Was ist ein Oszillator?

Synthesizer-Facts für Einsteiger

Foto: Shutterstock von OkFoto

Jeder Synthesizer hat mindestens einen Oszillator. Tatsächlich wäre es andernfalls kein Synthesizer. Dieses Bauteil ist eines der elementarsten schlechthin, zumal erst dadurch die Klangerzeugung und die jeweiligen Veränderungen ermöglicht werden. Die meisten haben allerdings eine allenfalls abstrakte Vorstellung davon, was ein Oszillator ist, was er macht und wie er überhaupt aussieht. Schauen wir doch mal ein wenig genauer unter die elektronische Haube!

Check it: Was ist ein Oszillator

  • Definition
  • Motor des Synthesizers
  • Welche Schwingungsformen es gibt
  • Verschiedene Arten von Oszillatoren
  • Steuerspannung
  • Tücken der MIDIfizierung

Was ist ein Oszillator – Definition von Schaltung oder Emulation

Bei einem Oszillator handelt es sich um ein elektronisches Bauteil oder auch eine Komponente der Synthesizer-Software, das Schwingungen erzeugt. Bei nahezu allen Synthesizern bilden ein oder mehrere Oszillatoren die Grundlage der Klangerzeugung. Dabei kann ein Oszillator entweder eine elektronische Schaltung oder auch eine digitale Emulation einer solchen sein. Erzeugt wird eine elektrische Schwingung mit einer bestimmten Schwingungsform und einer einstellbaren Frequenz. Die Basisschwingungen werden im weiteren Verlauf der Signalkette bearbeitet und moduliert. Und um das direkt klarzustellen: Schwingungsformen werden umgangssprachlich auch Wellenformen genannt, da das auf Englisch Waveforms heißt und meist falsch übersetzt wird. Gemeint ist aber das gleiche und so richtig korrekt ist auch nur Schwingung, denn solange sich diese noch als Strom in der Technik befindet, ist es noch keine Welle. Aber nun weißt du auch, was bei beidem gemeint ist. So, Klugscheißermodus schnell wieder aus, weiter im Text.

Ohne mindestens einen Oszillator funktioniert nichts

Aufgabe eines Oszillators ist es, mit stetig wiederholter Schwingungen ein dauerhaftes Signal mit speziellen Klangcharakter zu erzeugen. Bezeichnet werden diese Schwingungen als Oszillatorschwingungen. Ohne Oszillatoren funktioniert also bei einem Synthesizer nichts. Das wäre gewissermaßen wie eine Gitarre ohne Saiten oder eine Trompete ohne Trompete – äh, ja oder so.

Ohne Oszillatoren würde nichts erklingen | Foto: Shutterstock von Montree studio

Oszillator als Motor des Synthesizers

Begreifen wir den Oszillator als gewissermaßen als Motor des Synthesizers, was zugegebenermaßen eine überaus vereinfachte Betrachtung des gesamten Synthesizer-Kosmos ist. Letztlich gibt es beim Synthesizer noch jede Menge weitere Faktoren, die für die Klanggenerierung verantwortlich sind, und außerdem kommt ein Oszillator selten allein. Denn tatsächlich gibt es unterschiedliche Oszillatoren mit für Einsteiger auf Anhieb ziemlich nebulösen Bezeichnungen, die sogar nicht selten noch unverständliche mit diversen Abkürzungen versehen werden. Musiker sind gerne geheimnisvoll, elektronische Techniker erst recht. Wir versuchen gleich, das aufzulösen. Zuvor aber sehen wir uns die grundlegenden Schwingungsformen an, die per Oszillator erzeugt werden.

Welche Schwingungsformen es gibt

Zur Verfügung stehen in der Regel vier verschiedene Grundschwingungsformen, die auch entsprechend ihrer visuellen Darstellbarkeit bezeichnet werden. Das sind zunächst die Sinus-Form, wobei es sich um wellenförmige Schwingungen mit Bauch und Tal handelt; der englische Ausdruck dafür ist „sine“. Des Weiteren gibt es die Sägezahnschwingung, die man sich optisch und akustisch wirklich eine Sägeblatt entsprechend mitsamt den kantigen und nach recht geneigten Zähnen vorstellen kann. Der Sägezahn-Schwingung ähnlich ist die Dreieck-Schwingung. Die unterscheidet sich insofern , dass das Schwingverhalten nicht geneigt, sondern in gleichschenkeligen Dreiecksbewegungen stattfinden.

