Pumpventile und Drehventile – Unterschiede und individuelle Vorzüge

Als die Blechbläser mit der Erfindung der Ventile in neue Welten aufbrachen

| Foto: Shutterstock von LightField Studios Bildagentur Zoonar GmbH

Die Blechbläser durften vor Jahrhunderten einen Quantensprung machen. Einst ventillos, wurden die Instrumente plötzlich mit Ventilen konstruiert. Und zack, ab dem Zeitpunkt konnten sie chromatische Melodien spielen. Pumpventile und Drehventile machen es möglich. Hier die wichtigsten Infos zu den Unterschieden.

Check it – Blechbläser-Infos über Pumpventile und Drehventile

  • Steppvisite in der Geschichte
  • Unterschiedliche Bauart
  • Konstruktionsbedingte Ausdrucksmöglichkeiten
  • Aus dem praktischen Blickwinkel betrachtet
  • Welche Ventile einfach gewartet werden können

Ein kleiner Schritt für einen Menschen – ein großer Sprung für die Blechbläser

Anfangs konnte man aus Blechblasinstrumenten lediglich die sogenannten Naturtöne zaubern. Machten übrigens bereits die alten Ägypter. Tausende von Jahren später dann die musikalische Revolution für die Brass-Abteilung: Erfunden wurden Ventile, mit denen es plötzlich möglich war, Trompeten & Co. chromatisch mit Halbtönen zu spielen. Aus dem tonal verdammt eingeschränkten Naturinstrument wurde durch Pumpventile und Drehventile ein echtes Melodieinstrument.

Drehventil und Pumpventil: Kandidat Nummer 1 | Foto: Shutterstock von goldpierre

Drehventil – der innovative Vorreiter

Zunächst erblickt im Jahr 1813 das Drehventil von Heinrich Stölzel die musikalische Welt. Konstruiert ist es mit einem Ventilkörper mit zwei Kanälen. Wird das Ventil betätigt, rotiert der Körper um 90 Grad. Also nicht deiner, sondern der des Ventils. Ja, okay, das hättest du dir auch denken können. Betätigt wird das Ventil über mechanische Gelenke oder eine Schnurmechanik. Nach der Drehung münden die Ventilschleife und das Hauptrohr auf gleicher Höhe in das Gehäuse.

Drehventil und Pumpventil: Kandidat Nummer 2 | Foto: Shutterstock von SARYMSAKOV ANDREY

Pumpventil / Périnet-Ventil – der tonflexible Verfolger

Kurz darauf, im Jahr 1839, kriegt das Drehventil familiäre Gesellschaft von einem Artverwandten: dem Pumpventil. Nach seinem Erfinder, dem französischen Instrumentenbauer François Périnet, wird es auch als Périnet-Ventil bezeichnet. Périnet-Ventile besitzen einen zylindrischen Ventilkörper, bei dem zwei Luftkanäle – je nach Position von offen bis niedergedrückt – weitergeleitet werden.

Welcome back in der Gegenwart

Heutzutage ist die Mehrzahl der Trompeten, Flügelhörner und Co. mit Périnet-Ventilen bestückt, was allerdings nicht zwangsläufig ein Qualitäts-Argument ist. Vielmehr hat sich der allgemeine Musikgeschmack geändert. Und die Musikstile, für die Instrumente mit Drehventilen prädestiniert sind, verlieren aktuell – leider – an Popularität. Das will sagen:

Pumpventile und Drehventile sind keinesfalls nur konstruktionsunterschiedliche Teile, die spieltechnisch und klanglich für dieselben Ergebnisse sorgen. Ganz im Gegenteil, das geht soweit, dass manche Töne bzw. Effekte mit der einen Ventil-Art erzeugt werden können, mit der anderen eben kaum bis gar nicht. Pumpventile und Drehventile haben also beide ihre Daseinsberechtigung.

Ausdrucksmöglichkeiten: Trillerndes Tremolo und gebundene Töne

Dass die Trompete mit Pumpventilen sich gegenüber der mit Drehventilen im Jazz weltweit durchgesetzt hat, hat vor diesem Hintergrund gleich mehrere Gründe: Sie erlaubt die typischen Quietscher und – wegen der spielbaren Intervalle – das Tremolo. Gebundene Passagen und entsprechende Phrasierungen können mit Pumpventilen leichter erzeugt werden. Ein Effekt, der in der Klassik verpönt, in jazzigen und aktuellen Musikstilen wie Rock, Pop und Ska aber unbedingt erwünscht ist.

Gleichzeitiger, wenngleich subjektiv empfundener Nebeneffekt ist, dass bei Périnet-Ventilen die Töne im Legato (unterbrechungsfrei aufeinander folgenden Tönen) deutlicher voneinander getrennt werden. Viele Blechbläser berichten zudem davon, dass das Spielen mit Pumpventilen komfortabler und geschmeidiger ist.

Instrumente mit Périnet-Ventilen bieten sich für moderne Musikstile an | Foto: Shutterstock von TZIDO SUN

Grund dafür, dass die Drehventile sich in diesen Punkten schwerer tun, ist u.a. die Bauweise des Instruments. Genauer gesagt, die Positionierung der Drehventile. Platziert sind Drehventile an einer Stelle mit maximalem Luftsäulendruck. Resultat: Bläser können den Ton am Ventil nur schwer beeinflussen. Hinzu kommt, dass das Ventil für kurze Zeit nicht komplett abdichtet, wodurch die Legato-Töne unsauberer sind. Gebundene Töne werden leicht mal zum schwammigen Glissando.

