Elektronische Musikinstrumente, die Jahrzehnte geprägt haben

Die Klassiker als Wegbereiter der modernen Musik

Foto: Shutterstock von Lightshots

Elektronische Musikinstrumente haben den modernen Sounds von Rock bis Psychedelic, von Pop bis Funk und mehr in ihre Fußstapfen verholfen wie kaum eine andere Instrumentengruppe. Wir haben für euch eine kleine Auswahl der Klassiker zusammengetragen: elektronische Musikinstrumente, die Jahrzehnte geprägt haben.

Check it: Elektronische Musikinstrumente mit Kultfaktor

  • Zwischen Retro und futuristisch
  • Ein Rundgang von den kostspieligen Anfänger
  • Hin zu leistbaren Synthies
  • Als die Klangsynthese mobil wurde
  • Außergewöhnliche Sounds und Pragmatismus

Elektronische Musikinstrumente zwischen Retro und futuristisch

Vintage ist in; die Rückkehr zu Retro-Sounds und dem besonderen Charme der musikalischen Vergangenheit ist für manche mit besonderen Erinnerungen verhaftet, für andere der Wunsch, sich nicht der gefühlt oftmals seelenlosen Digitalisierung hinzugeben. Kein Wunder, immerhin hat es immer wieder elektronische Musikinstrumente gegeben, die ihrer Zeit weit voraus waren, Synthies, Sampler und mehr, die elektronische Musikgeschichte geschrieben haben.

Manche schlummern in wohlbehüteten Musiker-Kellern, andere sind zuweilen in Museen zu bewundern: Zahlreiche elektronische Musikinstrumente haben Kultstatus. Manche werden sogar mit zeitgemäßer Technik wieder neu aufgelegt. Lasst uns eine kleine Reise durch die elektronischen Jahrzehnte unternehmen:

Druckvolle Kreativität der elektronischen Art | Foto: Shutterstock von schankz

1. Moog Modular – Wegbereiter der modularen Klangsynthese

Der Moog Modular ist noch heute für seinen immensen Einfluss auf die Popmusik in aller Munde. In den 1960er Jahren ließ er Augen und Ohren von Musikern und Musikfans offenstehen. Elektronische Musikinstrumente sollten mit dem Moog in eine vollkommen neue Dimension starten. Der Synthie bestand aus zahlreichen Komponenten, die variabel miteinander verbunden und verkabelt werden konnten.

Das Resultat waren ein äußerst umfangreicher Satz von Modulatoren, Filtern und Oszillatoren. Der Moog Modular war nichts Geringeres als der elektronische Wegbereiter für die modulare Klangsynthese. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Moog Modular gewissermaßen zu einem Gemeinschaftsprojekt wurde. Heutzutage längst legendäre Musiker ließen es sich nicht nehmen, sich an der Weiterentwicklung zu beteiligen.

Wendy Carlos demonstrates her Moog Synthesizer in 1970 | Foto: aus Video extrahiert

2. EMS VCS 3 – Vorreiter der leistbaren Synthies

Angesichts der ganzen Technik, die innerhalb der Synthies und Sampler damaliger Zeiten verbaut war, waren die Verkaufspreise fern von Gut und Böse. Handelsübliche Musiker waren zwar voller Erwartung und höchst interessiert an kreativen Möglichkeiten, die solch elektronische Instrumente ihnen zur Verfügung stellen wollten. Aber die Anwendung blieb lange Zeit nur einer Hand voll elitärer Künstler und Produzenten vorbehalten. Zielsetzung der Erfinder und Hersteller war es, die damals innovativen Geräte aus ihrem Schattendasein zu befreien und für normale Musiker erschwinglich zu machen.

Zu den ersten Synthies, die sich auch normale Musiker leisten konnten, gehörte der VCS 3 der Marke EMS aus dem Jahr 1969. Der VCS 3 besaß keine Keyboard-Tastatur, auch war das Tuning recht wacklig. Das sollte ihn aber nicht daran hindern, sich eine festen Platz auf dem Olymp der elektronischen Instrumente zu sichern. Vor allem psychedelische Effekte im Progressive Rock lieferte er auf außergewöhnliche Weise.

3. Moog Minimoog – als die Synthies mobil wurden

Die Moog-Produkte hatten als elektronische Musikinstrumente höchst erfolgreich das Licht der Welt erblickt, waren allerdings wenig mobil oder gar bühnenkompatibel. So war der klassische Moog für den Einsatz im Studio konzipiert, was seiner experimentierfreudigen Beliebtheit keinesfalls schaden sollte. Aber die Musiker wünschten sich mehr Flexibilität und Roadtauglichkeit. Der findige Tüftler und Hersteller Dr. Robert Moog hatte verstanden und brachte im Jahr 1971 den Mini-Moog an den Start.

