Da kommt der Klempner und bohrt dir durch dein Instrument? Das kann’s nicht sein. Was also bedeutet eigentlich die Bohrung bei der Trompeten. Und wirkt die sich auf die Ansprache und das Spielgefühl aus. Hier der Versuch einer Erklärung.
Check it: Bohrung bei der Trompete – nur eine Kennzahl von vielen
Bohrung bei der Trompete und die Bedeutung als Kennzahl
Die Bohrung bei der Trompete ist eine Angabe, die bei eigentlich jedem beworbenen Instrument in den Features prominent benannt wird. Sie Zahl soll vermitteln, wie sich das Instrument spielen lässt und eine Vorstellung über den Klang ermöglichen. Kurioserweise ist die Bohrung bei der Trompete für genau diese beiden Attribute allenfalls marginal entscheidend, zumindest nicht alleine. Es ist schon kurios, wenn Kennzahlen sich selbst in den Hintern beißen.
Erstmal den Begriff der Bohrung definieren
Zunächst aber sollten wir definieren, was die Bohrung bei der Trompete überhaupt bedeutet. Na dann: Bezeichnet wird damit der innere Durchmesser des Rohres zwischen Eingang und Ausgang des Maschinenstocks. Richtig gelesen, es geht ausschließlich um diese äußerst begrenzte Strecke, auf der sich die Ventile mitsamt Bögen und Durchgängen und den entsprechenden Verbindungsrohren befinden. Nehmen wir das Beispiel der Bb-Trompete mit Perinet-Ventilen, beträgt die Größe der Bohrung üblicherweise zehn bis elf Millimeter. Das sind demnach wirklich Nuancen, gut abzulesen an dieser Tabelle:
Small | (S) | 11,0 – 11,3 mm |
Medium | (M) | 11,3 – 11,5 mm |
Medium Large | (ML) | 11,5 – 11,7 mm |
Large | (L) | 11,7 – 11,8 mm |
Extra Large | (XL) | 11,8 – 12,0 mm |
Extra Extra Large | (XXL) | größer als 12,0 mm |
Mehr in der Liste, als real angeboten wird
Allein die Zahlen klingen bereits nach der großen Vielfalt. Ganz so, als könne man jederzeit und nicht minder mühelos wie im Klamottenladen zwischen verschiedenen Konfektionsgrößen wählen. Die Realität spricht allerdings eine andere Sprache. Denn die Auswahl ist tatsächlich überschaubar. ML-Bohrungen sind die häufigsten, gefolgt zunächst vom der M-Bohrung und schlussendlich von der L-Bohrung, die auch als Large Bore bezeichnet wird. Bb-Trompeten mit größeren Bohrungen müssen auf dem Markt wie eine Stecknadel gesucht werden, kleinere gibt es eigentlich nicht mehr.
Lediglich ein Stein von vielen im Mosaik
Laienhaft könnte man vorschnell glauben, eine kleine Bohrung produziere einen engeren und helleren Klang, große hingegen würden gewissermaßen automatisiert für einen mächtigen und satten Sound sorgen. Das ist eindeutig zu kurz gedacht. Was geschieht beispielsweise, wenn vor eine Maschine mit enger Bohrung ein großes Rohr gelötet wird? Das lässt sich von den Dimensionen auch im Umkehrschluss denken. Die Bohrung bei der Trompete ist nur ein Stein im Mosaik des Instrumentenbaus.
Mundrohre und Becherweiten weitaus entscheidender
Stärker als die Bohrung wirken sich stattdessen verschiedene Mundrohre und Becherweiten auf den Luftdurchfluss aus. So wirken teils Instrumente mit ML-Bohrung enger als solche mit M-Bohrung, wenn diese einen weiteren Becher haben. Zudem ist es so, dass die Zugrohre sich nicht zwangsläufig ändern, Vielmehr geht es in vielen Fällen ausschließlich um die Öffnungen und den Durchlauf der Maschine. Bei manchen Marken wirst du feststellen, dass deren ML- und MLP-Modelle über dieselben Zugrohre verfügen. Allzu bedeutend können die Auswirkungen der Bohrung bei der Trompete also nicht sein.
Bohrung bei der Trompete wird häufig überschätzt
Klar werden sollte uns, dass die Bedeutung der Bohrung bei der Trompete weitaus weniger wichtig ist, als sie gemeinhin werbewirksam plakativ angeprangert wird. Es ist lediglich ein Detail von sehr vielen, die für den Gesamtklang Hand in Hand arbeiten müssen. Interessanterweise werden die vermeintlichen Vorzüge einer jeweils speziellen Bohrung nicht selten durch andere Bauteile wieder konterkariert, teils sogar eliminiert.
Unter dem Strich können wir sogar behaupten, dass eine bestimmte Bohrung, die ausschließlich in der Maschine verwendet, aber nicht über die Rohre und schlussendlich das Schallstück weitergeführt wird, sich schlichtweg nicht bemerkbar machen wird. Tatsächlich wird eine große Bohrung bei manchen Instrumenten durch den kleinen Becher aufgefressen. Vorteile existieren dennoch: Immerhin ist das Resultat, dass das Instrument zwar wiederum enger wirkt, aber einen gut modulierbaren großen Ton ausspielt.