Unterschiedliche Schwingungsarten, unterschiedlicher Klangcharakter | Grafik: Shutterstock von musikmachen.de

Außerdem zählt die Rechteck-Schwingung zu den Grundschwingungsformen beim Synthesizer. Da werden also wirklich über und unter einer vorstellbaren Linie jeweils rechteckige Schwingungen erzeugt, die weniger gleichmäßig als Sinus-Kurven und Dreieck, stattdessen ähnlich präsent wie Sägezahnschwingungen klingen. Grund dafür ist das jeweilige Obertonverhalten. Sägezahn und Rechteck haben reichlich Obertöne mit an Bord, Sinus und Dreieck eher nicht. Vor diesem Hintergrund gibt es auch analoge Synthesizer, bei denen auf Sinusschwingungen vollkommen verzichtet wird. Geradezu herablassend wird dabei der Blick auf andere Musiker und Instrumente gerichtet: Sinus kann ja fast jeder. Außer vielleicht der Drummer, bei dem knallt es nur, da schwingt nix. Und bevor jemand was Böses denkt: Ich mag Drummer!

Morphing für stufenlose Überblendung

Wie dem auch sei, bleiben wir beim Synthesizer. Ein Wesensmerkmal von manchen analogen Synthesizerns war und ist es, dass sie teils die genutzte Wellenform (seht ihr, jetzt benutze ich das auch mal) nur entweder oder erlauben. Bei fortschrittlichen analogen und bei Software-basierten Synthesizern stellt sich das anders dar. Hier gibt es das sogenannte Morphing, womit die Wellenformen stufenlos übereinander geblendet werden können. Mit einem einzigen Oszillator wohlgemerkt, nicht mit zweien, die man mischt! Die Klangsuppe wird demnach nicht nur mit Salz gewürzt. Diverse Gewürze können den musikalischen Gaumen zeitgleich verwöhnen.

Geschwindigkeit definiert die Tonhöhe

Wichtig zu wissen: Ausschlaggebend ist nicht nur die jeweils gewählte Schwingungsform, sondern auch die Frequenz des Ablaufs der Periode. Gemeint ist mit der Frequenz zunächst nicht die Tonhöhe, sondern die Geschwindigkeit, in der die Schwingungskuppen und Schwingungstäler ablaufen. Das akustische Resultat ist schlussendlich dasselbe. Die Geschwindigkeit des Schwingungsverlaufs definiert die Tonhöhe.

Der zeitliche Verlauf entscheidet über die Tonhöhe | Foto: Shutterstock von petrroudny43

VCO – Voltage Controlled Oscillator

Der VCO ist ein analoger, spannungsgesteuerter Oszillator. Über eine spezielle elektronische Schaltung wird eine Schwingungsform mit einstellbarer Frequenz erzeugt. Bestehen kann der VCO aus einzelnen Bauteilen, was man als „diskret“ benennt, oder einem integrierten Schaltkreis. Grundlegend wird die Frequenz per Steuerspannung über die Tastatur oder weiteren Komponenten des Synthesizers geregelt.

DCO (Digitally Controlled Oscillator)

Nein, lasst euch von der Bezeichnung „digital“ nicht täuschen. Auch der DCO ist kein digitaler, sondern analoger Oszillator. Digital hingegen wird die Frequenz kontrolliert und geregelt. Der Grund für die Entwicklung war die mangelnde Stimmstabilität der VCOs insbesondere bei den Synthies der ersten Generationen. Mit dem DCO wollte man diese Problematik eliminieren. Das Ergebnis war allerdings, dass es nicht nur stimmstabiler, sondern tatsächlich oft auch etwas „kälter“ klang. Die Bedienung ist mit der des VCO in der Regel identisch. Den Sprung zu mehr Stimmstabilität hat man ab etwa der 1980er-Jahre vollzogen.

Virtuell-analoger Oszillator

Um diese Bezeichnung zu begreifen, muss man schon ein wenig um die Ecke denken. Grundsätzclih handelt es sich hierbei um einen digitalen Oszillator. Der soll allerdings keinesfalls digital klingen, sondern das Verhalten eines analogen Oszillators nachbilden. Wie ein kühler LED-Scheinwerfer, der das Dimm-Verhalten einer Halogenleuchte imitieren soll. (Danke an meinen Kollegen Jörn für diesen erleuchtenden Vergleich!) Der virtuell-analoge Oszillator bildet das analoge Verhalten durch sogenanntes Physical Modeling nach. Dabei arbeitet er nicht mit analogen Bauteilen, sondern mit einem digitalen Signalprozessor (DSP). Der Klang wird Algorithmen-basiert in Echtzeit errechnet. Das klappt dank moderner Technik inzwischen auch sehr gut.