Ein portabler Synthie, dessen Schaltkreise dem größeren Bruder keineswegs unterlegen waren, der aber mit einer kürzeren Tastatur konzipiert war. Kurioserweise hatte man mit einem derartigen Absatzerfolg nicht gerechnet: Der Minimoog wurde von Keyboardern für seine satten Bässe, klangfüllenden Soundeffekte, den speziellen Oszillator und den fett klingenden Tiefpassfilter geliebt. Der emulierte Filterkreis des portablen Minimoog war die Blaupause für satte Funk- und Pop-Bässe.

Da wurden die Moogs bereits kleiner | Foto: Shutterstock von Peter Albrektsen

4. EMS Synthie AKS – eine der Legenden schlechthin

Wir scheiben das Jahr 1972. EMS erweitert seine Produktpalette um den Synthi AKS, ein Synthesizer, der anders als der VCS 3 ein Keyboard mit an Bord hat, außerdem mit einem Sequenzer ausgestattet ist. Ähnlich wie die Moog-Synthesizer hat der AKS legendäre Musikgeschichte geschrieben. Wenn über elektronische Musikinstrumente philosophiert wird, bleibt der EMS Synthi AKS nicht verschwiegen.

Das Besondere war die Bearbeitung der Signalkatte durch eine Patch-Pin-Matrix, eine Technik, die wenig später durch Brian Eno berühmt wurde. Es gab diverse Künstler damaliger Zeit, auf deren Tracks der AKS seine unmissverständlichen elektronischen Fußspuren hinterließ. Zu den berühmtesten psychedelischen Bands gehörten und gehören Pink Floyd. EMS Synthi AKS ist auf einem der meistverkauften Alben aller Zeiten zu hören: „The Dark Side of the Moon“.

5. Lyricon – weltweit erstes elektronisches Blasinstrument

Wenn eine Erfindung selbst nicht besonders berühmt wird, zugleich aber das Fundament für viele nachfolgende Generationen bildet, hat sie ihre Bedeutung per se bewiesen. Und exakt mit diesem Nimbus behaftet ist das Lyricon aus dem Jahr 1972. Tatsächlich handelt es sich dabei um das erste elektronische Blasinstrument. Erstmals konnten damit eben nicht nur die Tasteninstrumentalisten, sondern auch die Bläser die kreativen Möglichkeiten der Klangsynthese nutzen.

Das Lyricon war mit einem speziellen Sensoren-System konfektioniert, das imstande war, die Anblasluft der Musiker in Klänge zu wandeln. Experimentierfreudige Klarinettisten und Saxophonisten wurden plötzlich zu digital-analogen Klangenthusiasten. Elektronische Musikinstrumente gingen eine klangvolle Synergie mit den grundsätzlich analogen Holzblasinstrumenten ein.

6. Synclavier – Synthie mit additiver und FM-Synthese

Zu den unbedingten Legenden, wenn wir über elektronische Instrumente sprechen, gehört zweifellos auch das Synclavier. Immerhin handelt es sich bei dem Gerät aus dem Jahr 1977 um den ersten Synthie, der es erlaubte, die FM- und additive Synthese unter Live-Bedingungen zu nutzen. Das Synclavier arbeitet mit einem Programm, das über Diskette aufgespielt wurde, konnte außerdem mit einem Computer verbunden und direkt darüber mit Codes und somit außergewöhnlichen Klängen programmiert werden.

Ach ja, für die aktuelle Generation von elektronischen Musikern: Eine „Diskette“ war ein Speichermedium. Jedenfalls wurde das Synclavier schnell zu einem besonders angesagten, weil leistungsfähigen Instrument, das auf zahlreichen Aufnahmen zu hören ist.

7. Prophet-5 – vollständig programmierbarer polyphoner Synthie

1978 stellten Dave Smith und John Bowen mit dem Prophet-5 den ersten vollständig programmierbaren polyphonen Synthesizer vor. Dabei handeltet es sich um das erste Instrument mit eingebettetem Mikroprozessor. Zunächst hatten die beiden Tüftler den Prophet-10 mit 10-stimmiger Polyphonie entwickelt, der allerdings so einige Probleme aufwies. So war die Elektronik instabil, neigte zu Überhitzungen und wollte entschlackt werden.

Die Entwickler machten daraufhin einen radikalen Schnitt, entfernten die Hälfte der Elektronik und begrenzten die Polyphonie auf fünf Stimmen. Das Resultat war der Prophet-5 mit dem damaligen Alleinstellungsmerkmal, dass die Sounds gespeichert werden konnten. Dave Smith hat mit dem Prophet-10 aktuell ein vielbeachtetes Comeback hingelegt; offensichtlich eine Marke für die innovative Ewigkeit.