In Klassik und Volksmusik dominiert das Drehventil | Foto: Shutterstock von Anton Watman

Aus dem praktischen Blickwinkel:

Drehventile funktionieren meistens bereits zu Beginn problemloser als Pumpventile. Die Périnet-Ventile hingegen müssen zunächst eingespielt werden, was sich etwas aufwendiger gestaltet. Wenn’s dann aber läuft, ist alles okay. Sofern du vernünftig drückst, also nicht besonders stark, sondern im richtigen Winkel Denn:

Bei Périnet-Ventilen ist die korrekte Fingerhaltung auf gerader Achse unbedingtes Pflichtprogramm. Andernfalls können die Zylinder verkanten. Nichts geht mehr. Du kannst versuchen, dass selbst wieder auszurichten, was relativ schwierig ist. Üblicherweise führt dich der unfreundliche Umgang mit dem Ventil auf direktem Weg zum Instrumentenbauer.

Einstellen musst du dich bei Pumpventilen auf einen höhere Reparaturanfälligkeit. Kommt schon mal vor, dass die Geläufigkeit durch ungeschickt stärkere Berührungen beeinträchtig wird.  Allerdings ist das mit ein bisschen filigran-handwerklichem Geschick bei Périnet-Ventilen machbar.

Drehventile schwieriger in Eigenregie zu reparieren

Bei Drehventilen solltest du von der DIY-Methode lieber die Finger lassen. Zu leicht könntest du der Maschine den Garaus machen oder ihr missliebige Verletzungen zufügen. So ganz ohne Schwund geht’s bei Drehventilen nicht. Die haben einige Verschleißteile mit an Bord, was sich vor allem auf die Gelenke bezieht.

Irgendwann sind die ausgeschlagen und winken mit der weißen Fahne. Also heißt es wiederum, einen Termin beim Instrumental-Facharzt zu holen und die betroffenen Teile austauschen lassen. Musikalische Operation am offenen Herzen.

Instrumente mit Drehventilen sind für Einsteiger dennoch vermeintlich sinnvoller, weil man einfach nicht so schnell etwas kaputtmachen kann. Der neuralgische Punkt ist, dass die Ventile – vor allem bei Pumpventilen vernünftig gerade heruntergedrückt werden müssen, zumal sie sich ansonsten verkanten.

Nicht nur Kids, auch erwachsenen Einsteigern fällt das aufgrund der erst noch zu entwickelnden Handhaltung und Koordination häufig nicht einfach. Das Instrument lädt dich dann höflich zum Reparaturgang beim Instrumentenbauer deines Vertrauens ein. Das Risiko eines solchen „Verkantens“ ist beim Pumpventil deutlich höher.

Wartung & Co.

Die Wartung von Pumpventilen ist einfacher als die von Drehventilen, was sich schon aus der Konstruktionsweise ergibt. Allerdings muss sie auch häufiger durchgeführt werden. Périnet-Ventile trocknen schneller aus und müssen bei jedem Spielen geölt werden. Drehventile zeigen sich in dieser Hinsicht genügsamer. Ständiges Einölen ist nicht notwendig. Trotzdem aufpassen, dass das Ventil nicht trockenläuft.

Übrigens: Im Punkt der unterschiedlichen Schnelligkeit der beiden Systeme sind die Musiker nicht einhelliger Meinung. Okay, die Strecke über die beim Drehventil gedrückt werden muss, sind geringer. Ob sich das wirklich auf die Geschwindigkeit beim Spielen auswirkt? Schon bewegen wir uns wieder im Bereich der Spekulation. Tatsache ist: Eine Viertel-Note ist eine Viertel-Note. Egal mit welchem Ventil, Pumpventile und Drehventile funktionieren beide.

Konstruktionskonzepte für unterschiedliche Musikstile

Wir können auch versuchen, die beiden unterschiedlichen Ventilarten verschiedenen Musikstilen zuzuordnen. Für die traditionelle Blasmusik bieten sich eher Instrumente mit Drehventilen an. Die Brass-Band, kleinere Blechbläser-Ensembles, Jazz & Co. sind vielmehr den Pumpventilen vorbehalten. Üblich und gebräuchlich; einen Zwang gibt es nicht.

Nun solltest du dich jedoch nicht auf eine fehleinschätzende Fährte führen lassen: Die Versuche, die Instrumente bzw. die Ventile nach Musikgenres einzuordnen, sind lediglich ein oberflächlicher Anhaltspunkt. Weder ist das Drehventil nur für klassische Musikstile geeignet, noch ist ein Pumpventil ausschließlich in der Jazz-Abteilung zu Hause. Fakt allerdings bleibt, dass es Töne – und Intervalle – gibt, die mit Pumpventilen spielbar sind, mit Drehventilen nicht.

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Das Waldhorn ist übrigens in der Regel immer mit Drehventilen ausgestattet:

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Keine Kommentare zu “Pumpventile und Drehventile – Unterschiede und individuelle Vorzüge”
  1. Bernward

    Dankeschön. Ausführliche und gut nachvollziehbare Erklärung, mit offener Wertung. Hilftzum allgemeinen Verständnis. LG Bernward

    Antworten
  2. Wilfried

    Ach, hätte mein Lehrer mir diese wichtigen Hinweise doch auch gegeben; viel Frust wäre mir erspart geblieben.
    Danke

    Antworten
  3. Heinzpeter Seibold

    Für mich fehlt beim Vergleich ein wichtiger Punkt: Das beim Tätigen der Ventile erzeugte Geräusch. Ich empfinde die Drehventile als einiges lauter. Vor allem beim tiefen Blech mit ihrem grossen Resonanzraum. Aber für feine Ohren ist der Unterschied bei schnellem Spiel selbst bei neuen Trompeten hoher Qualität bemerkbar.

    Antworten
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