Sampling-Oszillator

Dies nun ist ein ganz kurioses Ding. Der Sampling-Oszillator ist eigentlich gar kein Oszillator und gehört dennoch unbezweifelbar zu dieser Familie. Bei dieser Variante geht es nicht vordringlich um die Modulation der verschiedenen Schwingungsarten. Vielmehr werden zuvor aufgenommene, gespeicherte Samples genutzt. Das bedeutet: Vorab eingespielte (akustische Instrumenten-)Klänge, auch Naturklänge, Voices oder sonstwelche Geräusche werden anschließend aus dem Speicher abgerufen, in der entsprechenden Tonhöhe abgespielt und mit der jeweils gespielten Taste transponiert.

Oszillatoren begründen die elektronische Musik | Foto: Shutterstock von PrinceOfLove

Wavetable-Oszillator

Noch so eine verwirrende Bezeichnung, die uns da entgegengehüpft kommt. Die deutsche Übersetzung „Wellentisch-Oszillator“ lässt uns dem Geheimnis noch nicht wirklich auf die Fährte kommen. Gemeint ist damit das Folgende: Zwar arbeitet eine Wavetable-Oszillator wie auch der Sampling-Oszillator mit Signalen, die zuvor im Speicher abgelegt wurden. Allerdings handelt es sich dabei keineswegs etwa um Aufnahmen akustischer Instrumente oder ähnlicher Signale. Vielmehr greift der Wavetable-Oszillator auf eine Palette verschiedener Schwingungen im Speicher zu, die er nun auf unterschiedlichste Weise durchfahren und ausspielen kann. So kann er die Schwingungen verschiedenen Richtungen durchfahren, beispielsweise rückwärts oder vorwärts, hin und zurück, in Endlosschleife, wie auch immer. Das Besondere daran: Analoge Oszillatoren können solche Klangfarben und Klangverläufe nicht bieten.

LFO – Low-Frequency Oscillator – niederfrequenter Oszillator

Ein LFO ist tatsächlich der Schlüssel für lebendige und dynamische Sounds. Integriert ist der LFO nicht nur in Synthesizern, sondern auch in weiteren elektronischen Instrumenten sowie Effektgeräten. Die Bezeichnung „niederfrequent“ bezieht sich dabei zunächst nicht auf die Tonhöhe. Vielmehr besagt der Ausdruck, dass der Oszillater vergleichsweise langsam schwingt. Und diese Schwingungen werden in der Regel dazu genutzt, andere Parameter zu beeinflussen, das nennt man dann „modulieren“. Ein bekanntes Beispiel eines LFOs in einem Effektgerät ist das Tremolo, dessen Geschwindigkeit mit nichts anderem als einem LFO geregelt wird.

VCA – voltage-controllled amplifier – spannungsgesteuerter Verstärker

Widmen wir uns in diesem Kontext noch einer weiteren bedeutenden Komponente: dem VCA. Dabei handelt es sich um einen spannungsgesteuerten Verstärker, wobei die Verstärkung hier insbesondere auch als Abschwächung begriffen werden will. Dieser Verstärker ist deshalb so wichtig, weil ohne ein solches Bauteil die Oszillatoren unablässig tönen würden, was ja in der Regel auch nicht zweckdienlich ist.

CV – Control Voltage – Steuerspannung

Ebenfalls kennen sollte man der Begriff Control Voltage (CV). Der steht für eine variable Steuerspannung, mit der bei analogen, vor allem modularen Synthesizern die Tonhöhe und gegebenenfalls weitere Parameter gesteuert werden. Auch bekannt ist diese Technologie unter der Bezeichnung CV/Gate. Beeinflusst werden damit u. a. Parameter wie Tonhöhe, Lautstärke, Grad und Güte der Filterung sowie An/Aus der jeweiligen Töne. Eingeführt und verbreitet wurde dieses Prinzip mit den inzwischen legendären Synthesizern von Robert Moog.  Zahlreiche andere Hersteller wie Arp, Korg, EMS und Crumar nutzten diese Technologie. Mit sogenannten Patchbays konnten die jeweiligen Parameter freigeschaltet werden.

Die Tücken der MIDIfizierung

Die analoge Kontrolle per CV/Gate wurde allerdings in den 80ern durch die Einführung des MIDI-Protokolls verdrängt. Die Digitalisierung hielt Einzug in der elektronischen Musik, die digitalen Geräte wurden entsprechend gehypt. Die Steuerspannung wird demnach allenfalls selten per CV/Gate beeinflusst oder kontrolliert. Zunächst die Digitalisierung und anschließend die Entwicklung von DSPs und Co. haben für weitaus mehr Komfort hinsichtlich der Bedienung gesorgt. Jedoch finden längst wieder viele Geräte auf dem Markt, die den Retro-Style mit seinen speziellen und nicht minder beliebten klassischen Sounds wieder in die Gegenwart zurückholen, so beispielsweise die modularen Eurorack-Synthesizer.

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