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8. Fairlight CMI – das erste digitale Sampling-Instrument

Die Anfänge der digitalen Klangerzeugung als auch der Klangbearbeitung und Speicherung waren erst durch die frühen Computer möglich. Ja, liebe Generation der Digital Natives, wenn euch das auch schockieren mag, aber Computer und somit die digitale Signalverarbeitung gab es nicht immer. Und selbst in deren Geburtsstunden waren die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten von Klangerzeugung und Klangveränderung ziemlich kümmerlich. Dann kamen Mikroprozessoren, die auch im Fairlight CMI verbaut wurden.

1979 kam der Fairlight CMI auf den Markt, das erste wirklich funktionierende digitale Sampling-Instrument. Der Fairlight war zu damaliger Zeit revolutionär, zumal sich die Tonhöhe von Klängen besser verändern ließ. Grundsätzlich war der Fairlight ein modulierbares Keyboard mit einem Tonumfang von sechs Oktaven. Ein spezieller Clou war, dass er sich mit einem Lichtstift bedienen ließ und Wellenformen unmittelbar auf den Monitor gezeichnet werden konnten. Das Problem war der Preis. Normale Musiker konnten sich solche Instrumente schlichtweg nicht leisten.

Mit dem Fairlight gab es eine (für damalige Verhältnisse) riesige Library an Sounds, die nahezu alle zu Legenden wurden. Die Musik der 80er hätte ohne den Fairlight jedenfalls völlig anders geklungen.

9. Casio VL-1 – der außergewöhnliche Minimalist

Im Vergleich mit den bislang genannten hochkomplexen und teils immens teuren Instrumenten wirkt der Casio VL-1 wie ein verlaufener oder verirrter Zwerg, der noch nach seiner Daseinsberechtigung sucht. Durchaus könnte man ihn kopfschüttelnd in diese Ecke stellen. Hergestellt ab 1981 war es der erste Synthesizer der Marke Casio. Der VL-1 war als simpler monophoner Synthesizer auf das wirklich Notwendigste reduziert. Okay, eigentlich war es ein Vorläufer der heutigen Heim-Keyboards, aber es gab auch einen Modus, in dem man zumindest die Hüllkurve des Sounds verändern konnte.

Mit an Bord sind fünf werksseitig fest programmierte Instrumente, wobei Töne von insgesamt vier Oktaven gespielt werden können. Der VL-1 war in seiner rudimentären Ausstattung und mit den geringen Möglichkeiten irgendwie niedlich. Die funktionale Ausstattung war derart minimal, dass ihm aus Vertriebsgründen wenigstens noch ein integrierter Taschenrechner spendiert wurde. Und dennoch wurde er gerade aufgrund der vorsätzlichen Reduktion zum Kult. Berühmt wurde der monophone Synthesizer für seinen typischen Lo-Fi-Sound. „Da, da, da“ – Stephan Remmler und Trio lassen grüßen.

Purer Minimalismus der humorvollen Art – „Da Da Da“ | Foto: aus Video extrahiert

10. Yamaha DX7 – FX-Synthese für alle

Zu den meistverkauften Synthesizern schlechthin gehört das DX7 von Yamaha. Es stellt seinen Nutzern die digitale FM-Synthese zur Verfügung, die sich bis dato nur in der Forschung oder äußerst kostspielig wie mit einem Synclavier umsetzen ließen. Der FM-Synthesizer war imstande Sounds auszuspielen, die so mit keinem analogen Synthesizer erreicht werden konnten. Es waren und sind wirklich außergewöhnliche Klangfarben und Töne zwischen futuristisch und dissonant, zwischen powervoll und glasklar.

Das DX7 von Yamaha hatte bereits werksseitig derart überzeugende Presets spendiert bekommen, dass bereits die unbearbeiteten Klänge auf etlichen Aufnahmen namhafter Künstler zu hören. Ebenso konnten und können diese Sounds noch derartig umfangreich bearbeitet werden, dass ein Musikerleben kaum genügt, um das volle Potenzial des Gerätes auszuschöpfen.

Es gibt zahlreiche weitere legendäre Schrittbereiter der Musikgeschichte, elektronische Musikinstrumente, die allesamt ein weiterer Baustein für das innovative große Ganze waren. Wir verneigen uns vor den Entwicklern, für die Stillstand ein technisches und kreatives No-Go war. Die aktuelle und künftige Technik wäre ohne diese und weitere Meilensteine undenkbar gewesen.

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Auch interessant: „Die am häufigsten verwendeten Effekte beim Synthesizer“.

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