Nicht falsch verstehen: keine Wertung zwischen groß und klein
Die Ausführungen über die große Bohrung bei der Trompete wollen an dieser Stelle nicht falsch verstanden werden. Keinesfalls soll das eine Wertung dahingehend sein, ob groß oder klein die bessere Wahl ist. Immerhin zeichnen sich sämtliche Varianten durch ihre individuellen Vor- und Nachteile aus – so sie denn über das gesamte Instrument weitergeführt werden. So wird der kleineren Bohrung bei der Trompete nachgesagt, dass das Instrument damit feiner steuerbar ist. Von der großen Bohrung wird demgegenüber behauptet, der Ton sei mächtiger. Beides mag stimmen oder eben nicht.
Der Ort des Widerstands bautechnisch definiert
Weitaus naheliegender scheint eine Überlegung, die sich auf die individuellen Vorstellungen an das gefühlte Spiel der Trompeter bezieht. Die Rede ist von Widerstand und Projektion. Den Widerstand für die Tonerzeugung auszunutzen ist bei der Trompete unumgänglich. Allerdings verbleibt die Frage wo im Instrument der ansetzen sollte und da kann jeder nur für sich selbst entscheiden. Indes manche ihn lieber weiter vorne haben wollen und dafür auf ein scharfes Mundrohr setzen, wünschen sich andere den Punkt des Widerstands eher weiter hinten, was sich mit einem kleinere Becher umsetzen lässt.
Die größte Rolle spielt vermutlich der Kopf
Wer Trompeten mit unterschiedlichen Bohrungen vergleicht, redet sich leicht mal ein, einen deutlichen Unterschied zu spüren. Das eine Instrument fühlt sich besser an als das andere, möglicherweise ist es auch eines von der bevorzugten Marke, von der man immer schon mal geträumt hat. Tatsache aber bleibt, dass die alleinigen Auswirkungen ausschließlich der Bohrung beim Anblasen einer Bb-Trompete nicht realistisch wahrgenommen werden.
Das Spielgefühl wird sicherlich auch durch die Bohrung beeinflusst, aber niemals allein. Bis hierhin müssen wir uns eingestehen, dass der Kopf die vermutlich größte Rolle bei der Bewertung des Spielgefühls und der Klangeigenschaften spielt, wenn man die Resultate nur auf die Maschine bezieht.
Bohrung bei der Trompete als Gesamtkonzept verstehen
Begreift man die Bohrung eben nicht als ausschlaggebende Kennzahl, stattdessen als Konzept, das sich über als Konzept über das gesamte Instrument zieht, wird ein Schuh aus der Betrachtung. Eine weite Bohrung begünstigt den voluminösen und luftigen Sound unter der Voraussetzung, dass auch die weiterführenden konischen Rohre und das Schallstück groß genug sind. Und selbst das Mundstück spielt eine Rolle.
Klar sein sollte allerdings auch, dass sowohl besonders weite als auch sehr enge Bohrung nach einer guten Portion Kraft verlangen. Ermüdungserscheinungen sind selbst im Bereich normaler Lautstärken kaum zu vermeiden. Hinzu kommt, dass in den höheren Lagen große Rohrdurchmesser eher kontraproduktiv sind, die Intonation beeinträchtigen oder zumindest erschweren.
Hersteller wählen in der Regel das goldene Mittelmaß
Klar, dass auch die Hersteller sich solche Gedanken machen. Und im Normalsegment wird ja eher nicht für die absoluten Koryphäen unter den Trompetern produziert, die Dinge spielen können, von denen andere nur träumen, sondern für den Teil des Marktes, von dem man sich das größte Tortenstück abschneiden kann, also die gesamte geneigte Klientel von ambitionierten Einsteigern über Hobbymusiker und Amateure bis hin zu Semiprofis und Berufsmusikern.
Und in diesem Sinne wird in der Regel der Weg mit dem goldenen Mittelmaß gewählt. Tatsächlich sind aktuell die meisten Trompeten mit einer Ventilbohrung von 11,65 bis 11,68 mm konfektioniert. Die vermeintlich große Wahl steht demnach in der Realität nicht wirklich zur Verfügung. Hier geht’s übrigens zu ein paar Trompetenempfehlungen für Anfänger.
Was die Bohrung mit Kaffee im Supermarkt zu tun hat
Überspitzt gesagt ist also nicht ganz klar, worüber man sich wirklich unterhält. Es gibt die grobe Einteilung in sechs verschiedene Kategorien der Bohrung bei der Trompete. Tatsächlich genutzt werden aber nur drei. Schlussendlich verbleibt mit der ML-Bohrung aber eigentlich nur eine. Das wäre, als ob es 6.000 verschiedene Kaffeesorten gäbe, die allesamt mit ihren speziellen Attributen werbewirksam und kostenintensiv angepriesen werden, aber höchsten eine bis drei davon wirklich den Weg aus dem Supermarktregal in die Kaffeemaschine finden. Wohlgemerkt: überspitzt gesagt.
Fazit
Die Bohrung bei der Trompete bleibt eine der bedeutenden Kennzahlen, kann allerdings lediglich ein Anhaltspunkt von vielen sein. Eigentlich soll diese Zahl die Bespielbarkeit und den Klang identifizieren. Das kann sie aber keinesfalls allein. Dabei ist sie nicht sinnlos, schließlich gibt sie konkrete Auskunft in den Spezifikation über die Zutaten. Um zu wissen, wie die Suppe schmeckt bzw. sich anhört, müssen auch die anderen Gewürze bekannt sein und in Relation zueinander gestellt werden.
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Auch interessant, weil detailliert hilfreich: „Trompetenansatz: Bauch-Atmung“.