das Gerät zeichnet sich durch sein minimalistisches Design im handlichen Format aus. Optisch erinnert der ORBA an eine Flugobjekt irgendwo zwischen verschwörungstheoretischen UFOs, Star Trek und einer Eieruhr.
Buchstäblich im Handumdrehen spielbar
Als digitaler Mini Synthesizer erzeugt Orba mit Subtraktiver- und Psysical-Modelling-Synthese alle Klänge mit maximal zehn Stimmen. Diese verteilen sich auf die vier Spuren des eingebauten Loop Players. Dank Bluetooth MIDI und USB-C Port findet Artiphon Orba Anschluss an die meisten Laptops und kann somit in die DAW integriert werden. Buchstäblich im Handumdrehen z.B. mehrere Effekt-Parameter in Ableton gleichzeitig zu verändern, es ist denkbar einfach.
Reichlich Features für die „Musik-to-Go“
Nun ja, der Vergleich ist in technischer Hinsicht sicherlich gnadenlos übertrieben. Das ändert allerdings nichts daran, das die kompakte Kiste – sollten wir es lieber als „Scheibe“ bezeichnen – es insbesondere angesichts der zurückhaltenden Maße und des geringen Gewichts wirklich in sich hat. Die dahintersteckende Idee ist pragmatisch und kreativ zugleich: Auf der Oberseite sind insgesamt acht Touch-sensitive Trigger Pads platziert. Über diese können Figuren und Patterns eingespielt werden. Zudem verfügt der ORBA über einen zentralen Taster, mit dem erstens zwischen den Modi umgeschaltet und zweitens auf die Zusatzfunktionen zugegriffen werden kann. An Zusatzfunktionen stellt das Gerät beispielsweise Aufnahme, Play/Pause oder den Oktavwechsel zur Verfügung.
Diverse Zusatzfunktionen mit an Bord
Das aber ist längst nicht alles. Vielmehr hat der ORBA Bewegungs- und Lagesensoren mit an Bord, die wiederum auf Winken, Neigen Schütteln oder Stöße reagieren. Okay, sie reagieren nicht unmittelbar, sondern erkennen die Bewegungen, worauf die jeweils vorgewählten Modulationen oder Trigger-Befehle ausgelöst werden. In der Folge wird intern alles in Standard-MIDI-Befehle umgewandelt. Die Befehle können per USB-Kabel oder USB-over-Bluetooth für die Steuerung von Apps oder DAWs genutzt werden. Zugleich verfügt der ORBA für die Ausgabe über einen integrierten Lautsprecher und einen Vibrationsmotor. Das Konzept ist so simpel wie spektakulär zugleich.
Die App als das externe digitale Herzstück
Dreh- und Angelpunkt des Artiphon ORBA ist die gleichnamige App; gewissermaßen dürfen wir die als das externe Herzstück des Gerätes bezeichnen. Zur Verfügung steht sie kostenlos für MacOS, Windows, iOS- Android befindet sich derzeit noch in Entwicklung. Die Installation bzw. der Download funktioniert einwandfrei und problemlos. Über die App können Systemeinstellungen vorgenommen werden. Aufgenommene Loops können archiviert, die Sounds der einzelnen Engines ausgetauscht werden. Integriert sind die Engines Drums, Bass, Chord und Lead.
Zumal die sich separat belegen lassen, lässt sich auch ein auf die individuellen Anforderungen abgestimmtes, eigenes Setup erstellen. Auper den Standard-Sound sind noch acht weitere Varianten integriert. Das beginnt über Ambeeant, Bedroom und Boomy Booms, reicht über Cartridge, Eyes Closed und Grapefruit bis hin zu Ohm, Minimax, Orba+Chill. Als Nachteil empfinden manche Nutzer, dass die Soundwechsel nur über die App möglich sind. Ebenso wird die App als „etwas träge“ bezeichnet. Aber Leute, wir reden von einem portablen Mini-Synthie, der keine 100 Euro kostet. Da darf man dann auch durchaus mal mit den digitalen Fußen auf dem Teppich bleiben.
Onboard Looper mit 4 Spuren
Interessant ist auch der Onboard-Looper, der insgesamt vier Spuren zur Verfügung stellt. Wie bei den Aufnahmen bietet der Looper eine Länge von bis zu acht Takten. Das Einspielen beginnt, nachdem über die A-Taste in den entsprechenden Modus gewechselt wurde, mit dem Anspielen der ersten Note. Ist die erste Runde eingespielt, wird über erneutes Drücken der A-Taste der Overdub-Modus gestartet. Die nächste Spur wird mit kreativem Input befrachtet.
Flexibilität der Synth-Sounds lässt ein wenig zu wünschen übrig
Wenn man den internen Lautsprecher nutzt, liefert der ORBA ziemlich authentische Sounds, wobei auch die Polyphonie die vernünftigen Ergebnisse unterstützt. Auch funktioniert der Vibrationsmelder bestens. Tatsächlich aber muss man konstatieren, dass die Sounds über den Amp angeschlossen nicht unbedingt besser werden. Es scheint ein wenig an Tiefe und Dynamik zu fehlen. Nur folgerichtig wird man zur zusätzlichen Klangverbesserung die externen Möglichkeiten über die DAW nutzen müssen.
Idee der Gestensteuerung nicht ganz zu Ende gedacht
Der ORBA reagiert dank der verbauten Sensoren auf Gestensteuerung, also auf Wischen, Winken, was weiß ich nicht alles. Wer sich mit dem Gerät ausgiebiger beschäftigt, wird damit auch vernünftige Ergebnisse erzielen. Klar ist aber auch, dass das Handling durchaus ungewohnt ist. Zumindest anfangs wird allein schon das Kreieren eines konsistenten Beats problematisch sein. Man wird ein wenig üben müssen. In dieser Hinsicht zeigt der Mini-Synthie sich als durchaus widerspenstig und eigenwillig.
Für Fortgeschrittene und Synthie-Novizen zugleich
Der ORBA empfiehlt sich für Musiker, die nach einer mobilen Lösung suchen, um ihre kreativen Ideen festzuhalten, allerdings auch durchaus für Einsteiger, die sich hier mit diversen Funktionen auseinandersetzen können, ohne allzu tief in die Tasche greifen zu müssen. Er ist ganz sicher weitaus mehr als ein Spielzeug. Vielmehr bietet er durchaus professionelle Features, ist und bleibt dabei allerdings gewöhnungsbedürftig.
Nur ist eben genau das ein immenser Vorzug für ambitionierte Beginner im Synthesizer-Segment. Relativ einfach, können neue Patterns eingespielt, aufgenommen, abgespeichert und organisiert werden. Zugegebenermaßen ist die App (noch) nicht die schnellste und das Soundangebot ist derzeit noch überschaubar klein. Wer aber den Entwickler kennt, weiß, das da noch Einiges kommen dürfte.
Wer hat’s erfunden?
Entwickelt wurde der Orba von Artiphon, einem spezialisierten Unternehmen, das wiederum von Mike Butera gegründet wurde. Butera ist ein echter Tausendsassa mit diversen Fähigkeiten und Qualitäten. So tourte er zeitweise als Multi-Instrumentalist, lehrte als Professor für Soziologie und beriet Hersteller und Unternehmen weltweit im Segment der Unterhaltungselektronik. Während seines Studiums befasste er sich intensiv mit der Phänomenologie des Hörens. Darauf begründete er auch die spätere Firmenphilosophie von Artiphon, in der Musik als universellen Element unseres kollektiven, kreativen Vokabulars verstanden wird.
Dabei überzeugt er mit innovativen und zugleich pragmatischen Ansätzen. Tatsächlich wurde er etwa für seine ersten Entwicklung Instrument 1 und Orba auf der NAMM-Show in Anaheim als „Best Invention oft he Year ausgezeichnet. Und dabei hat Butera neben einem hochkompetenten Team auch hochkarätige Investoren an seiner Seite. Dazu gehören z.B. Steve Case und TechNexus in Kooperation mit Shure und die Warner Music Group. Wir ziehen unseren Hut jedenfalls vor jedem, der es schafft in einer Welt, in der es musikalisch eigentlich alles gibt, noch etwa Neues zu kreieren.
+++
Auch interessant: „Die am häufigsten verwendeten Effekte beim Synthesizer“.